Kapitel 2

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"Einen Vorschlag?", fragte ich iritiert. "Welchen denn?"

"Lass mich dich nach Hause bringen. Und auf der Fahrt reden wir... über eine Art Job für dich."

Ein Fremder bat mich, in sein Auto zu steigen. Ich war nie die Cleverste gewesen, aber das war ein eindeutiges Zeichen abzuhauen, nicht wahr? Schnell trank ich den Kaffee aus und legte zehn Euro auf den Tisch.

"Tut mir Leid, ich muss jetzt auch nach Hause, der Bus kommt jede Minute... hier die Klamotten. Tauschen sie die gegen Geld um..." Ich lächelte gefälscht und bedankte mich nochmal für seine gute Tat.

"Nicht so hastig, ich wollte dir keine Angst machen...", versuchte er sich heraus zu reden. "Bitte bleib doch." Ich schüttelte sanft den Kopf. Bloß nicht wütend machen, wer weiß, wozu er in der Lage war. "Es war wirklich schön mit dir über meinen Vater zu reden. Aber ich muss jetzt los."

"Hier. Meine Handynummer... wenn etwas passiert, dann kannst du auf mich zählen. Auch wenn du mich nicht kennst. Aber gerade das kann manchmal nützlich sein."

Er drückte mir eine weiße Visitenkarte in die Hand. Sein Name und seine Telefonnummer waren alles, was drauf stand. Wie sonderbar. Ich lachte kurz und schob die Karte schnell in meine Jackentasche, in der Absicht, nie wieder drauf zu schauen.
Henry sah mich ein bisschen traurig an, klopfte mir auf die Schulter und ließ mich gehen.

Kaum war ich aus der Sichtweite, atmete ich laut auf. Was für ein sonderbarer Mann! Ich schüttelte den Kopf über mich selbst. Ein wenig trauerte ich dem rosa Röckchen hinterher, doch insgesamt war ich heilfroh, endlich von diesem komischen Typen weggekommen zu sein, der mich heimbringen wollte.

Mit schnellen Schritten lief ich zur Bushaltestelle. Meine Knöchel an den Händen traten weiß hervor, so fest umklammerte ich den Bund meiner Handtasche. Bevor der Bus kam, raste ein grauer Cabriolet an mir und den anderen Wartenden vorbei.

Scheiß Angeber, dachte ich und stieg in meinen Bus. Auf der Fahrt hörte ich ein paar Lieder und es schien, als würden sich alle um den Fremden aus der Mall zu drehen...

Dad's Auto stand vor der Haustür. Diese stand offen und drinnen konnte man meine Eltern laut miteinander reden hören. Ich seufzte. Vielleicht konnte ich mich an ihnen vorbei schleichen - denn ehrlich gesagt war ich nicht erpicht darauf, Dad auf die gesperrte Karte anzusprechen. Vermutlich war er nur hier, um bei Mom Geld zu schnorren.

Ich zog leise meine Schuhe aus und nahm meine leichte Jacke mit nach oben. Hinter mir zog ich die Zimmertür zu und schmiss mich aufs Bett, wo ich mein Gesicht im Kissen vergrub und an Henrys große Hände dachte, die meine Schultern berührt hatten. Das waren merkwürdige Gefühle. Ich hatte mich wirklich noch nie zu älteren Männern hingezogen gefühlt.

Auf einmal klopfte es an die Tür.

Scheiße.

Ich hob den Kopf. "Jaaa?" Mein Vater öffnete die Tür. Etwas in mir sagte, dass Mom ihm kein Geld gegeben hatte. "Emilie."

"Du hast mein Konto ausgeräumt und die Karte gesperrt?"

"Ich brauche das Geld dringender als du.", sagte er genervt.

"Du hast mir Taschengeld versprochen - das war eine Arschloch-Aktion."

Dad sah mich wütend an. "Du brauchst Geld doch gar nicht. Und außerdem nimmst du gefälligst nicht solche Worte in den Mund." Ich funkelte ihn böse an. "Geh raus. Ich hab kein Geld mehr. Nirgends."

Er schloss die Tür und ich grummelte leise einige Beleidigungen. Am liebsten würde ich hier direkt abhauen. Als es langsam Zeit für das Abendessen wurde, zog ich mir eine Jogginghose und ein Top an und lief nach unten. Doch anders als gewohnt, stand Mom um diese Zeit nicht in der Küche. Ich sah in ihrem Zimmer nach und klopfte an. Niemand sagte etwas, weshalb ich hinein ging und Mom vorfand, wie sie schnell ihre Wange verdeckte.

"Hat er dich geschlagen?", wollte ich leise wissen und setzte mich neben sie. Ihr traten sofort Tränen in die Augen, was ich als Ja nahm. Ich brachte ihr einen kühlen Waschlappen, den sie sich ans Auge hielt. "Mom, du kannst damit zur Polizei gehen. Du musst sogar."

Sie schüttelte den Kopf. "Schon gut. Ich will nicht, dass du in Schwierigkeiten kommst."

Ich seufzte und nahm Mom mit in die Küche, wo ich Nudeln mit Tomatensauce für uns beide kochte. Da ich keine Geschwister oder Haustiere hatte, saßen wir letztendlich zu zweit am Tisch. Aber das war nichts Neues. Gäste hatten wir nie. Mom wollte früh ins Bett gehen, und obwohl ich sie nicht alleine lassen wollte, ging ich auch schlafen. Im Bett bemerkte ich ein Stechen im Rücken. Ich setzte mich auf und sah auf die Matratze.

Henrys Visitenkarte lachte mich an.

Scheiße.

Fruit Punch Lips | Sugar Daddy 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt