Kapitel 5.1

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FIGHTING

Vom Kämpfen
und Fallen

32 Jahre nach der Wendung

HEATHER

Ich wusste nicht, ob es Minuten, Stunden oder Tage waren, die vergingen, während ich in der Dunkelheit hockte. Wobei ich kaum dachte, dass es Tage waren, denn ich war zwar hungrig, allerdings nicht so sehr, dass ich das Gefühl hatte, gleich zu verhungern. Allerdings merkte ich, dass ich so langsam mal gut auf die Toilette gehen könnte.

Seufzend bewegte ich mich auf der Matratze hin und her, die nach der Zeit, die ich bisher hier verbracht hatte, dann doch nicht mehr ganz so gemütlich war. Ich überlegte, ob ich etwas sagen sollte, stattdessen stand ich jedoch stumm auf und streckte mich. Ich ging zu dem Gitter und starrte auf den Gang. In der Dunkelheit meinte ich eine Treppe zu erkennen. Meine Finger strichen über das kühle Metall und für einen Augenblick fühlte ich mich an die Tage zurückversetzt, an denen ich und Thalia auf dem Dach von Gebäude 7 lagen und nach Sternen gesucht haben. Ich zuckte zusammen, als ein Geräusch ertönte, aus der Richtung, in der ich meinte, die Treppe gesehen zu haben. Meine Augenbrauen zogen sich wie automatisch zusammen und ich trat wieder einen Schritt vom Gitter weg.

"Hallo?", fragte ich in die Stille. Schritte waren zu hören und schließlich konnte ich die Umrisse einer Gestalt erkennen, die sich vor das Gitter stellte.

„Hallo", kam es zurück. Ich kannte die Stimme nicht.

„Wer ist da?", fragte ich und unterdrückte den Instinkt, weiter zurück in die Zelle zu gehen.

„Fray." Besonders gesprächig schien er nicht zu sein.

„Und warum bist du hier?" Mittlerweile klang ich genervt. Ein kleiner Teil von mir war froh darüber, denn so konnte man das bisschen Angst, dass ich verspürte, nicht aus meiner Stimme heraushören.

„Entschuldigung, ich bin müde. Ich wollte dich rausbringen."

„Wie raus?" Automatisch schlug mein Herz schneller. Ich wusste nicht, wie lange ich bereits hier war, allerdings wusste ich, dass ich raus wollte. Und das dringend.

„Ein bisschen die Beine vertreten. Wenn du willst."

Kurz wollte ich direkt fröhlich nicken und ihm ohne weiteres folgen. Dann jedoch wurde mir meine Lage wieder bewusst. „Warum bin ich hier?", fragte ich also, statt zuzustimmen, nach draußen zu gehen. Kurz war nichts zu hören, dann ein leises Klicken. Kurz darauf sprang das Licht an und ich kniff die Augen zusammen. Jeden Fluch unterdrückend, den ich kannte (was nicht viele waren), wich ich einen weiteren Schritt zurück.

„Wie gesagt. Wir brauchen dich. Und ich schätze du brauchst uns auch."

Ich schnaubte und betrachtete ihn stumm, statt etwas zu erwidern. Blonde Haare, die in dem gelblichen Licht glänzten. Graue Augen, die Lippen fest aufeinandergepresst. Dennoch hatte er etwas an sich, was ihn sympathisch wirken ließ. Zumindest dann, wenn man nicht gerade entführt worden war und er vor dem Gitter stand und darüber bestimmen konnte, was als nächstes mit einem geschah.

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich dich nicht brauche", meinte ich schließlich und wandte den Blick endlich von ihm ab. Stattdessen ließ ich ihn zu der Treppe gleiten, die ich in dem Licht nun vollständig als eine ausmachen konnte.

„Ich kann nicht genau nachempfinden, was du gerade fühlen musst, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es scheiße ist. Und das tut mir leid."

Ich schnaubte erneut und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und ich soll dir jetzt einfach folgen?"

Lange sah er mich an, bevor er den Mund wieder öffnete. „Hast du denn noch viel zu verlieren?", fragte er dann.

Stadt aus Glas- Das Erwachen der Sterne (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt