Kapitel 29 - Kleinkind

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Sophie sprang aus dem Hintereingang heraus und blickte direkt hoch in die Augen von John. Sie hatte ein flaues Gefühl im Bauch, als sie ihm die Arme um den Hals warf und sich an ihn presste. Sie war froh, dass er da war. Sie fühlte sich beschützt und sicher, jetzt wo er endlich bei ihr war.

"John.", murmelte sie leise und drückte ihr Gesicht in seine Halsbeuge. Sie musste dafür auf den Zehenspitzen stehen. John brummte zufrieden, legte die Arme um sie.

"Es ist alles gut.", meinte er leise und strich ihr einmal sanft über die Haare. Sophie seufzte.

"Nichts ist gut. Vorne vor dem Krankenhaus stehen ein Haufen Jugendlicher. John, mir war wirklich nicht bewusst, wie berühmt du bist. Wieso interessiert sich jemand ernsthaft dafür mit wem du zusammen bist?", sagte sie und löste sich ein Stück von ihm. Mit großen Augen blickte sie zu ihm auf. John grinste hingegen erstaunlich entspannt. Nahm er das alles nicht ernst? Am Telefon hatte er doch auch noch angepisst geklungen - jetzt war davon kaum was übrig?

"Entspann dich, Babe. Mit den paar Fans da vorne werden wir schon klar. Ich mach' den eine Ansage, dann hauen die ab. Ich habe aber gerade mit Raf telefoniert - die nehmen deinen Nachnamen raus und deine Arbeitsstelle.", sagte er entspannt und grinste Sophie breit an. Die atmete auf.

"Wirklich?", fragte sie ihn und blickte ihn mit großen Rehaugen an. John nickte.

"Das bedeutet aber nicht, dass dein Name nicht vielleicht schon irgendwo im Internet kursiert - es ist jetzt bekannt, dass du meine Freundin bist, aber es wird nicht mehr so extrem.", stellte er fest und Sophie biss sich auf die Unterlippe. Damit konnte sie vermutlich leben. Es blieb ihr ja auch nichts anderes übrig und früher oder später wäre es eh passiert. Ihre Gedanken schwiffen ab. Früher oder später hatte sie auch mit John's Worten gerechnet, jedoch auch in diesem Fall eher später.

"John, ich...wegen vorhin...also ich... ", sie stotterte leicht, als sie erneut zu ihm aufblickte, ihn jetzt aber los ließ. John versteifte sich augenblicklich und sein Blick wurde ernst.

"Du brauchst jetzt nichts sagen.", brummte er. Sophie konnte hören, dass er verletzt klang.

"Ich will...", sie fing an ihre zurechtgelegten Worte zu sprechen, als er harsch dazwischen ging.

"Es ist okay jetzt. Vergiss es einfach. Es war nicht so gemeint.", murrte er, ehe er sich umdrehte und auf ihr Auto zuging. Sophie schaute ihm sprachlos hinterher. Er hatte das nicht so gemeint? Und wieso war er gerade noch so lieb und fürsorglich gewesen und jetzt benahm er sich wie ein Arschloch? Hatte sie ihn so sehr verletzt oder hatte er es wirklich nicht so gemeint? Ihre Gedanken kreisten in ihrem Kopf - es war einfach zu viel für einen einzigen Tag. Langsam setzte sie sich in Bewegung und lief hinter ihm her. Bei ihrem Auto angekommen, blickte John sie ernst an.

"Fahr zum Ausgang des Parkplatzes. Ich gehe eben zu den Fans und sag ihnen, dass sie abhauen sollen und dir bloß nicht wieder auflauern sollen. Dann sammelst du mich da ein.", er wich ihrem Blick auf und Sophie seufzte schwer.

"Findest du, dass das eine gute Idee ist?", fragte sie zurück. John blickte sie fragend an.

"Na, dann denken sie, dass es eine Chance gibt, dich hier zu treffen und kommen vielleicht immer wieder hierher.", meinte sie und zuckte mit den Schultern. John schien einen Moment nachzudenken, ehe er nickte und ins Auto stieg. Sophie konnte sich ein weiteres Seufzen nur schwer verkneifen. Sagte noch einmal jemand, Frauen wären immer die Beleidigten.

Schweigend fuhren sie nach Hause. John tippte ununterbrochen auf seinem Handy herum und Sophie verstand immer noch nicht, wie sich seine Laune innerhalb weniger Sekunden so hatte verschlechtern können. Es war doch alles okay gewesen, bis sie mit ihm über dieses Thema hatte reden wollen. Und sie wollte das immer noch, sie konnten es jetzt doch nicht einfach ignorieren. Nachdenklich lief sie hinter John die Treppe hoch. In der Wohnung angekommen, verschwand sie direkt im Bad und ging eine Weile heiß duschen. Sie musste nachdenken und sich diesen Tag vom Körper waschen. Es war einfach zu viel gewesen.

Als sie aus dem Badezimmer kam, hatte sie nur ein T-Shirt von John über einen Slip gezogen. Er saß auf der Couch und hatte das Handy am Ohr.

"Ich rede mit ihr darüber, versprochen, Raf, aber ich glaube nicht, dass ihr das passt.", sagte er und warf ihr einen kurzen Blick zu. Sophie zog die Augenbrauen hoch und ließ sich ebenfalls auf die Couch fallen. Was wollte er mit ihr bereden? Sie beobachtete wie er sich von Raf verabschiedete, dann ließ er sein Handy neben sich auf die Couch fallen.

"Was sollst du mit mir besprechen?", fragte sie leise und John nahm die Kappe vom Kopf und strich sich durch die blonden Locken. Er sah immer noch nachdenklich aus.

"Raf hält es für klug, wenn ich auf Insta eine Erklärung dazu abgebe. Sage, dass es stimmt, aber es kein Grund gibt ein Drama daraus zu machen. Er sagt, dass die Leute sich dann wieder einkriegen, weil sie nicht mehr spekulieren müssen.",  sagte er schließlich. Sophie schwieg.

" Und möchtest du das?", fragte sie nach einer Weile in der sie beide geschwiegen hatten. John warf ihr einen Blick zu.

"Ich bin hier ja wohl nicht das Problem. Du stellst dich doch wegen sowas so an. Meinetwegen hätte ich direkt mit offenen Karten gespielt.", fuhr er sie an. Sophie riss die Augen auf. Was war denn in ihn gefahren?

"John, kannst du bitte normal mit mir reden und mir erklären, wieso du auf einmal so mies gelaunt bist?", sie setzte sich auf und starrte ihn an. John starrte zurück, dann griff er nach seinem Handy und sprang auf.

"Ach, vergiss es.", brummte er und wollte das Wohnzimmer verlassen. Sophie blickte ihm einen Moment sprachlos hinterher, ehe sie ebenfalls aufstand und die Hände in die Hüften stemmte.

"John Lorenz Moser, du bleibst jetzt verdammt noch einmal stehen und redest mit mir, wie ein erwachsener Mann. Du benimmst dich wie ein Kleinkind.", rief sie ihm aufgebracht hinterher. John blieb stehen, dann drehte er sie mit hochgezogenen Augenbrauen zu ihr um.

Kieztränen (Bonez MC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt