Kapitel 24

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Abby kam mit einem kleinen Tablett zurück. Sie stellte erst Henry's Old Fashioned ab, dann meinen Wolkencocktail, der trotz rosa Farbe bedrohlich auf mich wirkte. Vermutlich war das pures Gift, was ich mir da heute Nacht reinziehen würde.

"Kannst du dich nicht zu uns setzen und Pause machen? Ich würde gerne mehr über die beste Freundin meines Sugarbabes erfahren.", meinte Henry aufrichtig. Abby lachte. "So einfach ist das nicht. Aber für dich frage ich mal nach. Ist ja nicht so viel los wie morgen." Sie verschwand wieder und ich sah Henry etwas entsetzt an.

"Ich will sie nicht aufreißen, keine Sorge.", meinte er ein wenig arrogant und nahm einen Schluck seines Cocktails. Sein Handy vibrierte.

"Das meinte ich nicht. Lass uns einfach nicht so über das Sugardaddy Thema reden.", bat ich. "Ich will nicht großkotzig wirken. Lass uns am Boden bleiben. Wir kennen uns erst seit einem Monat."

Henry packte sein Handy weg. Er hatte eine Nachricht gelesen, während ich ihm meine Gedanken aussprach. Welch ein Gentleman.

"Ist gut.", erwiderte er kurz abgebunden. Dann lächelte er mich an, nahm meine Hand und streichelte sie mit seinem Finger. "Es ist süß, wenn du eifersüchtig wirst." Ich zog die Hand zurück.

"Es ist süß, wenn du mich nicht eifersüchtig machst.", erwiderte ich.

Abby kam zurück. Ihre vorhin zum Zopf gebundenen Haare waren jetzt offen und wellten sich über ihren Rücken. Sie schien gut gelaunt zu sein, anders als ich in diesem Moment.

Sie rückte sich einen Stuhl an den winzigen Tisch und sah uns beide einmal an.

"Trink schon, er wird dir schmecken.", behauptete sie und deutete mit dem Kinn auf meine Pinke Wolke. Ich verdrehte nochmal die Augen, griff zum Glas und sippte den ersten Schluck weg.

Meine Lippen benetzten sich mit dem pinken Schaum, mein Mund und meine Kehle brannten leicht von der Likör-Mischung. Ich schluckte brav, wischte mir über den Mund und sah Abby an, während ich Gänsehaut bekam.

"Wow, was ist das denn für eine Mischung?", fragte ich überrascht. Es schmeckte nicht schlecht. Aber stark. Der Cocktail war mir auf jeden Fall ähnlich.

"Das ist Melonenlikör, gemischt mit Sahneschaum... und Vodka." Abby lachte. "Ja, eine komische Mischung, aber sie taugt doch, oder?"

Ich nickte und nahm noch einen Schluck davon. Auch Abby stibitzte sich etwas.

"Henry, Henry... kommst du mir vielleicht sogar bekannt vor?", fragte sie dann. "Wenn du Klatschblätter liest, schon möglich. Aber eigentlich bin ich einfach nur ein braver Manager.", antwortete er trocken, aber nicht unbedingt böse oder abgeneigt.

"Hmm. Verstehe. Und du, Maus? Wir haben länger nicht geredet. Wie geht es dir?"

"Besser als je zu vor."

Und das stimmte. Der kurze Ärger auf Henry verschwand mit jedem Schluck von Abbys aufgetischter Mischung. Meine beste Freundin fuhr sich durch die pechschwarzen Haare. Dann griff sie in ihre Tasche, holte ihren Lipgloss raus und fuhr ihre Lippen nach.

"Der Job hier ist wirklich toll. Es gefällt mir, die Leute sind nett und unheimlich interessant. Am liebsten stehe ich hinter der Bar. Das wollte ich schon immer machen. Barkeeperin. Erinnerst du dich, Em?"

Ich nickte und sah ihr gebannt beim Sprechen zu. Abby war ein Engel. Nein, mehr ein wunderschöner, verführerischer Dämon. Ich hatte sie immer dafür bewundert, aber jetzt, wo Henry vor uns beiden saß, verfluchte ich sie dafür.

Unter keinen Umständen wollte ich Henry an sie verlieren. Auch wenn ich ihn nicht liebte, war er eine einfache Geldquelle, ohne dass ich ihn ausnutzte. Ich gab ihm etwas und er bezahlte. Ein Geben und Nehmen. Es war selten, dass es so gut funktionierte wie hier. Henry sah gut aus, er war auch noch gut im Bett.

Und er konnte jeden haben.

Wieso auch nicht Abby? Ich wusste genau, dass sich Abby ebenfalls auf einen passenden Sugardaddy einlassen würde. Das passte vielleicht sogar mehr zu ihr, als zu mir.

Ich seufzte ohne darüber nachzudenken und Henry und Abby drehten ihre Köpfe verwundert zu mir. Wieder wurde ich rot.

"Ach nichts, der Cocktail ist einfach nur wirklich gut. Abbs? Ihr habt doch bestimmt auch... was zum Snacken, oder? Ich glaube ich verhungere sonst."

"So kenne ich dich."

Aua. Ich hatte abgenommen, seitdem ich Henry kannte. Wieso genau wusste ich nicht. Aber irgendwie versetzte dieser Satz meinem Herzen einen Stich. Ich war wirklich schlank. Das wusste ich, das wusste Nadja und vor allem wusste das Henry. Schönheitsideale hin oder her, mir war es eben wichtig. Natürlich gibt es bestimmt auch heiße Sugarbabes, die mehr auf den Rippen haben, na und? Ich wollte so sein. Für mich gab es nichts schlimmeres als ein Bauch, der Falten warf oder Oberschenkel, die aneinander rieben, obwohl das bei mir passierte. Doch auch Abby dachte so. Und sie hatte es von uns beiden immer weitergetrieben als ich. Sie aß weniger, sie machte viel mehr Sport als ich und war vielleicht auch etwas im ungesunden Bereich unterwegs.

Abby verließ uns wieder. "Sie ist nett." Henry stieß wieder sanft mit seinem Knie an meines. "Ja, nett war sie schon immer. Mehr oder weniger." Mein Wolkencocktail sah gerade wieder etwas trauriger aus. Schnell kippte ich ihn mir in den Mund. Die Schärfe hinter dem harmlos wirkenden Cocktail raubte mir erneut die Fähigkeit zu reden. Henry musterte mich. "Wieso nervt es dich, dass sie hier ist? Ich dachte, sie wäre deine Freundin.", sagte er leise und beobachtete Abby, wie sie für andere Gäste Getränke mischte. "Neben ihr sehe ich immer um einiges unliebsamer aus. Sie ist perfekt oder nicht? Sie ist sexy, sie ist frech und schlagfertig. Sie ist eine gute Freundin, aber irgendwie vergleiche ich mich ständig mit ihr."

"Sie ist auch einschüchternd. Ich denke, dass du sogar viel liebsamer neben ihr aussiehst, als du denkst. Abby kann man vermutlich nicht so gut kontrollieren. Das schüchtert sicher jeden Mann ein." Ich wusste, dass er log, damit ich mich besser fühlte.

Ich würde mich aber erst besser fühlen, wenn ich in dem roten Kleid steckte.

Fruit Punch Lips | Sugar Daddy 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt