Kapitel 46

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Auf der Schaukel wippend kicherten wir über alles mögliche und Dad war längst vergessen, als mir der Alkohol langsam zu Kopf stieg. Abbys schwarzes Haar hing von der Schaukel hinunter und auch meins, als wir kopfüber hingen und dabei lachten, bis wir Bauchschmerzen bekamen.

Irgendwann wurde ich müde. Ich kroch zurück in die Schaukel und sah Abby zu, wie sie immer noch mit dem Kopf nach unten hing und sich dabei eine Zigarette anzündete. Das Feuerzeug im Dunkeln erhellte ihr Gesicht und ihre roten Wangen kamen zum Vorschein.

"Wie läuft es eigentlich mit Marc?"

Als ich sie das fragte, schien sie noch roter anzulaufen. Abby zog an der Zigarette und setzte sich dann auf, sodass wir sehr nah voreinander saßen. Als würde sie mir gleich ein Geheimnis verraten, beugte sie sich verschwörerisch zu mir.

"Er ist etwas distanziert über Textnachrichten, aber wenn wir uns dann doch mal sehen, geht es ganz schön zur Sache..." Sie grinste, lehnte sich wieder zurück und atmete währenddessen den Rauch wieder aus. Eine wahre Romantikerin.

Ich lächelte müde. "Das freut mich. Aber möchte er gar nicht mehr, als das?" Abby zuckte mit den Schultern. "Er ist eben ein vielbeschäftigter Geschäftsmann. Und ich suche auch nicht nach einer Beziehung.", erwiderte sie bestimmt. Sie schien es ernst zu meinen, weswegen ich nicht weiter nachfragte.

Wir legten uns wieder hin. Mein Kopf ruhte auf ihrem Bauch, als sie versuchte, die Zigarette auf den Kieselsteinen auszudrücken. Sie kippte dabei beinahe von der Schaukel, die immer mehr nachgab und auch mich fast abwarf. Wir schrien auf und lachten, als wir runterpurzelten und uns gar nicht mehr beruhigen konnten. Die staubigen Steine unter mir färbten meine Kleidung mit grauen Flecken, doch das war mir in diesem Moment egal. Es war schön, endlich wieder Zeit mit Abby zu verbringen. Unser Kichern wurde leiser und wir versuchten aufzustehen, was nur semi-gut gelang. Schließlich hievten wir uns zurück in die Schaukel und schubsten die zwei leeren Flaschen einfach ins Gras.

Wir redeten nicht, schaukelten ruhig und gleichmäßig hin und her, während die Sterne auf uns hinunter blickten. Ob sie uns dafür verurteilten, was wir hier anstellten? Ich schloss die Augen. Auf einmal konnte ich die wertenden Blicke der Sterne nicht mehr ertragen. Bis auf die Tatsache, dass es gar nicht die Sterne waren, die mich für meine kleinen Sünden ansahen, sondern North, der unsere Schreie von vorhin wohl mitbekommen hatte. Er stand mit etwas Abstand zur Schaukel im Gras und sah uns dabei zu, wie wir uns erschrocken aufrichteten.

"Ich komme ja schon.", murmelte ich und grinste, als mich Abby in die Seite knuffte und die Augenbrauen anhob.

North sagte nichts, er zündete sich eine Zigarette an und ließ sein Feuerzeug in seiner Hosentasche verschwinden.

"Mir fehlt die Zeit, in der ich mich so betrinken konnte, wie ihr es gerade macht.", erzählte er mit ruhiger Stimme. Es war nicht nötig lauter zu reden, da es unheimlich still geworden war, seitdem er da stand und uns beobachtete.

"Wie kommst du darauf, dass wir Alkohol trinken?", fragte ich scheinheilig und lächelte. Er warf mir einen Blick zu, der so viel sagte wie tausend Worte. Ich sank zurück in die Schaukel.

"Geh weg, ich komme bald heim.", sagte ich dann etwas genervt an North gerichtet. Abby sah zu mir runter. "Ich muss sowieso los.", meinte sie leise. "Verräter.", flüsterte ich leise. Sie lachte.

"Soll ich dich nach Hause bringen?", wollte North von ihr wissen. Sie schüttelte den Kopf. "Ich wohne neben an.", erwiderte sie bloß und stand auf. Dabei fing ich wieder an zu schaukeln und mir wurde schlecht. Doch aufstehen wollte ich trotzdem nicht.

"Ich schreib dir, Em." Abby hob die beiden Flaschen vom Boden auf und steckte beide in ihre Tasche. "Bis dann.", rief ich ihr hinterher. Ich konnte das Klimpern der Flaschen noch hören, als sie eine Straße weiter ihre Gartentür öffnete - so leise und unbefahren war es in diesem Teil des Stadtrandes.

"Soll ich dich vielleicht nach Hause bringen?" Obwohl ich North nicht ansah, konnte ich das breite Grinsen förmlich hören.

"Klar, mit Zudecken und Gute-Nacht-Kuss? Hör auf so zu tun, als wärst du mein Vater, denn das bist du nicht.", antwortete ich schnippisch. "Das habe ich dir schon mal gesagt, oder nicht?"

North räusperte sich. Dann sagte er mit tiefer verstellter Stimme: "Madame, wir gehen jetzt nach Hause. Du bist viel zu jung, um dich nachts alleine hier rumzutreiben. Besser so?"

North trat seitlich in mein Blickfeld. Er gab meiner Schaukel einen leichten Schubser. Im Liegen sah ich ihn an. Vielleicht könnte ich mich daran gewöhnen, dass er meinen Dad spielte. Während ich schaukelte und ihn musterte, sah er mir in die Augen. North schien zu überlegen, ob er mich weiter versuchte zu überreden oder ob er einfach gehen sollte.

"Deine Mutter und ich warten nicht auf dich. Aber komm bald heim." North drehte sich um, schnipste seine Zigarette weg und ging Richtung Straße.

Ich sprang von der Schaukel, klaubte meinen kleinen Rucksack vom Boden und rannte ihm nach.

"North! Warte!"

Fruit Punch Lips | Sugar Daddy 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt