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~ Sicht von Phil (Dr. Row) ~

Ich hatte mein Klemmbrett unter meinem Arm und ging den Gang entlang, vorbei am Beobachtungsraum zum Labor. Im Labor angekommen setzte ich mich an mein Pult. Dort warf ich meine mittlerweile kalt gewordenen frittierten Pommes weg und begann meine Unterlagen zu sortieren, um alles für die morgigen Tests bereit zu machen.

Jane schien sich psychisch nicht verändert zu haben. Sie war noch immer gleich schüchtern. Doch erste physische Veränderungen waren bereits sichtbar: Ihre Augen hatten mich schier umgeworfen. Niemals hätte ich gedacht, dass Jane sich so schnell verändern würde. Mir blieb nur zu hoffen übrig, dass sie auch noch andere körperlichen Veränderungen durchmachen würde. Sonst hätten unsere Investoren nicht besonders grosse Freude.

Da fiel mir auch ein, ich musste unbedingt ein Treffen mit General MacAdams festlegen. Er wollte sich über die Fortschritte im Projekt persönlich informieren lassen. In einer Woche wäre ein solcher Termin wohl angebracht.

"Brauchst du noch Hilfe?", mein Assistent Ben riss mich aus meiner Arbeit, "ansonsten würde ich dann mal verschwinden. Mein Urlaub ist schon längst überfällig." Er zwinkerte mir zu: "Ich habe meine Freunde und Familie schon so lange nicht mehr gesehen."

"Danke für dein Angebot, aber ich brauche keine Hilfe. Geh ruhig wieder nach Hause, deinen Urlaub hast du dir wirklich verdient", antwortete ich ihm freundlich.

"Alles klar, Chef. Ruf mich an, falls es Probleme gibt. Ich brauche höchstens 4 Stunden mit meiner neuen Yacht. Egal wie stürmisch der Pazifik mal wieder ist", gab Ben an.

"Man sieht sich", rief ich dem, durch die Tür verschwindendem, Mann nach und wandte mich wieder meiner Arbeit zu.

~ Sicht von Jane ~

Gelangweilt lag ich auf meinem Bett, um mich zu schonen. Seit einer viertel Stunde wartete ich auf mein Essen. Ich wurde immer hungriger, zwei Tage ohne Essen hatten es in sich. Zum Glück liessen die Schmerzen in meinem Körper mittlerweile nach.

Meine einzige Beschäftigung war eine mittelmässig spannende Biologielektüre. Gerade war ich beim Kapitel über Wildkatzen. So wie es aussah hatte ich vorhin im Spiegel wirklich Katzenaugen gesehen, was ich aus einem kurzen Vergleich mit dem Buch erkannte.

Ich hörte ein leises Knarren, welches von der Tür kam. Für normale Ohren nicht hörbar, doch wie es schien, war ich längst nicht mehr normal.

Um meine Fähigkeiten zu trainieren, nahm ich einen tiefen Atemzug als die Tür aufschwang. Ein Luftzug trug mir den Duft von Männerschampoo und Essen entgegen.

Ich tat unbeeindruckt und las weiter, bis mich eine vertraute Stimme ansprach: "Ich... Ich bringe dir dein Essen." Er stellte das Essenstablett auf meinen Nachttisch. "Und ich will mich entschuldigen. Als ich mich für dieses Projekt gemeldet habe, hätte ich nie geahnt, wie das alles ausarten würde. Ich versuchte deine Operation von vor zwei Tagen zu verhindern, aber ich kam zu spät. Chris und Phil hatten dir bereits die Spritze gegeben...!", nach einem kurzen Stocken sprach er weiter, "Es tut mir wirklich unendlich leid!"

Ich legte nun das Buch zur Seite, setzte mich auf und schaute Oliver an. Er hatte nasse Haare, als käme er gerade aus der Dusche. Ein Punkt für meinen neuen Geruchssinn.

Ihm standen Tränen in den blauen Augen. Meine Wut hielt sich in Grenzen. Unerklärlicherweise konnte ich irgendwie fühlen, dass Oliver ehrlich mit seiner Entschuldigung war.

In irgendwelcher Weise würde er mir noch hilfreich sein können.

"Ich glaube dir", sagte ich deshalb, "dennoch ist diese Situation so wie sie nun mal ist. Es liegt schon lange nicht mehr in meiner Macht, sie zu ändern. "

"Das liegt auch nicht in meiner Macht. Ich glaube... wir müssen uns einfach mit dieser Situation abfinden", sagte er mit brüchiger Stimme und verliess umgehend das Zimmer.

Ich schaute ihm mit grösser werdender Wut nach. Meinem Gefühl war doch nicht zu vertrauen.

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