Die Katze I

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Wörter: 1240

Info: Dieser One Shot spielt 10 Tage nach dem Orkangriff auf die Haladin, also ungefähr am Ende des 4. Jahrhunderts des Ersten Zeitalters. {Teil ¼}

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Es war früher Abend, als die Brüder auf einer kleinen Lichtung Halt machten und sich dazu entschlossen, hier ihr Lager für die Nacht aufzuschlagen. Den ganzen Tag und die Nacht davor waren sie durchgeritten, um möglichst bald in Thargelion anzukommen. Dort wollten sie ihren Bruder Caranthir besuchen. Doch nun mussten sie ihren Pferden eine Pause gönnen und sich auch selber ein wenig ausruhen. Gerade hatten sie den großen Strom Gelion passiert und somit das Land ihres Bruders betreten. Hier war es nun also sicher genug für eine Pause.

Während Curufin Holz für ein warmes Lagerfeuer sammelte, kümmerte sich Celegorm um die Pferde. Der Blonde konnte ganz einfach besser mit Tieren umgehen. Damals in Valinor hatte er so einiges von Oromë gelernt und gab auch heute noch nur zu gern mit seinem speziellen Wissen an, wo und wann er konnte.

Nachdem er jedem Pferd noch ein letztes „losto vae“ („Schlaf gut“) zugeflüstert hatte, ließ er sich auf der Lichtung nieder, um auf seinen kleinen Bruder zu warten. Allerdings brauchte dieser länger als erwartet. Kurze Zeit machte er sich schon Sorgen um ihn, aber dann schüttelte er diese negativen Gedanken ab. Erst vor ein paar Stunden hatte es geregnet, was die Suche nach vernünftigem Brennholz erheblich erschwerte. Außerdem war es nie eine gute Idee, an Curufin zu zweifeln, denn er nahm es absolut nicht gut auf, wenn jemand seine Fähigkeiten in Frage zu stellen wagte. Erst recht nicht, wenn es der eigene Bruder war.

Also sah Celegorm sich auf der Lichtung um auf der Suche nach einer geeigneten Beschäftigung, mit der er sich die Zeit des Wartens vertreiben konnte. Und er wurde auch schon sehr bald fündig.

Verwundert hob er seinen Kopf und sah hoch in die Baumkronen, als er ein leises Jaulen vernahm. Es musste von irgendwo über ihm kommen, soweit war er sich sicher. Er suchte das Grün mit den Augen nach dem hilflosen Tier ab, das den Klagelaut ausgestoßen hatte. Erst beim zweiten Hinsehen entdeckte er das schwarze Kätzchen, das zusammengekauert in einer Astgabelung festsaß.

Der tierliebe Elb stand sofort auf und lief langsam – damit sich die Katze nicht erschreckte – zu dem Baum, um dem kleinen Kerlchen aus der Patsche zu helfen. Leise redete er auf das Tier ein und streckte dann seine Arme aus, um zu signalisieren, dass er es auffangen würde. Aber die Katze sträubte nur das Fell und fauchte ihn ablehnend an.

Sie hatte sich dort oben wahrscheinlich vor dem Regen schützen wollen und kam jetzt nicht mehr herunter.

Celegorm überlegte kurz und sah dann wieder zu der Katze. Sie ließ ihn keine Sekunde aus den Augen, ihre flauschigen Ohren waren aufmerksam aufgestellt und ihr Schwanz Peitsche wild hin und her.

>>Bei dir hilft wohl nichts.<<, sprach er mit dem Tier, das zustimmend knurrte. >>Gut, dann komme ich eben hoch!<<

Entschlossen, seine Rettungsaktion durchzuführen, komme was da wolle, ging der Elb auf den Baumstamm zu.

>>Das ist deine letzte Chance, freiwillig hier runter zu kommen.<<, warnte er, bekam allerdings keine Antwort.

Er zuckte mit den Schultern. Dann eben auf die altmodische Art und Weise., dachte er sich mit einem Grinsen auf den Lippen und fing an, auf den Baum zu klettern. Dies hatte er seiner Meinung nach schon viel zu lange nicht mehr gemacht. Das fiel ihm auf, als er fröhlich immer weiter nach oben kletterte.

Vor langer Zeit als er noch ein kleiner Elb gewesen war, war Celegorm stets und ständig auf den Bäumen in Tirion herumgeklettert und hatte damit die anderen Noldor in den Wahnsinn getrieben. Er erinnerte sich nur zu gut daran, wie er seinen Onkel Fingolfin mit kleinen Stöcken abgeworfen und sich dann lachend in den Blättern versteckt hatte.

Bei den Bildern, die nun vor seinem inneren Auge Gestalt annahmen, musste er schmunzeln. Der Gedanke war immer noch verdammt lustig, wenn man ihn fragte. Fingolfin sah das höchstwahrscheinlich grundlegend anders.

Von Zeit zu Zeit war es bei der ganzen Kletterei leider nicht zu vermeiden gewesen und es war ihm das eine oder andere Mal ebenso wie der Katze jetzt ergangen. Er hatte sich überschätzt und sich auf einen zu hohen Baum gewagt.

Dann hatte die ganze Elbenstadt erstaunt beobachtet, wie ihr – nebenbei wie wild fluchender – Prinz auf den Baum klettern musste, um seinen kleinen und äußert verzweifelten Sohn von eben diesem zu retten. Manchmal hatte Feanor diese Aufgabe auch seinen beiden Ältesten überlassen, was nicht minder lustig anzusehen war.

Da wurde es doch wirklich höchste Zeit, dass Celegorm sich dafür revanchierte. Und diese Gelegenheit war nur allzu perfekt dafür. Also kletterte er mit geübten Griffen in die Baumkrone und ignorierte die Regentropfen, die ihm bei jeder größeren Bewegung auf den Kopf tropften.

Vorsichtig näherte er sich der Katze, die ihn die ganze Zeit über misstrauisch beobachtete. Dann sprach er sanft eine Weile mit ihr und gewann so ihr Vertrauen. Anschließend ließ er sie an seiner Hand schnuppern und hob sie behutsam hoch. Das Tier miaute protestierend, wehrte sich aber auch nicht.

Dies deutete Celegorm als Einverständnis und begann den Abstieg, der sich mit der Katze auf dem Arm als um einiges komplizierter gestaltete. Aber für den im Klettern erfahrenen Elben stellte es selbstverständlich kein großes Problem dar. Behutsam wickelte er das kleine Tier in seinen wärmenden Mantel ein, um besser klettern zu können. Dennoch rutschte er ein oder zwei Mal fast an einem vom Regen glitschigen Ast ab.

>>Tyelko?<<, ertönte auf einmal Curufins Stimme von weiter unten. Der Gerufene sprang vom letzten Ast herunter und landete leichtfüßig auf dem Waldboden.

Erschrocken drehte sich der Dunkelhaarige zu ihm um, ließ vor Überraschung das gesammelte Feuerholz fallen, um im Notfall schneller zu seiner Waffe greifen zu können und sah ihn irritiert an. Danach erst erkannte er das schwarze Fellbündel in den Armen seines Bruders und verdrehte genervt die Augen.

>>Bitte nicht schon wieder…<<, murmelte er leise und stützte seufzend den Kopf in seine Hände. Celegorm kraulte begeistert die Katze.

Dann entfachten sie ihr Lagerfeuer und setzten sich darum. Glücklicherweise war hier der Boden unten durch die Baumkronen vom Regen verschont geblieben und sie konnten sich setzen, ohne dass ihre ohnehin schon feuchten Mäntel vollends nass wurden. Das feuchte Feuerholz sorgte dafür, dass es nur so knisterte eine dünne Rauchsäule sich ihren Weg zum Himmel bahnte und weithin sichtbar war. Doch da sie sich hier in dem Reich ihres Bruders aufhielten und in dieser Gegend normalerweise kaum jemandaufhielt, brauchten sie sich keine zu großen Sorgen zu machen, dass der Qualm Feinde auf sie aufmerksam machte.

Curufin beschloss ziemlich schnell, dass er sich nicht länger mitanhören wollte, wie sein Bruder sich angeregt mit einer Katze unterhielt und legte sich etwas abseits hin, um Ruhe zu finden. Ohnehin war Celegorm an der Reihe, Wache zu halten.

Dieser saß zufrieden am Lagerfeuer und streichelte seinen neuen Freund, der sich in der Abendsonne entspannte. Später in der Nacht tapste der Kater rüber zu dem Elben und machte es sich mit einem langen Gähnen auf dessen Schoß bequem und schlief an Ort und Stelle ein. Celegorm bekam das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht. Wenn jetzt tatsächlich ein Angreifer kam, würde er zwar nicht aufstehen können, aber das war es eindeutig wert. Curvo wird das mit Sicherheit verstehen., dachte er sich und fühlte sich von der wertvollen Vertrauensgeste der Katze sehr geehrt.

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tbc...

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Das ist der 1. Teil von einem insgesamt 4-teiligen "One Shot". Der Titel ist super kreativ, ich weiß, aber dafür ist das Bild knuffig ^^
Sagt mir doch bitte, wie er euch gefällt ;)
Und noch eine Frage: Schreibt ihr Celegorms Spitznamen mit c also Tyelco  oder mit k also Tyelko? Ich habe ihn eigentlich immer mit c geschrieben, aber in letzter Zeit habe ich es auch oft mit k gesehen und bin jetzt verunsichert... Weiß da zufällig jemand was genaues?

Eure LivielFinarfiniel ☆

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