Kapitel 8.2

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NIGHT

Als wir fanden
Was wir suchten

32 Jahre nach der Wendung

HEATHER

Bereits zwei Tage war ich nun hier. Nach wie vor hatte ich keine Ahnung, was dieses "hier" überhaupt war. Ich wusste bloß, dass es kein Ort war, an den ich gehörte. An dem heutigen Tag hatte ich den gesamten Morgen trainiert, nachdem ich mit Fray wiedergekommen war. Vyrran war bereits wach gewesen und da ich ohnehin nicht besonders viel besseres zutun gehabt hatte, hatte ich mit ihm trainiert. An diesem Tag jedoch war ich, sehr zu meinem Glück nicht mit ihm alleine gewesen. Loren und Fray waren ebenfalls da gewesen, ebenso wie das Mädchen, das Vyrrans Schwester sein musste und der junge, düstere Mann, den ich bereits von dem Tag kannte, an dem er mich nach dem Weg in der Stadt aus Glas gefragt hatte. Nach wie vor spürte ich eine ziemliche Wut auf ihn. Dass ich ihn nicht mochte, war mehr als nur ein wenig übertrieben.

Bei dem Training hatte ich nicht viel geredet und mich einfach versucht, zu konzentrieren. Als ich am Mittag in mein Zimmer ging, weil ich Pause hatte, war der kleine Raum lichtdurchflutet. Die Sonne schien durch das, leicht schmutzige Fenster in das Zimmer und gab mir etwas, was ich in der Sektion selten gespürt hatte. Wärme. Um den Gedanken wieder loszuwerden, zwang ich mich unter die Kalte Dusche, zog mir frische Klamotten an und machte mich darauf gefasst, den Rest des Tages in meinem neuen Zimmer zu hocken, das nicht mit gehörte und zu lesen.

Das Buch auf dem Nachttisch, welches nach Frays Aussage Lorens Lieblingsbuch sein sollte, war wirklich gut, wie ich schon nach den ersten Seiten merkte. Als saß ich da und las. Die Tür hatte man mir nicht abgeschlossen, allerdings war ich mir ziemlich sicher, dass man mich hier nicht unbewacht sitzen ließ. Nach ungefähr einer Stunde kam Loren und brachte mir Mittagessen. Sehr zu meinem Erstaunen schmeckte es wirklich gut.

"Wie findest du es?", fragte sie, als sie das Buch in meiner Hand entdeckte.

"Gut." Ich zuckte mit den Schultern. Sie hatte sich auf die Bettkante gesetzt und ihr Blick schweifte erst durch den Raum, dann sah sie durch das Fenster nach draußen.

"Die anderen sind alle weg", meinte sie dann. "Ich schätze heute wirds wohl ein bisschen langweilig hier." Sie sah wieder zu mir und lächelte.

"Wo sind sie denn?"

"Sie suchen die Abtrünnige. Oliver war der Meinung, es wäre zu lange zu still von deren Seite gewesen." Sie zuckte mit den Schultern, als wüsste sie es selbst nicht so ganz.

"Wer ist Oliver?", fragte ich schließlich. Ich hatte den Namen schon das ein oder andere Mal hier aufgeschnappt. Vielleicht hatte er einen ähnlichen Rang wie meine Mutter, nur eben unter den Rebellen.

"Er leitet das Ganze hier", bestätigte Loren meine Vermutung. Sie strich sich die dunkelblonden Haare aus dem Gesicht und musterte mich dann eine ganze Weile. "Allerdings nur die Stadt", fügte sie noch hinzu. Dann glitt ihr Blick wieder aus dem Fenster. Das Essen stand nach wie vor unberührt auf meinem Nachttisch.

"Warum bist du nicht mitgekommen?", fragte ich, als ich die Stille nicht mehr aushielt. Loren schien in Gedanken zu sein, so verträumt wie sie aus dem Fenster blickte. Ich kannte den Ausdruck von mir selbst, wenn ich in einer dieser ewig dauernden Besprechungen festsaß und mein Blick, ebenso wie ihrer jetzt, aus den großen Fenstern glitt.

"Irgendwer muss hierbleiben. Blade ist auch noch hier."

"Blade ist der mit den schwarzen Haaren, oder? Der immer ziemlich düster guckt, selten was sagt und überhaupt nicht besonders liebenswert ist?" Eigentlich hatte ich das nicht alles sagen wollen, nun jedoch war es zu spät.

Stadt aus Glas- Das Erwachen der Sterne (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt