Kapitel 16

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Tage wurden zu Wochen. Wochen zu Monate. Den Winter überstanden wir beinahe mühelos. Cheyeyos und mein Kind wächst stetig in meinem Bauch. Zu meinem Glück hat Adya Erfahrungen mit der Geburt, weshalb ich keine Angst verspüre mitten in der Natur ein Kind zu bekommen.

Der Frühling ist bereits da und wird wieder zum Sommer. Die Blumen blühen und die Luft riecht nach einer herrlichen Frische. Wir halten an einer bewohnten Hütte an. Ashok, der bereits 7 Jahre alt ist, läuft zur Tür und klopft an. Cheyeyo hilft mir vom Pferd abzusteigen und folgen unserem Sohn. Die Tür wird geöffnet. Eine blonde Frau, die panisch die Tür wieder schließt. Vermutlich hat sie nur Cheyeyo gesehen, der sich schon etwas 'normaler' kleidet mit einem langem dunkelgrünem Hemd und seiner Indianerhose, die vom Hemd seine Schenkel versteckt. Vielleicht lag es auch an der Kette mit Bisonzähnen, die Ashok ihm machte und um sein Hals liegt.

Ich klopfe nochmal an: „Entschuldigen Sie falls wir Sie erschreckt haben, Miss. Wir sind nur Reisende, die vielleicht mal für paar Tage ein anderes Bett bekommen könnten."

Langsam öffnet sich die Tür wieder, die Frau hält eine Pistole in der Hand. Ich beruhige sie: „Bitte, wir wollen keinen Ärger. Nur vielleicht eine kleine Gastfreundschaft." bewusst streichel ich meinen Bauch, den man kaum übersehen kann, da ich im 6. Monat bin.

„Sie sind schwanger?" fragt die ängstliche Frau und ich nicke: „Mein Name ist Grace, dass ist mein Ehemann Cheyeyo. Und das ist mein Sohn Ashok."

Beide begrüßen sie herzlich. Ich wende mich zu den anderen beiden und stelle sie vor: „Das ist Adya mit ihrem Mann Bärenzahn. Sie sind keine unzivilisierten Wilden. Wir werden keine großen Umstände machen, versprochen."

Die Frau legt die Pistole weg: „Nennt mich Lauren. Mein Mann und meine Söhne kommen sicher gleich. Kommt rein."

Wir bedanken uns und gehen in das Haus. Wir setzen uns am Tisch, wo uns Lauren gleich etwas Essen hinstellt und wir essen können.

„Tut mir leid, falls ich etwas hysterisch war." Lauren setzt sich zu uns, „Es gab in letzter Zeit nur so viele Unruhen hier, dass Wilde Häuser angreifen, Männer töten, Frauen und Kinder entführen und danach dann die Häuser niederbrennen."

„Sie sind wütend, dass sie in unserem Land sind." erklärt Cheyeyo sachlich.

„Falls kommen, wir beschützen." fügt Bärenzahn gebrochen zu. Adya ist besser in meiner Sprache geworden und Bärenzahn lernt es momentan.

„Von wo kommt ihr?" fragt Lauren.

„Nordwestküste." antwortet Ashok und stopft seinen Mund mit Obst zu, weshalb man ihn kaum richtig verstehen kann.

„Tut mir leid." entschuldige ich mich, „Mit den Manieren müssen wir noch lernen."

Cheyeyo schmunzelt, Lauren wirkt etwas verdattert. Die Tür öffnet sich. Ein Mann und drei jüngere kommen ins Haus. Gleich macht der Mann Alarm wird aber schnell von seiner Frau beruhigt. Wir stehen uns alle höflich auf und stellen uns gegenseitig vor.

Der Mann, Harold, ist noch ziemlich skeptisch, lässt es aber zu, dass wir hier bleiben dürfen. Dann wären da noch ihr ältester Sohn, John mit 24 Jahren, George, 19 und der Kleinste, Henry, 9 Jahre.

Ashok und Henry verstehen sich sofort und spielen. Zu meiner Belustigung ausgerechnet Indianer und Soldat, nur haben sie den Spieß umgedreht und Henry spielt den Indianer.

Wir erzählen der Familie wie es kam, dass wir Reisende sind, wie ich zum Stamm kam und was wir alles während der Reise erlebt haben. Die Familie ist sehr nett und wir sympathisieren uns gegenseitig.

Der Engel der ChemainusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt