Es klopft leise an meiner Zimmertür, als ich mich abends schlaflos im Bett herumrolle. Mein Herz macht einen Satz, weil es nur Gabriel sein kann. Mir ist es völlig egal, ob es richtig oder falsch ist, mich in ihn zu verlieben. Vielleicht wäre Nico die einfache Option gewesen, Nico, den ich jeden Tag sehen kann, den ich jahrelang angehimmelt habe. Doch Nico ist nicht Gabriel. Nico nimmt mich nicht mit auf eine Dachterrasse, um mir ein Gefühl zu geben, bei ihm zuhause zu sein. Nico macht keine Scones mit Puderzucker für mich. Nico erstellt nicht mit mir eine Playlist mit gemeinsamen Songs. Nico schläft nicht neben mir auf dem Sofa vor einem Film ein und macht mir keine Pancakes. Nico gibt mir kein Buch, dass ich lesen soll, weil es ihm gefallen hat. Und Nico hat mich noch niemals, niemals so angesehen, dass mein ganzer Körper schwach wird. Alles Gründe, warum es mir egal ist, ob es richtig oder falsch, schlau oder dumm ist, diese Gefühle zu riskieren. Ich stehe auf und husche zur Tür, öffne sie und finde ein lächelndes Gesicht davor vor. "Hey, ich wollte dich sehen." Ich lasse ihn herein und lächele, weil es mir genauso geht. Ich hätte mich wahrscheinlich noch stundenlang im Bett herumgewälzt. "Hey", sage ich und ziehe ihn an mich heran. Sanft legt er seine Lippen auf meine. "I missed you", sagt er lächelnd an meine Lippen und zieht mich immer näher an sich. Ich fühle mich so aufgehoben in seinen Armen und schmiege mich an ihn. Ein bisschen enttäuscht bin ich, dass wir uns heute nicht so viel sehen konnten, ihn aber jetzt an mir zu spüren macht es wieder wett. Ich küsse ihn auf die warme Wange und streichle durch seine Locken. Es ist ein neues, berauschendes Gefühl, dass er vor meiner Tür steht, weil er mich vermisst hat. Ich bedeute ihm etwas und spüre es, ohne, dass er etwas sagen muss. Ich spüre es daran, dass er einfach da ist, obwohl es mitten in der Nacht ist. "I missed you too", sage ich und umarme ihn fest, drücke mich so an ihn, dass ich in seinem Pulli verschwinden könnte. "Nur noch ein Tag, dann haben wir Ferien und können viel mehr Zeit zusammen zu verbringen."Er lächelt, aber ich sehe, dass er genau weiß wie wenig Zeit wir eigentlich haben. Kurz nach Neujahr wird er wieder in England sein- viel zu weit weg von mir. Es ist eigentlich so unklug, dass ich mich in ihn verliebt habe. Aber das Herz sucht es sich nicht aus, in wen man sich verliebt. Es passiert einfach. "Ich wünschte, wir hätten noch mehr Zeit", murmle ich. Gabriel streicht mir mit den Händen die Arme auf und ab. "Me too. Aber weißt du was? Wir denken jetzt noch nicht an das Danach, nur an das Jetzt. Und jetzt will ich jede Sekunde mit dir verbringen."
"Und danach?", frage ich trotzdem leise. "Am liebsten auch", sagt er genauso leise wie ich. "Aber ich weiß, dass wir das hinbekommen. Okay? Wir schaffen das, denn ich lass dich nicht so schnell los."
"ich lasse dich auch nicht so schnell los", lächele ich und wir halten uns fest. "Lust auf einen Ausflug?", er zwinkert mir zu, "Du hast mir versprochen, eine tolle Zeit zu erleben, weißt du noch?" Ich nicke und erwidere sein Lächeln, sodass der Schmetterling in mir flattert. "Ich bin dabei!" Er küsst mich. Und noch einmal. Und immer, immer wieder. Ich werde nie genug davon bekommen, vor allem jetzt nicht, wo es angefangen hat.
Wir laufen ziellos durch die Nacht, seine Hand in meiner, während es um uns ganz still ist. Und das in Frankfurt! Es ist so leise, dass ich unseren Atem höre. Gabriel erzählt von England, von seinen schönsten Erinnerungen. Und ich von meinen. Ich erzähle, wie nah Jakob und ich uns mal waren. Wie viele Erinnerungen wir zusammen gesammelt haben. Ich erzähle von den Ausflügen auf die Dachterrasse des Galeria Kaufhof in der Innenstadt, wie wir uns immer um das Fernrohr gezankt haben und getan haben, als wären wir auf einem riesigen Schiff. Mal waren wir Pippi Langstrumpf und Annika, mal waren wir Piraten, mal waren wir Jack und Rose von Titanic. Immer war es ein riesiges Abenteuer für uns. "Das klingt so, als hättest du immer gerne Theater gespielt!", sagt Gabriel erstaunt und ich zucke die Schultern. Plötzlich strahlt er. "Du solltest das versuchen! Melde dich im Theater an oder so! Du würdest das sicher gut machen."
"Ich weiß nicht... So vor allen Leuten stehen und jeder hört mir zu... Ich weiß nicht, ob ich mutig genug bin."
Gabriels Hand drückt meine. "Ich liebe es, dir zuzuhören. Und du bist lebhaft und witzig. Du würdest das sicher gut machen, mach dir keine Sorgen. Versuchs einfach mal!"
Ich will erst noch etwas sagen, aber er bleibt stehen und runzelt die Stirn.
"Please. Ich sehe doch, dass du nicht so schüchtern sein musst, wie du bist. Außerdem kannst du gut schimpfen", grinst er und spielt auf unsere erste Begegnung an.
"Du hast mir ja auch die Tür ins Gesicht gepfeffert!", gebe ich schnippisch zurück und Gabriel grinst mich stolz an. "Siehst du? Bitte, versuche es. Für mich."
"Okay", gebe ich nach, "für dich."
Ich lächele in mich hinein, weil es mir gefällt, dass er mir Mut macht. Dann mache ich es eben, okay. Es kann ja nicht schaden. Ich bleibe stehen, um ihn zu küssen und unter den Sternen leuchten seine Umrisse silbern. Wir küssen uns eine Ewigkeit. "Und, was willst du jetzt machen, damit der Tag besonders wird?", frage ich. "Können wir tanzen?"
Perplex sehe ich ihn an. Also das hätte ich jetzt nicht erwartet. "Ähm, tanzen?"
Gabriel legt die Arme sanft um mich und nickt. "Du kannst tanzen? Ich aber nicht...", versuche ich einen weiteren Versuch, abzulehnen, mich zum Affen zu machen wenn er feststellt, dass ich zwei linke Füße habe. "Wir können auch unseren eigenen Tanz tanzen. Ich nenne ihn den Kuscheltanz", sagt er grinsend und ich schüttele den Kopf. Er ist wirklich so einzigartig und ihm ist nichts peinlich. Er ist einfach er selbst. Er zieht mich an sich und wir wiegen uns einfach hin und her, bis ich echt das Gefühl habe, dass wir tanzen. Unter den Sternen. Wie in den Büchern, die ich so gerne verschlinge. Ich muss lachen, als ich mir klarmache, dass es gerade kein Traum ist, sondern echt. Gabriel erwidert mein Lächeln.
"Was?"
"Ich mag dich, Harry Potter."
"Harry Potter?", er hebt eine Augenbraue.
"So haben wir dich genannt, als wir dich kennengelernt haben, Marie und ich", erkläre ich.
"Ernsthaft?", ungläubig und fast enttäuscht sieht er mich an, "Ich komme halb nackt aus dem Bad und du vergleichst mich mit einer Fantasybuchfigur mit Brille und langen Gewändern? Die ganze Zeit habe ich mich für unwiderstehlich gehalten und wusste nichts davon."
"Naja, ich dachte auch du seist echt cool, aber dann hast du Wrecking Ball gehört!", sage ich lachend. Gabriel knufft mich grinsend in die Seite und singt den Song den ganzen Weg über, bis wir wieder zuhause sind. Und das verrückte ist, dass ich beginne, den Song zu mögen, wenn er von seinen Lippen kommt. Wir schleichen uns wieder bis hinauf vor mein Zimmer, wo wir vor meinem Zimmer stehenbleiben. So gerne würde ich neben ihm einschlafen, aber ich glaube, wir sollten nicht mit der Tür ins Haus fallen. "Wir sehen uns morgen?", sage ich leise.
"Bis morgen, Pauline."
Ich schließe die Tür und sinke von innen dagegen. Ich will nicht schlafen. Ich kann nicht schlafen. Am liebsten würde ich jede einzelne Minute mit Gabriel verbringen, wenn wir schon nur begrenzt Zeit haben. Ich sitze einfach nur da und warte, bis ich seine Tür ins Schloss gehen höre. Die Tatsache, dass er ebenfalls vor meiner Tür stehen geblieben ist, macht es auch nicht leichter, nicht wieder rauszugehen und die restliche Nacht an seiner Seite zu verbringen. Erst Minuten später höre ich die Tür ins Schloss fallen, stehe auch auf und lege mich ins Bett. Mein Handy brummt und ich lese die Nachricht, die eben eingetroffen ist: "Can't wait until tomorrow". Ich auch nicht. Absolut nicht.
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Christmas Calendar Prince ✔️
Chick-LitDie 17-Jährige Pauline hat sich die Weihnachtszeit ungefähr so vorgestellt: 24 Tage lang legal Schokolade futtern, Kuschelsocken und den Film „Liebe braucht keine Ferien" auf dem Sofa. Ihr Liebesleben sieht auch in der Kuschelzeit mau aus. Doch am M...