45.

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Jimin

Verwirrt nehme ich den Anruf an.

Es kommt nicht oft vor, das meine Mutter mich kontaktiert und wenn sie es doch tut, dann sind es meistens nur vertragliche Dinge. "Mutter, was gibt's?", frage ich bemüht höflich nach. "Jetzt tu nicht so, als wärst du erfreut, von mir zu hören. Also komme ich direkt zur Sache: Du wirst von uns kein Geld mehr erhalten, weder von deinem Vater noch von mir."

Bevor das eben Gesagte überhaupt zu mir durchdringen kann, hat sie bereits aufgelegt. Es dauert einen Moment, bis ich verstehe. Fassungslos fahre ich mir durch die Haare. Das kann doch nicht ihr Ernst sein!

Meine Eltern haben mich zwar damals rausgeschmissen und mir sehr deutlich klargemacht, das ich mich nie wieder blicken lassen soll, aber sie haben mir trotzdem monatlich etwas Geld für die Miete überwiesen. Immerhin sind Wohnungen in einer Großstadt wie Seoul unheimlich teuer und als Schüler unmöglich allein zu finanzieren. Das wussten sie und ich bin froh, das sie daran denken. Gedacht haben.

Toll, kann der Tag eigentlich noch besser werden? Mit den Nerven entgültig am Ende schnappe ich mir im Flur meine Jacke, schlüpfe in ein beliebiges Paar Turnschuhe und ziehe die Tür hinter mir zu. Auf dem Weg nach unten nehme ich immer zwei Stufen auf einmal, fliege dabei mehrmals fast auf die Fresse, aber es könnte mich nicht weniger interessieren.

Wut, Trauer, Angst, das alles prasselt mit unhaltbarer Geschwindigkeit auf mich nieder und droht, mich zu erschlagen. Ich bin einfach nur grenzenlos überfordert, will nichts weiter, als den gesamten Tag zu vergessen und hoffen, das es nur ein Alptraum war. Leider scheint mein Leben in letzter Zeit nur noch aus Alpträumen zu bestehen.

Ohne es bewusst entschieden zu haben, tragen mich meine Beine zur Tanzhalle, in welcher ich in letzter Zeit viel zu selten war. Meine tobenden Gedanken beruhigen sich nur langsam. Das Blut rauscht in meinen Ohren, als ich aufschließe, schnell die Treppe hinauf husche und schließlich in den Tanzsaal trete.

Der Raum ist unverändert, still und geheimnisvoll wie eh und je. Flackernd erwachen die Lampen an der Decke zum Leben, tauchen den Saal in ein gemütliches warmweißes Licht. Ich betrachte mich einen Moment im Spiegel. Das Haar hängt mir unordentlich in das von der Kälte gerötete Gesicht und meine Mundwinkel machen sogar Merkel Konkurrenz.

So sollte ich nicht aussehen.
So will ich nicht aussehen.

Grob kämme ich mir mit den Fingern die widerspenstigen Haare nach hinten und atme einmal tief durch. Ich habe schon schlimmeres mitgemacht und jedes Mal bin ich stärker daraus hervorgegangen, also werde ich mich jetzt nicht unterkriegen lassen und rumheulen wie ein Kind. Wenn ich kein Geld mehr von meinen Eltern bekomme, muss ich mir eben einen Job suchen. Für das Tanzen werde ich dann sehr wahrscheinlich keine Zeit mehr haben, wenn meine Noten nicht unter den neuen Umständen leiden sollen.

Flink schlüpfe ich aus meinen Schuhen, lasse es mir nicht nehmen, einmal mit den rutschigen Socken über den Fußboden zu rutschen. Das Lachen welches mir dabei entkommt fühlt sich gut an, befreiend. Ich summe leise vor mich hin während mein Körper anfängt, sich von selbst zu einem lautlosen Rhythmus zu bewegen. In diesem Moment erfüllt mich Glück. Ich möchte diesen Abend voll und ganz auskosten.

Denn es wird vermutlich meine letzte Tanzstunde für die nächsten Monate sein.

~~

Entgegen der Vermutung von CptnAckermanJaeger  war der Anrufer leider nicht Jungkook, der beichtet, das er schwanger ist ;)

Spannend bleibt es hoffentlich trotzdem

안녕❤️

secretly pregnant//JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt