Kennst du diesen Moment, wenn du gelangweilt in deinem Bett liegst und an die Wand neben dir klopfst? Wenn du ein Bett hast, dass in der Mitte des Raumes steht oder nur an der Kopfseite mit einer Wand verbunden ist, dann wahrscheinlich nicht. Doch steht es seitlich zu einer Wand, dann kommt es vielleicht vor, dass man gelangweilt dagegen klopft.
Oder das habe nur ich so gemacht. Auch möglich. Ich nutzte das Wandklopfen, um mich davon abzulenken, wenn ich nicht einschlafen konnte oder wirklich nur aus purer Langeweile. Die Wand hatte, je nach Material, welches verbaut wurde, einen unterschiedlichen Klang. Mal hohler, mal fester.
An den hohlen Stellen klopfte ich am Liebsten. Da dort schon leichtes Klopfen lauter zu hören war. Ich habe mir nie sorgen darüber gemacht, dass ich jemanden damit stören könnte. Denn die Wand neben meinem Bett war eine Außenwand des Hauses. Aber gerade deswegen war das, was mir passiert ist, auch so beunruhigend.
Etwa vor einem Monat störte mein Klopfen doch jemanden. Zumindest bekam ich eine Antwort. Jemand oder etwas klopfte zurück. Ich erinnere mich noch genau an die Situation. Ich lag in meinem Bett, es war kurz nach Mitternacht. Dass wusste ich so genau, weil ich die Kirchenglocken kurz zuvor gehört hatte. Ich konnte Mal wieder nicht einschlafen.
Aus Langeweile klopfte ich, wie sonst auch, an die Wand neben mir. Es war kein bestimmter Rhythmus, sondern einfach nur ein Wechsel zwischen schnellen und langsamen Intervallen. Irgendwann klopfte ich auch SOS, also dreimal kurz, dreimal lang und dreimal kurz. Das war das einzige, was ich von dem Morsealphabet kannte.
Dann hörte ich es. Ein Klopfen auf der anderen Seite der Wand. Von außen! Um diese Uhrzeit konnte das kein Mensch sein, der mir da zurückklopfte. Andererseits wer sollte es denn sonst sein? Es gab keine Geister oder andere übernatürliche Wesen. Das Klopfen war bestimmt und wirkte wie eine Nachricht.
Ich kannte zwar nur S und O aus dem Morsealphabet, aber es musste definitiv ein Morse Code sein, der mir da zurückgeklopft wurde. Also holte ich schnell Stift und Zettel und schreib die Intervalle auf. Bei längeren Pausen ließ ich mehr Platz zwischen den langen und kurzen Klopfern.
Irgendwann schienen sich die Töne zu wiederholen, weshalb ich aufhörte zu notieren und mit meinem Handy nach einem Übersetzer suchte. Ich hätte auch jeden Buchstaben einzeln übersetzten können, aber dafür fehlte mir die Zeit. Ich wollte schnell wissen, was für eine Nachricht ich bekommen hatte.
Ich tippte die notierten Zeichen ein und erhielt auch sofort ein Ergebnis. Dort stand: „ich steh hier es ist kalt hol mich rein" Ich erstarrte. Wer auch immer da draußen war, wollte reingelassen werden. Als ob ich das machen würde. Um kurz nach Mitternacht stand sicherlich kein normaler Mensch vor meinem Haus und schickte mir eine Morsenachricht zu.
Ich versuchte es auf dem selben Weg und klopfte: „. _ _ . . _ . _ . . . _" - „Wer da" Wenn diese Person mir etwas schicken konnte, dann erwartete ich auch von ihr, dass sie meinen Code entzifferte. Kurz darauf kam auch schon eine Antwort. „flo"
Ich kannte einen Florian. Der wohnte nur ein paar Straßen von hier entfernt. Doch warum sollte gerade der, um diese Zeit, an meine Wand klopfen. Das ergab keinen Sinn. Ich beschloss trotzdem zur Eingangstür zu gehen und nachzusehen, wer nun wirklich da draußen stand.
Der kalte Windzug streifte meine nackten Beine und meinen unbedeckten Oberkörper. Nur in Boxershorts zur Tür zu gehen war wohl keine so gute Idee gewesen. Es war wirklich verdammt kalt hier. Eine Bewegung im Dunkeln machte mich aufmerksamer. Der Schatten kam näher und im Schein des Flurlichts erkannte ich Florian.
„Was machst du denn hier, um diese Zeit? Und warum rufst du ..." Sofort legte er sich selbst einen Finger auf den Mund, ich hörte auf zu reden und er zwängte sich an mir vorbei ins Haus. Ich verstand nicht warum er nicht wollte, dass ich etwas sagte, aber wenn Florian auf so geheimnisvoll tat, dann gab es immer eine Erklärung.
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Adventskalender 2020
Short StoryEin Adventskalender für Menschen, die gerne traurige, übernatürliche oder verstörende Geschichten lesen. Kaum eine wird ein gutes Ende haben, bzw. ein Ende, dass halb traurig halb glücklich ist.