2. I'll go with you

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Namjoon POV

Widerstandslos ließ ich mich von Seokjin, dem schönsten Menschen, der mir je begegnet war, mitziehen. Wie konnte ich auch nicht? Sein Lächeln, welches er mir gezeigt hatte, nachdem ich ihm meinen Namen gesagt hatte, war... einfach nur... unbeschreiblich gewesen. Außerdem erschien es mir völlig unwirklich, dass er mich tatsächlich vor Chang-Min verteidigt hatte, obwohl er mich überhaupt nicht kannte.

Ich vertraute ihm. Ich weiß nicht wieso, aber ich tat es. Voll und ganz.

Trotzdem kam ich ins Grübeln. Wir würden zu ihm gehen, etwas essen und dann? Wo sollte ich hin? Ich war seit knapp zwei Wochen ohne feste Bleibe und bereits nach der ersten Woche war ich fast daran verzweifelt. Zum Glück konnte ich in der ersten Woche noch bei einem Bekannten übernachten, ehe dieser aber selbst von seinem Vermieter vor die Tür gesetzt wurde.

Meine Eltern waren getrennt und keinen von beiden kümmerte es, was ihr Sohn trieb. Der Kontakt war seit drei Jahren zum Stillstand gekommen, nur zum Geburtstag überwiesen sie mir Geld, jedes Mal mit dem gleichen Betreff: Geburtstagsgeld. Sehr einfallsreich.

Sie waren zuerst überhaupt nicht damit einverstanden gewesen, dass ich nicht studieren wollte, und als sie dann noch herausgefunden hatten, dass ich auf Jungs stand, haben sie mich kurzerhand rausgeworfen. Mit so jemanden wie mir wollten sie nicht in Verbindung gebracht werden.

Zeitweise hatte ich in den letzten drei Jahren bei Freunden gewohnt, aber als diese dann selbst aus- oder wegzogen, weil sie studierten, war dies nicht mehr möglich gewesen.

Zum Glück hatte ich dann in der zweiten Woche einige Tage bei einem Kumpel -Jay- übernachten können, aber seit dieser ebenfalls herausgefunden hatte, dass ich das gleiche Geschlecht bevorzugte, hatte er dasselbe wie meine Eltern getan: mich rausgeschmissen.

Ich dachte, ich bräuchte niemanden um alleine klarzukommen, aber die Kälte, die fehlenden Klamotten, die ich mir nicht mehr hatte holen können, weil Jay mich nicht mehr reingelassen hatte, hatten mich eines Besseren belehrt... meine letzte Hoffnung war also Chang-Min gewesen, aber er stand ebenfalls mit Jay in Kontakt, und der hatte ihm wohl gesagt, warum er mich vor die Tür gesetzt hatte. Zudem war Chang-Min sehr aufbrausend und wäre nicht Seokjin vorbeigekommen... dann läge ich jetzt wahrscheinlich mit mehr als nur einer blutenden Nase am Boden.

Was er sich wohl dachte?

Er wirkte so ruhig und... liebevoll... Ich hoffte, er würde nicht genauso reagieren wie die anderen, wenn er herausfand, wieso ich quasi auf der Straße lebte... angewidert wäre am schlimmsten.

Allerdings... ich kannte ihn nicht, und trotzdem schätzte ich ihn als einen solchen Menschen ein, der jemanden so akzeptierte, wie er war.

Das hast Du Dir bei Deinen sogenannten Freunden auch gedacht, sagte eine Stimme in meinem Kopf.

Wenn er Dich mit zu sich nach Hause nimmt, vielleicht hat er irgendwo Geld und-

Nein!

Ich schüttelte diesen furchtbaren Gedanken sofort ab. Es geschah immer öfter, dass sich solche negativen Gedanken in meinen Kopf schlichen, ohne dass ich es wollte. Aber der Umgang und meine momentane Lebenssituation erleichterten es nicht gerade, diese abzustellen.

Jaja, rede es Dir nur ein, ertönte die Stimme von neuem.

Ich versuchte sie so gut es ging zu ignorieren und blickte stattdessen Seokjin von der Seite her an.

So hübsch...

...

Die ganze Zeit hielt er mich am Handgelenk fest, erst, als wir den Supermarkt erreichten, nahm er seine Hand weg.

„Okay, Namjoon, möchtest Du etwas Bestimmtes essen? Soll ich Bibimbap machen?"

Bei der Erwähnung von Essen begann mein Magen augenblicklich laut zu knurren und Seokjin sah mich mit großen Augen überrascht an, dann lachte er.

„Ein einfaches Ja hätte auch gereicht."

Ich zwang mich zu einem Lächeln. Aber offenbar sah man mir an, dass es nur halbherzig war, denn er wurde sofort wieder ernst.

„Tut mir leid. War blöd von mir. Ich-"

„Nein, nein, ist schon okay...", sagte ich langsam. Ich wollte nicht, dass er sich meinetwegen schlecht fühlte. „Du kannst gerne Bibimbap machen, schließlich bin ich ja nur... Gast."

Seokjin bedachte mich mit einem nachdenklichen Blick, dann gab er sich einen Ruck und lief zielstrebig in Richtung der Lebensmittelregale, nachdem wir den Supermarkt betreten hatten. Wieder folgte ich ihm.

Was tat ich hier eigentlich...?

Ich wusste nicht, was es war, aber etwas an Seokjin faszinierte mich, ich würde ihm überall hin folgen. Also musste ich mich zusammenreißen und versuchen, ihm zumindest heute Abend gute Gesellschafft zu leisten und ehrlich zu ihm zu sein.

Während ich meinen Gedanken nachhing, suchte er die ganzen Zutaten zusammen und schließlich standen wir überraschenderweise wenig später schon an eine der Selbstbedienungskassen. Seokjin reichte mir einen Beutel und fragte mich -schon wieder mit diesem lieben Lächeln-: „Kannst Du das bitte schon einpacken?"

Ich nickte und nahm ihm den Beutel aus der Hand. Dabei berührten sich unsere Fingerspitzen und ein kribbliges Gefühl durchfuhr meinen Körper. Auch er schien etwas gespürt zu haben, denn seine Augen suchten die meinen und für einen kurzen Augenblick verlor ich mich in unseren intensiven Blickkontakt.

Dann drängelte sich jemand an Seokjin vorbei, traf ihn versehentlich mit einer Tasche, ein kurzes „Sorry!" war zu hören und der Moment war vorüber. Hoffentlich wird das jetzt nicht unangenehm...

Doch er lächelte immer noch und schweigend machte ich mich daran, ihm beim Einpacken der Lebensmittel zu helfen. Er bezahlte und nachdem ich alles in den Beutel verstaut hatte, traten wir nach draußen.

Die Kälte umgab mich wie ein gewohnter Schmerz und ich zog die Schultern nach oben, trotz der Jacke von Seokjin fror ich. Er selbst trug ja nur seinen Hoodie, ließ sich aber nichts anmerken. Wir liefen schnellen Schrittes zurück in die Richtung, aus der wir gekommen waren.

„Es ist nicht weit bis zu mir nach Hause, knapp 10 Minuten."

„In Ordnung."

Eilig und den Blick starr geradeaus gerichtet, lief ich weiter. Seokjin beeilte sich, Schritt mit mir zu halten und wich dementsprechend nicht von meiner Seite. Irritierenderweise fand ich das... schön. Dicht beieinander näherten wir uns der Wohngegend und bogen dann nach links ab. Vermutlich wohnte Seokjin in eine der nächsten Querstraßen. Er sah mich von der Seite her an und begann erneut zu sprechen.

„Also, Du musst natürlich nicht antworten, wenn Du nicht möchtest, aber... hast Du ein Zuhause, Namjoon?", fragte er leise.

Ich schwieg erst, beschloss aber, ihm gleich die Wahrheit zu sagen und wandte mich im Gehen zu ihm. „Nein, habe ich nicht. Ich wurde... rausgeworfen."

Es herrschte eine kurze Stille und Seokjin verlangsamte seine Schritte, während er in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel kramte. Wir blieben vor einem kleinen Mehrfamilienhaus stehen, dessen Eingang sehr gepflegt wirkte. Die ordentlich aufgereihten Fahrräder und ein kleines Beet unterstrichen diesen Eindruck. Der Weg hierher hatte wirklich nicht lange gedauert und ich konnte es kaum erwarten, ins Warme zu treten.

Ich folgte Seokjin und er schloss die Haustür auf.

„Während ich koche, kannst Du mir ja erzählen, warum Du rausgeworfen wurdest... Es gibt bestimmt eine Lösung." Er machte eine kurze Pause und lächelte dann entschuldigend. „Wir wohnen im obersten Stockwerk, also einmal bitte die ganzen Treppenstufen hinauf."

Wir?

...

Zweites Chap, ich hoffe die Story gefällt euch bis jetzt, auch wenn die Handlung erst begonnen hat :)

Ich werde dieses Wochenende unterwegs sein, deswegen heute schon der Upload :D Ansonsten werde ich immer sonntags am Nachmittag das nächste Chap veröffentlichen, so tuned!

Our Love - Our Story ~ NamjinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt