Kapitel 9

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Die Pferde werden bepackt. Mutter Orenda legt mir ein Fellstück auf den Sattel für einen weicheren Ritt. Verträumt streichel ich das Pferd und denke nochmal an die Tipps von Adya. Die Indianermänner mögen Frauen, die hart arbeiten, die Herz haben und nie aus der Ruhe fallen. Ich muss also genau das Gegenteil spielen. Faul, herzlos und rabiat. Meine Schauspielkunst muss perfekt und echt sein. Onacona hat bereits sein Pferd gesattelt und kommt auf mich zu. Er hilft mir auf mein Pferd, zum Dank lächel ich ihn kurz zu als er auch schon auf seinem Pferd aufsteigt. Ich blicke zu Mutter Orenda, vor ihr Ashok der mir zuwinkt. Jedoch reiten wir nicht direkt los. Es scheint so als würden wir noch auf etwas warten. Der Häuptling überreicht seinem Sohn etwas, was ich nicht erkenne.

Dann erklingen Huftritte. Ich wende meinen Blick vom Häuptlingssohn. Cheyeyo reitet zu uns und nickt Onacona kurz zu, mich blickt er nicht an. Ashok tippt mich am Bein, damit ich zu ihm runter sehe und erklärt: „Cheyeyo wird euch begleiten. Als Übersetzer."

Cheyeyo wird also mit dabei sein. Da kann ich unmöglich schauspielern. Er weiß doch wie ich eigentlich bin. Mein Plan wird schief gehen. So ein Mist.


Bereits seit einer Stunde reiten wir durch den Wald. Vor mir Onacona und hinter mir Cheyeyo, der mich viel nervöser macht als der Häuptlingssohn.

Onacona dreht seinen Kopf ein Stück zu mir und sagt etwas. Hinter mir übersetzt Cheyeyo: „Er fragt, ob Sie eine Pause möchten."

Nein." antworte ich ihm selber und wir reiten weiter. Die Stimmung ist für mich bedrückend. Für Cheyeyo auch, nur der Häuptlingssohn erkennt die Situation nicht.

Nach längerem Weg sind wir angekommen. Die Männer bauen ein Tipi auf, ich beobachte sie dabei während ich den Pferden Essen gebe. Wir sind nah an einem Fluss. Das Rauschen des Wassers ist beruhigend. Eines der Pferde macht sich auf dem Weg zum Wasser. Panisch versuche ich das Pferd zu zügeln doch Cheyeyo stoppt mich: „Lassen Sie ihn ruhig. Er ist ein Freidenker und wird schon nicht abhauen."

Ich lasse das Pferd also. Es geht wirklich nur zum Fluss und trinkt ausgiebig. Cheyeyo betrachtet stolz seinen dunklen Hengst. Ich betrachte hingegen Cheyeyo selbst. Doch wende mich sofort ab als Onacona mich dabei sieht und die Stirn runzelt.

Während des Tages begleite ich sie beim jagen und muss mich stark zusammenreißen nicht zu würgen oder zu heulen. Mit Pfeil und Bogen töteten sie paar Eichhörnchen und ein prächtiges Reh. Das Reh war die größte Hürde für mich. Als wir vor dem toten Tier stehen, reden die beiden Männer irgendwas und bewegen ihre Hände um das Tier. Nachdem sie fertig sind und das Tier in Stücke schneiden, frage ich was das gerade war.

„Wir bedanken uns für das Tier. Geben ihn Respekt und ein Versprechen, dass es nicht umsonst gestorben ist, dass wir alles nutzen werden. Und halt einen großen Dank, dass wir durch dieses Tier überleben werden." antwortet mir Cheyeyo und enthauptet das Tier. Angeekelt muss ich von ihnen weg. Hinter einem Baum übergebe ich mich.

Mein Magen ist komplett leer. Ich traue mich kaum wieder zurück zugehen. Von weiten sehe ich sie und sie mich, weshalb sie ohne Sorge weiter das Tier zerstückeln.

Nachdem wir wieder bei unserem kleinen Lager sind, macht Onacona die Eichhörnchen und häutet sie. Cheyeyo macht irgendwas mit dem Fell des Rehs.

„Warum habt ihr euch nicht auch bei den Eichhörnchen bedankt?" frage ich etwas abseits und versuche das Blut zu übersehen, was an seinen Armen klebt.

„Das haben wir. Bevor wir schossen." spricht er und lässt sich nicht von seiner Arbeit beirren, „Bei kleineren Tieren, besonders die es überall zu finden gibt, reicht ein kleines Danke. Bei einem größerem, weisem Tier, ist es schon etwas anders."

Der Engel der ChemainusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt