8: Weiss

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Schlagartig war ich wach: Ich öffnete meine Augen und setzte mich ruckartig auf. Ich sass auf einem weissen Bett, in einem weissen Raum. Er hatte keine Fenster, nur einen grossen Spiegel gerade mir gegenüber. Links vom Bett gab es eine Türe, die vermutlich ins Bad führte. Und alles steril weiss. Nicht ein einziger Farbfleck war im Zimmer zu sehen. Ich schaute an mir herab. Auch dort sah ich nicht mehr die Trainerhose und das Schlabbershirt, sondern nur eine weisse Hose und ein weisses T-Shirt. Schuhe hatte ich keine mehr an. Wie ich hier hergekommen war, war mir unerklärlich. Doch dann fielen mir die Ereignisse wieder ein. Der Absturz, die Insel, das Boot, die Spritze und die Schwärze. Unvorstellbare Wut erfasste mich. Wie konnten sie mir das antun? Und warum hatten sie es mir angetan? Keine Ahnung was 'das' war, doch es gefiel mir ganz und gar nicht.

Ich stand auf und ging vor den Spiegel. Ich blickte mir selbst entgegen. Meine grünen Augen waren voller Wut, denn ich wusste, dass dahinter Leute stehen. "Lasst mich aus diesem Raum raus!", sagte ich bemüht ruhig, was mir sogar gelang. "Es wird Ihnen nichts geschehen, es wird gleich Dr. Row zu Ihnen kommen. Er erklärt ihnen alles", sagte eine männliche Stimme. Diese Aussage liess Hoffnung in mir aufkeimen. Vielleicht war das nur ein Missverständnis, ich war ja nicht krank! Wenn der Doktor käme, könnte ich alles aufklären. So einfach wäre das, dachte ich.

Ich tigerte in dem weissen Zimmer herum. Seit 10 Minuten wartete ich bereits, doch noch immer war dieser Dr. Row nicht gekommen. Als ich langsam begann zu verzweifeln, öffnete sich eine bis dahin noch verborgene Türe neben dem Spiegel.

"Hallo Jane, ich bin Dr. Row", sagte eine mit vertraute Stimme. "Haha, Phil, der war lustig!", sagte ich mit Erleichterung in meiner Stimme. Das war also nur ein dummer Scherz gewesen! "Das ist kein Witz", sagte er mit ernster Miene, "setzen wir uns doch auf dein Bett". Ich folgte ihm und setzte mich neben ihn auf die Bettkante. "Ja klar, was denn sonst?", fragte ich immer noch mit der Hoffnung, das dies nur ein Scherz war. "Nun gut, ich werde dir alles erklären. Aber du musst zuhören bis ich fertig bin, dann kannst du Fragen stellen", sagte Phil. Ich nickte und forderte ihn somit auf mit seinen Erzählungen zu beginnen. "Also, wo soll ich denn beginnen...? Genau: GeLab führt jährlich Untersuchungen an Schulen durch um die Daten bei den Forschungen benutzen zu können. Das sind vorherrschend Blutproben. Da diese Proben erst von 16-jährigen verlangt werden können, haben wir deine erst kürzlich erlangt." "Ja und? Das ist ja für einen guten Zweck, das Generous Laboratory soll sich nicht beschweren, es hätte keine Arbeit", witzelte ich, als er eine Pause einlegte. "Ach ja, GeLab steht nicht für 'Generous Laboratory' sondern für 'Gene Laboratory'. Wir arbeiten nur als Tarnung für die 3. Weltländer. Eigentlich sind wir auf der Suche nach gewissen Abnormitäten in der Genstruktur gewisser Menschen. Das ist der Hauptgrund, warum wir jährlich diese Untersuchungen an den Schulen durchführen! Seit Beginn der Forschungen haben wir noch nie jemanden gefunden, der eine erwähnenswerte Abnormität gehabt hätte. Und da kommst du ins Spiel. Denn als wir deine Blutergebnisse gesichtet haben, haben wir eine Abnormität erkannt. Und die war überaus bemerkenswert" "Soll das heissen, das GeLab hat mich nur in den Wellnessurlaub geschickt um mich entführen zu können und nun als Versuchskaninchen zu benutzen?", fragte ich völlig baff. Phil lachte und ich dachte, jetzt würden plötzlich Leute aus allen Ecken springen und rufen, dass ich bei 'verstehen sie Spass' dabei wäre. Doch was Phil sagte, zerstörte meine Hoffnung. "Ich hätte nicht gedacht, dass du das so gut aufnehmen würdest. Aber wenn das so ist, dann können wir bereits morgen mit den Experimenten starten", sagte er und ging fröhlich pfeifend aus dem Raum.

Ich sass starr vor Schreck da und konnte nicht glauben, was gerade passiert war. Das war kein Scherz gewesen. Das wäre ja zu schön gewesen! Ich ging zum Spiegel und hämmerte mit meinen Fäusten dagegen. "Was ist mit Oliver und den anderen vom Flugzeug? Ist er auch euer Versuchskaninchen, oder was? Ich will mit meinen Eltern sprechen! Macht die verschissene Tür auf!", all dies und noch mehr schrie ich gegen die Türe, doch die Minuten gingen vorbei und ich bekam keine Antwort. Die Minuten wurden zu Stunden. Doch da in diesem Raum keine Uhr war, konnte ich nicht genau beurteilen wie viel Zeit vergangen war. Plötzlich öffnete sich eine kleine Luke und ein Tablett wurde hineingeschoben. "Lichter aus in 15 Minuten", sagte die männliche Stimme von vorhin. Ich hätte das Essen am liebsten an die Wände geschmiert, nur dass das Zimmer mehr Farbe bekommen würde. Doch mein Bauch meldete sich zu Wort. Ich hatte seit Ewigkeiten nichts mehr gegessen. Darum verschlang ich das Essen, während ich auf dem Boden sass und legte mich ins Bett. Kaum lag ich darin, da löschten sich die Lichter im Raum. Der Raum war nun zwar nicht mehr weiss, doch das jetzige schwarz war auch nicht besser. Die Verzweiflung und der Frust, das Heimweh nach meiner Familie und meinen Freunden, die Wut über den möglichen Verrat von Oliver und der ganzen Flugzeugcrew. Das alles überwältigte mich und ich weinte mich diese Nacht in meinen Schlaf.

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