8: Wish You Were Here*

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„Diese Stadt ist einfach der Wahnsinn.“

Da musste ich Jane zu stimmen. Stockholm war einer der schönsten Städte die ich je gesehen hatte, und das wollte etwas heißen, da ich schon weit herum gekommen war. Die Architektur war wunderschön, die Straßen waren sauber, grüne Bäume und Pflanzen säumten die (funkelnden blauen) Kanäle und der ganze Platz war voller Farbe.

Es war gut wieder draußen zu sein, nachdem wir eine Stunde im Vasa Museum gewesen waren. Der verdammte Ort roch nach Konservierungsmittel oder was auch immer sie verwendeten, um das Jahrhunderte alte Wikingerschiff 'Die Vasa' am Zerfallen zu hindern. Eine ziemlich lustige Geschichte ging sogar mit dem Schiff einher, eine, die die meisten anderen meiner Chormitglieder zum Kichern brachte.

Der König von Schweden, hatte offenbar den Bau der Vasa finanziert, und sie sank innerhalb der ersten Meile ihrer Jungfernfahrt. Das Wasser war an der Stelle offensichtlich noch flach genug, so das die Spitze des Mastes, immer noch in der Luft stand. Und dem König war das so peinlich, das er sie hat absägen lassen, damit sie niemand mehr sah und sich daran erinnerte, was für ein Idiot er war. Das fand ich besonders amüsant.

„In Ordnung, zusammen. Wartet bitte einfach ein bisschen, während ich die Dinge mit dem Manager kläre.“ Mr. Faulkner sah uns bittend an und bat uns im stillen, keinen Unfug anzustellen, während er uns seinen Rücken zuwandte. Er war damit beschäftigt, den Gruppenpreis für den Fahrradverleih, in diesem kleinen Laden am Rande einer der Kanäle, zu verhandeln.

Ich ließ mich auf einer Bank in der Nähe, unter einen großen, schattigen Baum nieder. Ein paar kleine Boote fuhren auf dem Kanal vorbei und ich beobachtete sie mit schwachem Interesse. Mein Verstand war mehr mit Gedanken an meine Familie beschäftigt. So viel Spaß ich auch hatte, ein kleiner Teil von mir vermisste sie immer noch, vor allem meinen Bruder.

Da er an der Stanford war und ich in Massachusetts lebte, sah ich ihn nicht all zu häufig im Jahr. Er kam natürlich Weihnachten nach Hause, aber es war einfach nicht dasselbe. Es ist schwierig sich an die Abwesenheit von jemanden zu gewöhnen, von dem man es gewohnt war, ihm immer da zu haben.

Eden und Jane setzten sich neben mich auf die Bank. Gemeinsam beobachteten wir ein paar der weniger reifen Jungs auf unserer Reise, die ein spontanes Spiel von: 'Ich-versteck-mich-oben-in-den-Bäumen-und-bewerfe-wahllos-Passanten-mit-Wasserbomben-und-schau-ob-sie-es-merken.' gestartet hatten. Ich hatte allerdings keine Ahnung, wo sie die Wasserbomben so kurzfristig herbekommen hatten. Ich musste jedoch lachen, als sich einer von ihnen dazu entschied, seine nasse Waffe, auf dem Kopf des ständig anwesenden Miststücks, Georgiana, fallen zu lassen.

„ABWURF!“ schrie er, als der Ballon auf sie hinunter stürzte und ihr kleines, hauchdünnes Outfit durchnässte, und es nahezu durchsichtig machte. Das Miststück stand einfach nur ein oder zwei Minuten so da, und sah geschockt aus. Dann stieß sie einen wütenden Urschrei aus, warf ihren üblichen Sinn für Anstand beiseite, und begann Stöcke in den Baum zu werfen, in dem der Täter versteckt saß. Meine Klassenkameraden waren einfach so unterhaltsam.

„Popcorn?“ fragte Jane und hielt mir eine imaginäre Tüte hin. Ich tat so, als würde ich den Inhalt genießen.

„Genießt ihr die Show, Ladies?“ fragte Luke und setzte sich neben Jane.

„Natürlich!“ ich deutete auf Gerogiana, die die Stöcke aufgegeben hatte und stattdessen nun Steine warf. „Kostenlose Unterhaltung!“

Jane erhob sich ein wenig und setzte sich dann auf den Schoß, eines sehr zufriedenen Lukes. Er nutze die Gelegenheit, um an ihren Hals zu saugen. Offenbar waren sie jetzt zusammen. Entweder das, oder sie waren, um es unglaublich krass zu sagen 'Fuck-Buddies'.

„Nehmt euch ein Zimmer, Leute.“ scherzte Kurt und setzte sich hinter mich. Jane zeigte ihn nur den Mittelfinger.

Ich wandte meine Aufmerksamkeit wieder auf das Schauspiel unter den Baum. Georgiana wurde von ihrem Freund, Giles, zurück gehalten, während der Klang vom hemmungslosen Lachen, von den versteckten Zweigen über ihnen, hinunter wehte. Das Miststück krallte sich in den Baum, wie eine Katze in ihren Kratzbaum.

„Ich kicherte. „Platz, Mieze.“

Kurt legte seinen Kopf auf meine Schulter und beobachtete wie sich die Szene entfaltete. „Denkst du, wir sollten ein Beruhigungsmittel für sie holen?“

Da ich mich etwas unwohl fühlte, zuckte ich mit den Schultern, so das sein Kopf wieder verschwand. „Wäre keine schlechte Idee.“

Er wollte gerade antworten, als ich buchstäblich von der Glocke gerettet wurde. Mr. Faulkner klingelte mit der Glocke auf seinem Fahrrad, um unsere Aufmerksamkeit wieder einmal zu erlangen. Es funktionierte nicht. Er entschied sich stattdessen, sich laut zu räuspern. Das funktionierte aber auch nicht. Schließlich entschied er sich dafür, seine Geheimwaffe einzusetzen.

„HEY!“ schrie er mit einer so lauten Stimme, das Lama Bauern in Süden Perus sogar aufgeschaut haben mussten.

„Glaubst du, das haben sie gehört?“ witzelte ich sarkastisch zu niemand bestimmten.

Kurt schnaubte. „Meine taube Tante in Omaha hat das sogar gehört.“

„Den Satz hast du ja so was von aus Disturbia geklaut.“ beschuldigte ich ihn.

Er grinste. „Schuldig im Sinne der Anklage.“

„Mr. Matthews, Ms. Leisch.“ erklang die etwas amüsierte Stimme unseres Dirigenten. „Wenn sie mit flirten fertig sind, habe ich eine Ankündigung zu machen.“

Mein Gesicht wurde Rot wie eine Tomate, ebenso wie Kurts. Meine Füße wurden plötzlich ganz interessant, und ich begann sie aufmerksam zu studieren. Ohne meine Verlegenheit zu bemerken, fuhr Mr. Faulkner fort, und war blind gegenüber der Tatsache, dass der Hinterreifen des Fahrrads, auf dem er Hockte, rapide an Luft verlor. „Alles ist geklärt. Also, wenn ihr euch alle jeweils ein Fahrrad von dem Stand dort vorne holen würdet. Wir machen eine Fahrt um den Kanal.“

Es gab vereinzeltes Augenrollen und Stöhnlaute. Mr. Faulkner entließ die Proteste mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Oh, hört auf herum zu jammern! Wir werden eine Menge Spaß haben.“

Mit einem letzten Furz-artigen Klag des Luftverlusts, gab sein Reifen auf.
—————-

Eine halbe Stunde, einen Ersatzgummi und einen neuen Reifen später, saß unsere Gruppe auf den Fahrrädern, und war bereit für eine schöne Fahrt entlang des Kanals.

„Erinnert mich nochmal daran, was war der Zweck gleich noch, hiervon?“ fragte Jane, nachdem sie sich einen besonders schwierigen kleinen Hügel hinauf gekämpft hatte.

„Um die landschaftliche Schönheit zu begutachten?“ bot Eden an.

Jane schaute lediglich finster drein.

„So ein Scheiß!“ brummte Brigid, die bereits in Schweiß ausgebrochen war.

Ich zuckte mit den Schultern. Ich hatte nicht ganz so viel Mühe mit meinen Durchhaltevermögen, wie meine Freunde.

Obwohl ich keineswegs die sportlichste Person hier war (das wäre wohl Carey Harris, der schon vor langer Zeit an uns vorbeigefahren war, der blöde Angeber), genoss ich es, auf dem Fahrrad zu fahren.

„Links von dir.“

Ich fuhr nach rechts, als jemand an mir vorbeifuhr. Bei näherer Betrachtung stellte ich fest, das dieser jemand Kurt war. Er sah ebenfalls so aus, als wäre er nicht im geringsten von unserer Fahrt erschöpft. Es war für seine starken Ruderer-Beine ein leichtes, die Pedale auf und abzutreten. Als mir dieser Gedanke in den Sinn kam, schaute ich sofort automatisch auf besagte Beine. Nur einer dieser Autopilot-Reaktionen, ihr wisst schon!

Ich hatte nicht vor, weiter hinzuschauen. Aber glaubt mir, wenn ihr gesehen hättet, was ich gesehen habe, würdet ihr auch weiter hinsehen. Die Muskeln in Kurts Beine wechselten von straff, während er das Pedal nach unten trat und angespannt, wenn er sie anhob; straff, wo ich die Kontur jeder Sehne sehen konnte, die sich unter seinem Fleisch zusammenzog, angespannt, wo das Anziehen seines Beines an den Muskeln in seinen Hintern und seinen Rücken zog, und sie hervorhoben. Es war ein erstaunlicher und unvergesslicher Anblick. Ich dankte Gott dafür, das er Shorts trug.

Mir wurde erst klar, das ich starrte, anstatt darauf acht zugeben wohin ich fuhr, nachdem mein Vorderrad gegen eine Baum-Wurzel fuhr und aufhörte sich vorwärts zu bewegen. Nun, ich bin keine Physik-Expertin (genau genommen mochte ich das Fach überhaupt nicht), aber ich wusste genug über Trägheit, um zu wissen, das mein Körper nicht einfach mit dem Fahrrad anhalten würde. Dinge in Bewegung, blieben in Bewegung, wisst ihr? Ja, genau das. Natürlich war es genau das, was passierte.

Ich stieß einen entsetzten Schrei aus, dem unmittelbar danach ein gedämpftes 'Oomph!' folgte. Ich flog über das Lenkrad meines Rades und machte eine wunderschöne Gesichtslandung auf dem Weg. Es gab zwei ähnliche Schreie hinter mir, als Jane und Eden so stark wie sie konnten bremsten, um nicht über mich hin drüber zu fahren. Unnötig zu sagen, das ich dankbar dafür war.

Eden hüpfte sofort von ihrem Fahrrad, um mich zu 'untersuchen'. „Lotte, alles in Ordnung?“ Sie berührte sanft meine Schulter. Ich stützte mich auf einen Ellbogen ab, um sie anzusehen und spuckte dabei einen Mund voller Dreck aus.

Ein besorgt aussehender Kurt, der sein Fahrrad etwa zehn Meter vor mir fallen gelassen hatte, kam zurück gerannt. „Geht's ihr gut?“

Ich funkelte ihn nur wütend an. „Einfach wunderbar!“

„Dein Gesicht ist überall ganz voller Dreck.“ bemerkte er. Ich wischte ihn hastig weg und wollte dann aufstehen, um mein umgefallenes Fahrrad aufzuheben. Als ich jedoch auf meinen rechten Fuß auftrat, begann mein Knöchel mit der Art von Schmerz zu pochen, der, während er Glücklicherweise darauf hinwies nicht gebrochen zu sein, definitiv bedeutete, das ich ihn mir verstaucht oder mir das verdammte Ding zumindest verdreht hatte.

Scheiße.“ Schrie ich, als ich wieder zu Boden fiel. Ich neigte dazu ins Deutsche zu wechseln, wenn ich wirklich wütend war oder Schmerzen hatte. Das war auf jeden Fall einer dieser Zeiten.

Six weeks with Satan | deutsche ÜbersetzungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt