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Info: Dieser One Shot spielt an Bilbos elfundelfzigsten Geburtstag in Beutelsend.
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Seit mehr als 3000 Jahren war es nun bereits von IHM getrennt. Von seinem Meister. Das waren fast ⅔ seines gesamten Lebens. Es versuchte eine Weile die schönen Erinnerungen heraufzubeschwören, um an die Zeit zu denken, die es mit IHM gemeinsam verbringen durfte. Es dauerte lange bis es die Erinnerungsfetzen in den Tiefen seines Wesens ausgegraben hatte. Viel zu lange.
Nach all der Zeit waren von seinem ehemaligen Leben bloß noch einige wenige Bildausschnitte übrig geblieben, an die es sich verzweifelt klammerte. Eine Hand. Feurige Augen. Ein dunkler Turm.
Diese Erinnerungen waren ein Lichtblick. Der einzige in dieser trostlosen Zeit. Ein strahlend helles Licht in der ewigen Dunkelheit, die es stets umgab, seit sie sich verloren hatten. Es vermisste IHN so unglaublich. Die Wärme SEINES Feuers. SEINE Macht, die es durchströmte.
Und so zog es sich erneut an diesen Erinnerungen hoch, wie es es seit jenem schicksalshaften Tag schon unzählige Male getan hatte. Erinnerungen an Momente, die mittlerweile 3000 Jahre zurücklagen.
Unwillkürlich fragte es sich, was sein Meister in all der Zeit gemacht hatte. Was ER in genau dieser Minute tat. In dieser Sekunde. Es wusste instinktiv, dass ER Tag und Nacht unablässig nach ihm suchte. Und ER würde die Suche erst aufgeben, wenn SEIN Geist vollständig von dieser Welt verschwunden war. Und ebenso verwendete auch es jedes noch so kleine bisschen Energie darauf, zu IHM zurückzufinden. Mit jeder Faser seines Seins wollte es wieder bei IHM sein.
Es war seiner, sein eigen, sein Schatz!
Doch man hatte es seinem Meister weggenommen und es durch fremde Länder geschleift. Mit jedem Schritt weiter weg von IHM. Es wusste nicht, wo genau es jetzt war. Es hatte keine Ahnung. Denn ohne SEINE Macht zog das Leben wie hinter einem Schleier an ihm vorbei. Als wäre es gefangen in einem tiefen Schlummer.Doch nun hatte es zu viel. Das hatte auf der Stelle aufzuhören, entschied es in diesem klaren Moment, der ihm nur vergönnt war, da es wochenlang in einer Tasche gesteckt hatte und derweil ein wenig zu Sinnen gekommen war.
Der Halbling, der sich momentan als sein Herr aufspielte, war stark. Doch er war alt geworden und hatte Vorsicht und Aufmerksamkeit gegen Nachlässigkeit und Gewohnheit getauscht. Er würde keine großen Schwierigkeiten machen.
Der viel größere Risikofaktor war allerdings etwas oder eher jemand, den es durch den Vorhang sah, der ihm die Sicht auf die Welt verschleierte. Die Gestalt war bloß eine verschwommene graue Masse und die Stimme ein fernes und nicht wirklich verständliches Geblubber wie unter Wasser.
Wasser. Wie es dieses abscheuliche kühle Nass verabscheute. Es hatte eine viel zu lange Zeit am Grund eines Flusses zugebracht. Und dann diese Fische. Der, der es schließlich aus dem Fluss angelte, hatte ständig von nichts anderem als von Fisch gefaselt.
Es schweifte ab. Es durfte sich nicht ablenken lassen. Es musste sich auf sein Vorhaben konzentrieren. Also verbannte es den Gestank nach Fisch aus seinen Gedanken und richtete seine Aufmerksamkeit erneut auf die wie in einem langen und außergewöhnlich langweiligen Monolog brabbelnde graue Gestalt hinter dem Schleier. Doch es spürte mehr als alles andere seine Macht. Sie erinnerte es an die Macht seines Herrn. Seines wahren Herrn. Nicht die der zahlreichen Wesen, die sich in den vergangenen 3000 Jahren als sein Meister auszugeben versuchten.
Doch diese Macht hier war träge und kühl, nicht so wie die feurige Hitze seines Meisters. Und ihr Licht war bloß ein schwaches Glimmen im Gegensatz zu SEINEM gleißenden Licht, das es seine dunkelsten Stunden durchstehen ließ.
Wenn diese Gestalt tatsächlich dem gleichen Volk angehörte wie ER, dann musste sie wesentlich schwächer sein. Leider änderte das nichts an dem Risiko, das dieser Jemand für seinen Plan darstellte. Würde er es für sich beanspruchen, nachdem es den nervigen Halbling losgeworden war, würde es nahezu unmöglich für es sein, überhaupt wieder frei zu kommen. Und das musste es unbedingt, um zu IHM zurück zu gelangen.
Doch das Risiko war es bereit einzugehen. Es hielt keinen Moment mehr ohne seinen Meister aus. Also löste es sich aus dem Griff des Halblings und fiel klirrend zu Boden.
Als es dann kurze Zeit später die sengende Hitze eines Kaminfeuers spürte, offenbarte es sein wahres Wesen.
Ash nazg durbatulûk, ash nazg gimbatul,
Ash nazg thrakatulûk, agh burzum-ishi krimpatul.Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,
Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden.
Und dann fiel er in die Hände eines anderen Halblings. Er war jünger, voller Leben und beeinflussbar. Kontrollierbar. Eines wusste es jetzt: Dinge gerieten nun ins Rollen, die nicht aufzuhalten waren.Bald würde diese Zeit des Schreckens vorüber sein. Entweder es würde seinen Herrn wieder finden oder aber es würde in die wohlig warmen Flammen zurückkehren, in denen ER es geschaffen hatte.
Egal wie es ausging, egal welches Ende es erwartete, diese drei Jahrtausende, in denen es sich durchgehend nach seinem Meister gesehnt und verzehrt hatte, waren endgültig vorbei. Diese 3000 Jahre ohne IHN hatten jetzt ein Ende.
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Wow, 3k reads... Gäbe es hier nicht gerade ein Gewitter, würde ich jetzt rausrennen und im Regen Freudensprünge machen! Ich bin euch allen so unsagbar dankbar, dass ihr meine manchmal ziemlich sinnbefreiten One Shots unterstützt ♡
Ich hatte mal Lust, eine andere Perspektive auszuprobieren und das ist dabei rausgekommen. Vielleicht gefällt es euch ja, auch wenn es schon leicht gestört ist... :D
Eure LivielFinarfiniel ☆
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Tolkien One Shots
FanficWie der Titel schon sagt, werde ich hier ein paar One Shots schreiben. Sie werden alle von Tolkiens Welt und seinen Charakteren handeln, sei es das Silmarillon, der Hobbit, Herr der Ringe oder irgendetwas dazwischen. Vielleicht tauchen auch ein paar...