Kapitel 4 │Trigger

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***Trigger-Warnung!***



Es wurde ein ziemlicher Skandal als man erfuhr, dass Cheyeyo verschwunden ist. Einige Soldaten suchen das ganze Gebiet nach ihm ab. Ich bete innerlich, dass sie ihn nicht finden. Kein Mensch hat es verdient so zu leben wie die Einheimischen hier momentan.

Am Abend sitze ich im Sessel und stricke, mit dem ständigen Gedanken an den Indianer, der mich so beeindruckt. Doch schnell verdränge ich die Gedanken als mein Mann wieder kommt. Er schmeißt seinen Block samt Stiften auf den Tisch und schaut mich ernst an: „Hast du was mit dem Verschwinden zutun?"

„Was? Nein!" sage ich sofort und hoffe, dass er meine Panik nicht bemerkt. Er nähert sich mir, stützt seine Arme an den jeweiligen Lehnen des Sessels ab und starrt mir direkt in die Seele: „Ich habe dir gesagt, dass du keinen Mist anstellen sollst. Er war der wichtigste Mensch für meine Arbeit. ... Du versaust meine ganze Arbeit!" brüllt er mich an, ich versuche mich zu ducken doch vergeblich. Fest packt er mich am Hals: „Wo ist er hin? Was hat er vor?"

„Ich weiß es nicht." röchel ich schwer. Sein Griff wird fester und mein röcheln schmerzlicher.

„Du widerst mich an!" zischt er und lässt mich endlich los. Ich ringe nach Luft. Fürs aufatmen ist jedoch nicht. Edward zieht mich am Arm hoch und schubst mich grob auf das Bett. Ich weiß genau was er vorhat. Das kenne ich schon, also wehre ich mich nicht mehr. Er schiebt mein Kleid hoch und reißt meine Unterwäsche kaputt damit er problemlos in mich eindringen kann. Ich blende es vollkommen aus. Sehe zur Seite und fixiere mich auf die Tür bis mein Mann fertig ist. 

Er lässt mich dann einfach so liegen. Schnaufend beobachtet er mich und schließt seine Hose: „Sei von nun an artig. Oder ich zeige dir, was mit solchen Huren wie dich sonst noch passieren wird."

Er geht von mir und ich lege, mit Tränen in den Augen, mein Kleid auf meinen entblößten Unterleib. Die Erleichterung, dass es vorbei ist, ist jedoch nicht lange. Ich vergaß das Abendbrot. Wofür ich gleich noch mehr Beschimpfungen und Schläge abbekomme.


Wochen vergehen bereits. An einem Abend sitze ich draußen vor der Hütte und male auf ein Blatt Papier, da ich mein Heft nirgends mehr finden konnte und es vermutlich verlegt habe. Der Stamm sind allesamt im Reservat und müssen derweil nicht arbeiten. Ich beobachte die Gemeinde und bin ehrlich fasziniert von ihnen. Wie sie sprechen, wie sie mit sich umgehen, wie sie mit dieser Situation und den hasserfüllten Soldaten umgehen. Sie wirken alle so herzlich. Komisch nur, dass in dieser Zeit mein Mann keine Notiz von ihnen nimmt. Gerade sind sie doch am interessantesten. Viele Bewohner schauen mich an, lächelnd oder nicken mir zu. Ashok muss ihnen wohl erzählt haben, was ich tat. Doch ehrlich gesagt habe ich Angst. Angst, dass es Komplikationen geben wird, dass es wer raus findet oder einfach, dass es umsonst war.

Ashok läuft zu mir. Den kleinen Jungen habe ich schon im Herzen geschlossen. Er ist so lieb, höflich, klug für sein Alter und so flink. Er läuft oft von der Schule weg, zum Reservat oder sogar zum Wald um Beeren zu pflücken. Keiner der Soldaten bekommt ihn dabei mit. Er zeigte mir mal sein Tipis und was er alles vom Wald hat oder sogar von einigen Soldaten gestohlen hat. Uhren, Goldringe, Messer, die er jedem von seinem Volk eins gab. Es wird einen Krieg geben, meinte er dazu. Selbst mir gab er ein Messer, doch ich gab es lieber einem 14 Jährigen Indianermädchen, die es bei einem Krieg dringender bräuchte.

„Wow!" staunt Ashok, der auf mein Blatt Papier schaut. Ich habe ein Bild von den Tipis und den Einwohnern davor gemalt, dabei auch einen kleinen Ashok. Ich gebe ihm die Skizze die er mit leuchtenden Augen betrachtet.

„Darfst du behalten." sage ich lächelnd. Er umarmt mich aus dank, was ich lachend erwidere. Als er das Bild weiter betrachtet bin ich dabei den Jungen anzuschauen. Er ist genau so wie ich mir meinen Sohn vorgestellt habe. Er wäre nur zwei Jahre jünger als Ashok gewesen. Ich kann nicht anders und muss die schwarzen Haare des Jungen anfassen. Vorsichtig streiche ich sie hinter seinem Ohr. Sie sind so weich.

„Wo ist eigentlich deine Mutter, Ashok?" frage ich leise. Er schaut nicht rauf: „Soldaten haben sie getötet."

Mein Herz sticht.

„Was ist mit deinem Vater?" frage ich vorsichtig weiter. Er blickt aber wieder nicht auf: „War Krieger und kämpfte für unser Volk. Er kam nie wieder von der Schlacht zurück."

Ich streichel seinen Kopf: „Es tut mir so leid." flüstere ich. Dann erhebt er seinen Kopf. Auf seinem Gesicht ein Lächeln: „Sie sind doch bei mir. Ich spüre jeden Tag ihre Anwesenheit. Sie geben mir Kraft und beschützen mich. ... Außerdem habe ich auch noch Mutter Orenda und meinen Onkel Cheyeyo."

„Er ist also dein Onkel?"

Flink nickt er, wobei ich lächeln muss. Er ist ein so starker Junge.

„Mutter Orenda ist die Stammesältere. Sie hat einen Bezug zu den Geistern und übergibt mir immer Nachrichten von meinen Eltern." Ashoks Augen leuchten vor stolz, „Sie haben beide gut gekämpft. Einige Kinder sind traurig und wütend, dass ihre Eltern gekämpft haben, doch ich bin glücklich darüber. Sie waren mutig und heldenhaft. Und sie sind trotzdem noch bei mir. ... Nur vermisse ich oft ihre Umarmungen."

Nun wird er doch traurig. Ich lege meinen Arm um ihn und ziehe ihn zu mir. Fest umarme ich ihn, er legt auch seine Arme um mich, was mich mit Glück erfüllt und ich anfange zu weinen.

„Warum weinst du, Grace?" fragt er mich besorgt. Lächelnd wische ich mir die Tränen weg: „Eigentlich hätte ich einen Sohn gehabt. Ich hätte mir so sehr gewünscht, dass er wie du wird." sage ich unüberlegt. Ashok legt seine Hände um meine Wange, damit ich ihn ansehen muss: „Mutter Orenda sagte mal, dass Tränen uns nicht weiter bringen." er wischt mir sanft die restlichen Tränen weg. Weil ich so von ihm gerührt bin, schenke ich ihm einen Kuss auf die Stirn und umarme ihn nochmal.


Spät in der Nacht liege ich bereits im Bett und schlief als die Tür auf geht und mehrere Gelächter ertönen. Sofort sitze ich auf und bedecke mich mit der Decke. Drei Soldaten, darunter auch Peter und mein Ehemann, die sichtlich betrunken sind.

„Seht euch diese Hure an!" spricht Edward, die anderen lachen, „Tut total unschuldig und ist mit diesen Rothäuten befreundet." er trinkt einen großen Schluck seines Bieres und zerschlägt die Glasflasche.

„Was ist in dir gefahren?" kommt es empört von mir. Peter kommt mir näher: „Madame, Madame. Seien Sie nicht so verklemmt." lacht er und kommt mir immer näher. Die Fahne ist unerträglich und bereitet mir Übelkeit.

„Wenn du schon auf Hure machen willst, dann behandeln wir dich auch so." spricht ein anderer Soldat. Panik überkommt mir und ich will aus der Hütte. Doch Peter hält mich am Arm fest. Edward kommt hinzu und richtet die kaputte Flasche an meinem Hals: „Wir wollen dir doch nicht unnötig weh tun, oder?"

Tränen rinnen an meiner Wange runter. Sie ziehen mir die Decke vom Leib und reißen mein Nachthemd auf.

„Nun, sei wenigstens einmal eine perfekte Ehefrau und hör auf zu heulen!" brüllt Edward mich an. Ich wehre mich nicht. Kein einziges Mal. Mein Mann und die Fremden ergötzen sich an meinem Körper. Ich werde nicht nur gedemütigt, sondern auch gebrochen. Ich hoffe nur mit jeder Sekunde das es endlich aufhört. Doch es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Wäre es nur der Sex, den sie an mir verrichten. Sie finden es amüsant mich dabei zu schlagen, mir die Luft abzuschnüren oder mich anzuspucken, dabei muss ich immer wieder Beleidigungen ertragen. Ich spüre bereits Blut an meiner Nase runter laufen, mein linkes Auge bekomme ich kaum mehr auf. Luft verspüre ich auch kaum mehr in meinen Lungen. Mein Bewusstsein wird immer schwächer. Ich merke kaum noch was mit mir passiert, nehme meine Umgebung nicht mehr wahr.

Nach einer unerträglichen Zeit, die sich ewig anfühlte, höre ich nur Tumult von draußen. Spüre wie die Männer von mir abgehen. Meine Augen sind zu und ich liege schwach auf dem Bett. Als wäre es ein Traum höre ich Schießereien und Geschreie, als wäre ich nicht wirklich hier. Ich rieche verbranntes Holz. Schwer mache ich die Augen auf. An der Tür tritt wer ein. Ich sehe, dass er einen Tomahawk in der Hand hat. Ich erkenne nur Umrisse. Wenn er mich jetzt umbringt, dann ist es mir egal. Ich bin schon tot. Alles um mich herum wird schwarz. 

Der Engel der ChemainusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt