Ein kalter Windstoß zog an Alex vorbei und wehte ihm den Geruch von gebrannten Mandeln in die Nase. Die Temperaturen lagen knapp unter dem Gefrierpunkt, doch bisher hatte es noch nicht geschneit. Alex prüfte seine Kleidung in einem Schaufenster. Seine dicke dunkelgraue Winterjacke und der helle Schal seiner Freundin passten gut zusammen und hielten ihn außerdem warm.
Er musste noch Geschenke einkaufen, denn Weihnachten rückte jeden Tag näher. Doch bisher hatte er nur grobe Ideen und er fragte sich, ob sein mitgenommenes Geld überhaupt reichen würde. Nicht das er jedem aus seiner Familie etwas teures schenken wollte, aber die Preise waren auch schon Mal niedriger.
Der Weihnachtsmarkt direkt neben der Einkaufsstraße wirkte dieses Jahr noch beeindruckender als die Jahre zuvor. Alex würde auch dort gerne nach Geschenken schauen, aber Mia wollte mit ihm dort noch hin, weshalb er sich zusammenreißen musste.
Die Geschäfte boten alles mögliche zu einem speziellen Weihnachtsdeal an, doch meistens war der Deal viel teurer als der Normalpreis. Nur Idioten fielen auf diese Verkaufsmasche rein. Alex war kein Idiot. Er wusste zwar noch nicht genau was er wollte, aber er wusste, dass er kein Geld unnötig zum Fenster herausschmeißen konnte.
Er war nicht arm, eher solides Mittelfeld, aber von seinen Eltern hatte er den sparsamen Umgang mit Geld gelernt und war ihnen auch sehr dankbar dafür. Unnötige Kosten minimieren, Geld anlegen und nach Angeboten Ausschau halten, die wenigstens ein paar Cent sparten.
Im fünften Laden fand Alex einen Pullover, der seiner Freundin gefallen könnte. Er kaufte ihn allerdings in seiner Größe, da er wusste, wie sehr sie es liebte, Pullover zu tragen, die er zuvor getragen hatte. Für seine Mutter nahm er an der Kasse noch einen Gutschein mit. Dass machten sie immer so, er gab ihr einen Gutschein für Kleidung, sie ihm einen für Amazon, damit waren beide zufrieden.
Seinem Vater ein passendes Geschenk zu machen war schon schwieriger. Sie kamen nämlich nicht besonders gut miteinander zurecht. Er hatte es noch nicht überwunden, dass sein Sohn nicht Anwalt oder Arzt geworden ist, sondern stattdessen als freier Mediendesigner arbeitete.
Am Ende könnte Alex seinem Vater auch einfach nur die Tasse wieder zurück schenken, die dieser ihm letztes Jahr geschenkt und die seit dem noch ungeöffnet im Küchenschrank stand. Bestimmt hatte der Alte bereits vergessen das die Tasse ursprünglich sein Geschenk war.
Ein Schmunzeln schlich sich bei dem Gedanken auf seine Lippen und für einen Moment achtete er nicht auf die ihm entgegen kommenden Tütenträger, da lief Alex auch schon in einen hinein. „Entschuldigen Sie vielmals. Ich war abgelenkt." entschuldigte sich Alex sofort und war im Begriff weiter zu gehen, da hielt ihn der Fremde auf.
„Das gibt es doch nicht. Du siehst ja aus wie ich." Der Fremde hatte Alex am Ärmel festgehalten und schaute ihm verwundert ins Gesicht. Auch Alex stellte eine, fast schon beängstigende, Ähnlichkeit zwischen ihnen beiden fest. „Ich glaube das auch nicht." bestätigte er seinem Ebenbild.
Es war nicht von der Hand zu weisen. Der Mann ihm Gegenüber hatte die selben dunklen Locken, die gleichen blaugrauen Augen und eine identische unmännliche Stupsnase. Bis auf die Kleidung gleich. Jeder der die beiden zusammen sehen würde, würde sofort an Zwillinge denken, doch Alex hatte keine Geschwister.
Jeder Mensch hat irgendwo auf der Welt einen Doppelgänger, dass hatte er zumindest Mal gehört. Aber das er ausgerechnet in seiner Heimatstadt auf diesen treffen würde, war schon mehr als unwahrscheinlich. Auch dass dieser Mann eine ähnliche Stimme hatte wie er, war viel zu unwahrscheinlich.
Wie aus einem Mund sprachen beide eine alles entscheidende Frage aus: „Wann hast du Geburtstag?" Sein Gegenüber musste sich ein Lachen verkneifen, wegen dieser absoluten Synchronität ihrer Frage. Alex begann. „8. August 1991, und du?" Nun blieb dem Fremden das Lachen im Halse stecken. „Ich auch." meinte er betont langsam.
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Adventskalender 2020
Short StoryEin Adventskalender für Menschen, die gerne traurige, übernatürliche oder verstörende Geschichten lesen. Kaum eine wird ein gutes Ende haben, bzw. ein Ende, dass halb traurig halb glücklich ist.