Kapitel 13

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Mit nur einem Tag wurde es nichts. Vater brachte Cheyeyo und Ashok viel über das Land bei, sie gingen ständig irgendwo hin während ich bei alten Bekannten oder in der Kirche bin mit Mutter. Sie wollen Edwards Tod würdigen. Wenn sie nur wussten, was er mir die Jahre alles angetan hatte. Je länger wir hier sind um so trauriger werde ich. Ich will ihnen die Wahrheit sagen doch bin zu schwach und habe Angst, dass sie mir die Schuld für diese Ehe geben, dass ich mehr gehorchen müsste oder ähnliches.

Bereits seit 8 Tagen sind wir in England. Ashok hat sich sogar mit den Nachbarskinder angefreundet, auch wenn die Eltern erst strickt dagegen waren aber Vater gab ihnen gutes Gewissen, dass Ashok ein lieber Junge sei und ließen es dann mit Skepsis zu. Cheyeyo wird viel von meinem Vater gelehrt. Er lernt Dinge aus der ganzen Welt. Ich merke seine Faszination aber gleichzeitig auch dieses Unwohlsein. Er macht sich zu viele Gedanken über seinen Stamm, den er alleine ließ. Die ganzen Nächte konnte er kaum schlafen. Dass sehe ich an seinen Augenringen.

Doch auch wenn er sich stets für Vaters Geschichten interessiert und am liebsten all das neue Wissen lernen will solange er hier ist, macht sein Körper das ganze nicht mit. Er kränkelt. Und das nicht gerade wenig.

Im Gästezimmer, wo er flach im Bett liegt setze ich mich zu ihm auf einem Hocker. In meiner Hand eine heiße Hühnersuppe, die ich ihm Löffel für Löffel in den Mund gebe. Ich fühle seine Stirn und bestätige meine Vermutung: „Sie haben Fieber. Und das nicht gerade leicht. Wir müssen noch paar Tage hier bleiben. Es geht nicht anders."

Schwach schüttelt er mit dem Kopf und seine Augen bekommt er kaum auf: „Ich muss zurück. Mein Volk verlässt sich auf mich."

„Es mag wie eine kleine Krankheit wirken" fange ich an, „aber wenn Sie es so sehr zerren kann es sogar tödlich enden. Und davon wird niemand mehr was haben."

Vater kommt ins Zimmer: „Na, wie geht es meinem strammen Jungen?"

Ich muss lächeln. Vater scheint Cheyeyo sehr zu mögen, wenn er ihn schon als seinen Jungen bezeichnet. Er öffnet die Fenster weit auf, wofür ich gleich zickig werde: „Vater! Der Luftzug kann seinen Zustand verschlimmern!"

„Frische Luft wird ihn gut tun, Grace. Sei also nicht so überempfindlich." er grinst zu Cheyeyo, „Schließlich ist er ein Überlebenskünstler."

Obwohl Cheyeyo kaum seine Augen auf hat, lächelt er belustigt. Ich rolle meine Augen: „Männer."

Mit Vater gehe ich aus dem Zimmer, damit der Häuptling seine Ruhe hat und schlafen kann. Ashok kommt zu uns, seine Klamotten völlig dreckig, seine Haare wirr und sein Gesicht voll mit Erde. Sorge kommt in mir. Haben die anderen Kinder ihn was angetan? Doch er lacht: „Wir waren an einem Fluss und haben mit Schlamm gespielt. Ich hatte sogar eine Kröte gefangen!"

Erleichtert atme ich auf, auch wenn mir die Kröte gerade nicht so gefällt. Vater muss lachen: „Dann aber schnell ins Bad bevor Großmutter das sieht und einen Herzkasper bekommt."

Ich sehe zu wie Vater richtig aufblüht in der Großvaterrolle und wie glücklich Ashok ins Bad rennt. Es fühlt sich an wie eine sorglose, glückliche Familie. Vater geht mit Ashok ins Bad und hilft ihm beim sauber machen als ich vom Gästezimmer ein stumpfes Geräusch wahr nehme. Sofort tritt ich ein und finde Cheyeyo auf den Boden liegend.

„Oh Gott, was machen Sie?!" renne ich auf ihn zu und helfe ihn auf. Er entschuldigt sich: „Ich will euch keine Last sein und muss irgendwas tun."

„Sie sind keine Last. Reden Sie sich das nicht ein." sage ich mild und helfe ihn auf das Bett auf. Ich lege ihm die Decke auf seinem halbnackten Körper und schließe sogleich das Fenster. Der Himmel zeigt nach einem großen Unwetter. Ich setze mich vor Cheyeyo der schwer hustet und ich ihm ein Glas Wasser geben, was er sogleich in einem Schluck runter hat.

Der Engel der ChemainusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt