Kapitel 3.2

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CAPTURED

Als in Gefangenschaft
die Freiheit begann

32 Jahre nach der Wendung

HEATHER

Als ich die Augen das nächste Mal aufschlug, dröhnte mein Kopf lange nicht mehr so sehr, wie noch zuvor. Obwohl ich ein weiteres Mal betäubt worden war, fühlte ich mich mittlerweile eher ausgeruht als ausgenockt. Wie lange war ich wohl weg gewesen?

Ich setzte mich auf und als ich mich umsah, dauerte es einen Augenblick, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Ich saß auf einer erstaunlichen Dicken Matratze in einem dunklen, fensterlosen Raum. Ich konzentrierte mich ein wenig mehr, und fokussierte die Wand vor mir, die nicht nach einer Wand aussah. Nur kurze Zeit brauchte es, bis ich begriff, dass es Gitterstäbe waren, die eine Wand ersetzten. Mit zusammengekniffen Augen versuchte ich zu erkennen, was dahinterlag. Ich konnte es nicht mit Sicherheit sagen, allerdings glaubte ich, dass es eine Wand war, die eben so steinern war wie die, die sich unmittelbar neben mir befand. Als ich ein Geräusch hörte und kurz darauf eine Gestalt machen konnte, die vor dem Gitter stand, zuckte ich zusammen. Auf einmal schlug mein Herz wieder sehr viel schneller.

"Ich erkenne sogar in der Dunkelheit dass du guckst wie ein verängstigtes Reh", ertönte es verächtlich. Vyrran. Ich wusste nicht, wie ich das bei meinem Zustand hatte behalten können, aber seine Stimme, ebenso wie sein Name und sein Aussehen, hatten sich in kürzester Zeit in mein Gedächnis gebrannt.

Ich hob mein Kinn ein wenig und sah ihn trotzig an.

"Du siehst an mir vorbei." Ich hörte ihn beinahe die Augen verdrehen.

Meine Wangen verfärbten sich vor Wut ein wenig rot. Ich wusste nicht, woher diese Wut auf einmal kam, aber ich war wirklich froh darüber, sie statt Angst zu spüren.

"Hast du schonmal darüber nachgedacht, dass ich dich garnicht ansehen will?", fauchte ich und starrte wütend in die Dunkelheit.

"Uhh, das Kätzchen fährt ihre Krallen aus", meinte er spöttisch. Meine Augen mussten mittlerweile Funken sprühen.

"Ich weiß nicht, was ihr mit mir vorhabt und warum ich hier bin. Was auch immer hier ist. Ich kenne dich nicht und ich glaube es würde dir verdammt guttun, mal die Klappe zu halten. Die Gläsernen werden mich finden. Und dann werdet ihr es bereuen, dass ihr der Meinung wart, mich mal eben schnell zu entführen. Ich bin die verdammte Tochter von der Führerin der ersten Sektion. Was denkt ihr eigentlich..." Ich kam nicht weiter, denn da hatte Vyrran den Schlüssel im Schloss gedreht, war in der Dunkelheit auf mich zugeschossen gekommen. Ich sprang auf, stolperte einige Schritte rückwärts und prallte gegen die steinerne Wand.

Er presste sich gegen mich und mich somit an die Wand. Dann beugte er sich ein wenig zu meinem Ohr hinunter und sein heißer Atem streifte meine Wange. Ich hielt die Luft an, mein Herz schlug wie verrückt und ich war mir sicher, er könne es spüren, so dicht, wie er vor mir stand. Es passierte selten, dass mir jemand so nahe kam. Doch neben der Hitze, die mich wegen seiner plötzlichen Nähe durchfuhr, machte sich nun auch Angst breit. Die Wut blieb, auch wenn sie ein wenig überlagert wird.

"Erzähl mir doch, Heather..." Er spuckte meinen Namen aus und eine Gänsehaut überzog meine Arme unter der weißen Jacke. Mittlerweile war sie bestimmt dreckig geworden. "Erzähl mir doch, was du so weißt. Was hast du erlebt in deinem mickrigen Scheinleben, dass du mir erzählen willst, was richtig ist?"

"Ich...", begann ich und wollte ihm erzählen, wie ich aufgewachsen war, doch er fuhr mir dazwischen. Seine Augen loderten, das meinte ich selbst in der Dunkelheit erkennen. "Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber ich habe kaum mehr etwas zu verlieren. Den Gläsernen sei dank. Hast du ein einziges Mal in deinem beschissenen Leben darüber nachgedacht, dass die Gläsernen so verdammt falsch sind? Wohl kaum." Er schnaubte verächtlich. Dann ließ er mich los, trat einen Schritt zurück. Ohne ein weiteres Wort drehte er sich, ging durch die Gittertür, schloss diese ab und verschwand hinter einer Ecke. Atemlos blieb ich zurück. Ließ mich langsam an der Wand hinuntergleiten, die an meinem Rücken Kratzer hinterlassen würden.

Auf dem kalten Steinboden angekommen, sah ich mit starrem Blick nach vorne. Dorthin, wo Vyrran soeben verschwunden war. Meine Finger zittern, kalter Schweiß trat mir auf die Stirn und ich fragte mich, ob dies Nachwirkungen des Betäubungsmittels waren. Meine zitternde Hand krallte ich in den Saum meiner Jacke, die ich bereits bei der Besprechung in Sektion sieben getragen hatte. Zum ersten Mal erlaubte ich die Gedanken, die sich darum drehten, was ich manchmal als falsch empfand. Und dass ich gewollt hatte, dass Thalia blieb. Und dass ich nun für ihren Tod verantwortlich sein würde, wenn sich nichts änderte.

[Irgendwie mag ich die Szene gerne. Und Vyrran xD Wie findet ihr die Charaktere? Habt ihr einen Lieblingscharakter? :D)

Stadt aus Glas- Das Erwachen der Sterne (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt