Kapitel 42

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North's Zigarette glühte in der Dunkelheit der allerersten Juli-Nacht und als Mom nach oben ins Bad ging um zu duschen, schlüpfte ich durch die Terrassentür nach draußen zu ihm. Er beobachtete mich dabei, wie ich barfüßig zu ihm tapste und vor ihm stehen blieb.

"Na Kleines, noch nicht müde? Ich hoffe, dein Fieber ist wieder weg." Er grinste und betonte das Wort Fieber besonders süffisant. Dann nahm er einen tiefen Zug seiner Zigarette.

Ich musterte ihn für eine Weile und schüttelte bloß den Kopf. "Alles wieder gut.", erwiderte ich, als er nicht auf mein Kopfschütteln reagierte. "Glück gehabt. Bei so schönen Nächten wäre es schade, krank im Bett zu liegen." North erwiderte meinen Blickkontakt und nahm noch einen Zug der Zigarette.

"Ich weiß, du bist noch nicht mal achtzehn, aber willst du?" Er hielt mir die Zigarette hin und ich verdrehte bloß die Augen. Dann beugte ich mich etwas vor und zog an ihr, versuchte möglichst wenig Augenkontakt zu halten. Ich spürte, wie ein winziger Teil des Rauchs in meine Lunge strömte und so schnell wie möglich versuchte ich sie wieder hinaus zu bekommen.

North lachte sein typisches Lachen, das vermutlich jedes andere junge Mädchen zum Schmelzen brachte. Rau, leise, aber es ging doch direkt ins Ohr. Außerdem kamen dadurch seine Grübchen zum Vorschein.

"Du bekommst nichts mehr davon.", meinte er leise und drückte die Zigarette in einem Aschenbecher aus, den Mom nur für ihn aufgestellt hatte. Er sah zur Tür und bedeutete mir dann mit einer Geste, dass ich hinein gehen sollte, damit er mir nach kommen konnte. Ich drehte mich um und lief über die Terrasse nach drinnen, Norths Schritte dicht hinter mir.

"Vorsicht, Nacktschnecke."

Er umfasste meine Taille mit seinen Händen und hob mich hoch, über die Schwelle der Terrassentür. Dann folgte er mir nach drinnen und schloss die Tür hinter sich. Ohne auf seine Berührung einzugehen, ging ich Richtung Treppe.

"Gute Nacht.", sagte ich leise und fuhr mir über meine kalten Arme. Die Nacht draußen war trotz der Tatsache, dass bereits Juli war, frisch gewesen.

"Träum süß.", antwortete North entspannt. Ich hörte das Quietschen der Federn in der Couch und dann wurde der Fernseher wieder lauter.

Mittwoch, 02. Juli

"Und deswegen hat er sie verlassen. Ich meine, wegen so einer Kleinigkeit? Sie waren fast zwei Jahre zusammen." Meine Kundin Anna-Lena, mit der ich früher zur Schule gegangen war, plapperte mich in einer Tour voll, während ich ihr Haar blondierte. "Ja, das ist wirklich unglücklich.", antwortete ich konzentriert. Es interessierte mich nicht, was sie da erzählte. Doch irgendwie musste dieser Tag rumgehen. Henry hatte mir gestern Abend geschrieben und wir würden uns heute nach der Arbeit sehen.

Am Brunnen, im Stadtpark. So wie bei unserem zweiten Treffen. Aber dieses Mal war ich mir sicher, dass ich nicht in seinem Bett landen würde. Er hatte mir klar gemacht, dass er nicht mit einer Minderjährigen schlafen würde.

Ich schnaubte bei dem Gedanken daran und Anna-Lena schaute mich leicht verwirrt durch den Spiegel an.

"Tut mir Leid, es ist nichts. Red weiter. Ramon hat dann am nächsten Tag einfach eine andere am Start gehabt?" antwortete ich und schüttelte gefälscht ungläubig den Kopf. Anna-Lena redete weiter, als hätte ich sie nie unterbrochen.

Wieder schweiften meine Gedanken zu Henry und vor allem North. Dann sprangen sie zu Timon; mir wurde auf einmal klar, wie viel ich plötzlich mit Männern zu tun hatte, obwohl ich im Jahr zuvor mit lediglich drei von ihnen geschlafen hatte. Wobei man diese Jungs nicht als Männer bezeichnen konnte.

Das was ich mit Henry hatte, war neu. Einzigartig und prickelnd.

Anna-Lena war nach einer Stunde mehr als begeistert von meiner Leistung und gab mir ein großzügiges Trinkgeld. Das brachte mich zum Lächeln, denn obwohl sie schon damals zu den Rich Kids gehörte, hatte sie uns früher immer etwas zu Essen gekauft, wenn jemand sein eigenes vergessen hatte. Das klang jetzt so, als wären wir jedes Mal fast verhungert, aber es ging um die Message. Obwohl sie zu der Clique der verwöhnten Mädchen gehörte, war sie immer ganz anders als sie gewesen.

Sollte mich Henry auch zu einer wohlhabenderen Frau machen, wollte ich so standhaft bleiben wie Anna-Lena.

Am Ende des Arbeitstages gegen 17:30 Uhr packte ich meine Tasche und lief so schnell wie noch nie aus dem Salon. Ich überquerte die Straße, um noch den Bus in die Innenstadt zu erwischen. An so einem schönen Tag wäre ich normalerweise die halbe Stunde zu Fuß gelaufen, doch mir fehlte heute die Zeit.

Im Bus hörte ich ein paar Lieder und stieg dann in der Parkstraße aus, die - wer hätte es gedacht - direkt am Park lag und von der ich schon den Brunnen und die Bank sehen konnte. Ich lief glücklich los und rollte im Gehen meine Kopfhörer zusammen. Während ich auf der Parkband auf Henry wartete, überlegte ich, wie ich ihn doch dazu bringen konnte, dass er mich doch noch in sein Haus brachte.

Ich sah an mir runter. Im Friseursalon konnte ich natürlich nichts besonders Aufreizendes tragen. Doch auch in einem einfachen weißen Top, etwas Goldschmuck an Hals und Ohren und einer schwarzen Skinny Jeans sah ich in meinen Augen ziemlich gut aus. Ich starrte auf meine schwarzweißen Converse, als plötzlich jemand neben mir stand. Henry.

"Hey meine Kleine, alles klar?" "Hi!" Ich stand auf und umarmte ihn fest. Er schlang seine Arme um mich und küsste meinen Scheitel - fast so, wie es wahrscheinlich ein Vater getan hätte.

"Jetzt ist alles klar.", murmelte ich gegen sein weißes Shirt und schloss die Augen.

Fruit Punch Lips | Sugar Daddy 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt