RAINING
Als wir im Regen tanzten
Und uns im Wind verloren28 Jahre nach der Wendung
THALIA
Die leise Stimme von Fray weckte mich. Sanft rüttelte er an meinem Arm. „Lia, wach auf."
Müde schlug ich die Augen auf und sah in seine grauen Augen. Unwillkürlich schlug mein kleines Herz ein wenig schneller. „Was ist los?", flüsterte ich verschlafen. „Warum weckst du mich?"
„Ein Jahr", murmelte er. Die blonden Haare waren ein wenig länger und zerzauster als sonst. Das Lächeln auf seinen Lippen, ließ auch eines auf meinen erscheinen. „Wir sind seit einem Jahr von den Gläsernen weg." Sein Lächeln wurde breiter. Ich setzte mich auf.
„Schon ein Jahr?", fragte ich und auf einmal war ich wach. „Wie spät ist es, Fray?"
Nun wandelte sich sein Lächeln zu einem Grinsen. „Halb drei", meinte er und die Belustigung, als meine Augen böse zu funkeln begannen, war unübersehbar. „Und warum, Fray, weckst du mich um halb drei nachts?" Ich seufzte und ließ mich zurück auf mein Kissen fallen. Er schmollte. „Ich dachte wir gucken uns die Sterne an", meinte er dann. Er kannte mich gut genug, um genau zu wissen, dass ich es liebte. All die Jahre hatte ich bloß an den dunklen Himmel gestarrt, der wie ein schwarzes Loch auf mich hinabfiel und mich zu verschlingen gedroht hatte. Und nun hatte ich Sterne. Mir fehlte kaum etwas und ich wusste genau, dass es die Richtige Entscheidung gewesen war, zu den Rebellen zu wechseln. Dennoch vermisste ich Heather so sehr, dass ich in manchen Nächten bloß dalag, an die Decke starrte und mir wünschte, sie wäre hier.
„Okay", sagte ich schließlich. „Aber nur weil du es bist." Er sprang von meiner Bettkante auf, wischte sich mit einer komischen Bewegung die blonden Haare aus der Stirn und warf mir einen Pulli zu.
„Dann mal los!"
Ich lächelte wegen der Freude in seiner Stimme. „Was meinst du, was wird Oliver sagen?"
Er zuckte mit den Schultern. „Das ist mir ehrlich gesagt ziemlich egal", meinte er fröhlich und hüpfte in der Tür aufgeregt auf und ab. Manchmal konnte ich über seine Hyperaktivität bloß den Kopf schütteln, allerdings... liebte ich ihn auch dafür.
Ich zog mir den Pulli über das weiße Tshirt und ließ die graue Jogginghose, mit der ich geschlafen hatte, einfach an.
Dann trat ich hinter ihm aus dem Raum und machte mich auf den Weg nach draußen. So, wie ich ihn kannte, würde er zu dem Wald wollen, um sich da zu seinem Lieblingsplatz zu begeben. Ein großer Felsen, auf dem er manchmal saß und sich ansah, wie die Sonne aus dem Meer auftauchte. Nun jedoch würden wir uns die Sterne angesehen. Manchmal, wenn ich Heather so sehr vermisst hatte, dass ich das Gefühl hatte, nicht mehr atmen zu können, hatte Fray mich dorthin mitgenommen. Dann hatten wir uns auf den kalten Stein gelegt und in den Sternen bestickten Himmel gesehen. Ähnlich so, wie ich es mit Heather getan hatte. Bloß, dass ich dann nicht mehr die Sterne, sondern sie vermisste.
Wir schlichen uns über die, von alten Laternen beleuchtete Straße entlang, bis wir schließlich aus der Stadt heraus waren und bloß noch über die dunklen Steine liefen, bis die unebene Straße zu einem Feldweg wurde, der zwischen Wald und Feldern entlangführte.
Eine Weile liefen wir durch die Dunkelheit, in der wir trotz der Sterne kaum etwas ausmachen konnten. Eine Sache, in der ich mich getäuscht hatte. Die Sterne waren längst keinen Ersatz für Laternen. Sie waren mehr als das, auch wenn sie vielleicht nicht hell genug leuchteten, um die Dunkelheit zu vertreiben. Sie machten die Dunkelheit zu etwas Schönem.
Allerdings kannten wir beide den Weg mittlerweile im Schlaf, die Dunkelheit machte uns keine Angst, sie erweckte uns viel mehr zum Leben.
Schließlich gingen wir das restliche Stück noch über das Feld und schlugen uns durch die paar Büsche, dann kamen wir vor dem Felsen zum Stehen. Er kletterte vor mir hoch und hielt mir die Hand hin. Obwohl ich längst allein nach oben kam (das Training hatte ziemlich viel dazu beigetragen), nahm ich seine Hand und ließ mir von ihm nach oben helfen.
Mein Herz flatterte, wie schon seit einer Weile, unruhig, als ich mich neben ihn auf den Stein legte. Obwohl der Untergrund und auch die Nacht eigentlich kalt war, wurde mir warm, wie ich so dalag.
Statt den Himmel sah ich Fray an. Ruhig lag er neben mir, sein Brustkorb bewegte sich bei seinen regelmäßigen Atemzügen stetig auf und ab. Ich konnte es nicht sicher in der Dunkelheit sagen, aber vielleicht hatte er die Augen geschlossen.
Nach einer Weile drehte er sich mir zu. „Lia?"
„Hmm?", machte ich und seine Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln. Er hob eine Hand und strich mir eine der dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ich bin froh, dass du hier bist", meinte er schließlich. Ich bemühte mich, zu ignorieren, wie es anfing, in meiner Bauchgegend zu kribbeln und suchte stattdessen seine Augen in der Dunkelheit.
„Ich auch", flüsterte ich schließlich. Sein Lächeln wurde bereiter. Und vermutlich war das der Augenblick, in dem ich realisierte, dass ich mich, wohl oder übel, in Fray verliebt hatte.
[Noch ein bisschen kürzeres Kapitel mit Rückblick :D irgendwie mag ich das gerne :) Bin aktuell übrigens dabei, den Endspurt von dem ersten Teil zu schreiben, wobei ich gemerkt habe, dass es garnicht mehr so viel ist xD Ich muss noch sieben Kapitel schreiben :) ich wünsche euch noch einen schönen Tag!]
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Stadt aus Glas- Das Erwachen der Sterne (Band 1)
Science FictionBei einem Brand, ausgelöst von den Rebellen, wird die siebzehn jährige Heather von eben diesen gefangen genommen. Nach und nach werden ihr die Schattenseiten des Systems der Gläsernen, in dem sie aufgewachsen ist bewusst und sie beginnt, an ihrer Ve...