„Nur noch einen Tag, dann sind wir endlich an unserem Ziel angekommen! Heute Abend, werden wir in unserer neuen Heimat sein und unsere Brüder begrüßen, die sehnsüchtig auf uns warten! Halten noch durch, bald sind wir da!"
Alle jubeln und freuen sich. Ashok übersetzt mir kurz, was Cheyeyo gerade zu seinem Volk sagte. Dann steigen alle wieder auf ihre Pferde. Ich reite wieder mit Ashok und Adya zusammen.
Der letzte Weg bis zum Ziel vergeht wie im Flug. Wir hatten nur eine größere Pause und zogen dann alle durch. Bis wir dann beim Sonnenuntergang endlich den Bruderstamm antreffen. Wir werden festlich bejubelt. Einige fallen sich emotional in die Arme. Fast alle weinen vor Freude und Erleichterung. Sie sind endlich in ihrer Heimat. Cheyeyo umarmt einen älteren Mann, der einen Federkopfschmuck trägt. Ashok erklärt mir, dass er der Häuptling der Homalcos ist.
Während alle sich herzlich begrüßen, stehe ich mit Ashok abseits und beobachten die Menschen. Ich muss immer wieder lächeln. Die Erleichterung in den Gesichtern von den Einheimischen ist überwältigend und zugleich berührend. Ich halte Ashoks Hand in meiner und streichel sie, was ihm lächeln lässt. Doch mein Lächeln verschwindet als sie die Gefangenen vorbringen. Ich starre zu Peter, der mich wiederum nicht sieht. Cheyeyo stellt dem Häuptling die Gefangenen vor, erklärt mir Ashok: „Sie werden zusammen absprechen, was sie den Soldaten antun werden für das was sie unserem Volk antaten."
„Ich dachte, ihr wärt ein friedliches Volk." sage ich und schaue zu ihm runter.
„Es ist die Entscheidung vom Häuptling Hok'ee. Er meint, dass wir endlich Rückgrat zeigen sollen und keine Feiglinge mehr. Dass, was die Soldaten uns antaten, ist unverzeihlich und muss bestraft werden."
Mein Blick fällt zu Cheyeyo. Er wirkt traurig und angespannt. Wie gerne würde ich jetzt zu ihm gehen und einfach irgendein ablenkendes Thema ansprechen, wieder wie am gestrigen Abend nur zusammen reden.
Der Häuptling Hok'ee geht auf mich zu und spricht zu mir, Ashok übersetzt zu meiner Entlastung: „Du bist der Engel, den man vorhergesehen hat. Du hast meine Brüder und Schwestern gerettet. Wir werden dir auf ewig dankbar sein, weißer Engel der Chemainus." der ältere Mann mit den weißen Haaren verbeugt sich etwas vor mir. Überfordert mache ich es ihm nach. Sein Gesicht strahlt vor Freude. Er nimmt mein Gesicht in die Hände und betrachtet mich: „Du bist eine sehr hübsche und mutige Frau. Perfekt für meinen Sohn Weiße Eule, Onacona." übersetzt mir Ashok. Der Häuptling dreht sich etwas und winkt einen Mann zu uns. Ein großer, muskulöser Indianer, seine langen Haare sind offen und nur zwei vordere Strähnen sind geflochten mit Federn drin.
„Das ist Onacona, auch bekannt als Weiße Eule und der Häuptlingssohn der Homalco." flüstert mir Ashok zu. Ziemlich nervös halte ich meine Hand hin und vergaß sogleich, dass sie sich so nicht begrüßen. Doch Onacona schmunzelt und nimmt meine Hand an. Ich erwidere sein Lächeln. Der Häuptling redet und Ashok erklärt kurz: „Der Häuptling möchte, dass du dich mit Onacona verstehst und ihr vielleicht etwas zusammen machen könntet."
„Ist es nicht etwas zu spät?" frage ich und Ashok übersetzt es zum Häuptling. Dieser antwortet gleich: „Morgen ist auch noch ein perfekter Tag. Und eine Wiedersehensfeier steht jetzt ebenfalls an."
Wie der Häuptling es sagte gibt es eine kleine Feier. Das Volk feiert und machen altritualistische Tänze für die Opfer, die beim Reservat starben. Auch tragen sie alle wieder ihre traditionelle Kleidung. Cheyeyo sitzt beim Häuptling Hok'ee und Sohn Onacona. Alle drei tragen ausgefallenen Kopfschmuck, die sie richtig königlich, im Gegensatz zu den anderen, ausschauen lassen.
Freudig klatsche ich im Takt der Musik mit und beobachte Ashok beim tanzen zu. Nur wendet mein Blick ständig zurück zu Cheyeyo, der in sich gekehrt ist. Ich mache mir Sorgen um ihn. Jedoch kann ich nicht länger darüber nachdenken als Ashok mich hoch zieht und ich mit ihm tanzen muss. Ich versuche ihre Tänze nachzumachen, verliere dabei ein bisschen den Takt aber dass interessiert niemanden. Alle haben Spaß. Auch Cheyeyo lächelt mir mild zu als ich wieder meinen Blick zu ihm wende. Freude tanze ich mit Ashok um die Wette und drehen uns. So sehr das der Schwindelbei mir kommt und ich aus versehen gegen jemanden stoße.
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Der Engel der Chemainus
Romance1877. Das Ehepaar Montgomery reisen Tagelang von England zum neuentdeckten Amerika. Edward Montgomery ist nämlich Lehrer und will die sogenannten Indianer studieren um diese Geschichte dann seinen Klassen zu unterrichten. Damit das Frauchen nicht al...