13. Too many thoughts

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Namjoon POV

Vorsichtig öffnete ich die Tür.

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Ich streckte meinen Arm hinein, fast so, als würde ich einem bissigen Tier etwas zu essen hinhalten, um dann schnell meine Hand wieder wegziehen zu können. Leider machte Seokjin mir einen Strich durch die Rechnung, was mein Vorhaben betraf, ihm das Handtuch ohne Blickkontakt zu geben, denn schwungvoll öffnete er die Tür von innen. Ich befürchtete schon das Schlimmste, aber er hatte sich einen Bademantel übergezogen und stand mit tropfnassen, zurückgestrichenen Haaren in der Tür.

„Danke!"

Er nahm mir das Handtuch ab und fuhr sich damit einmal energisch durch die Haare. Jetzt tropften sie nicht mehr allzu sehr...

Ich konnte ihn nur anstarren. Sein Schlüsselbein blitzte unter dem Bademantel hervor und durch sein Ich-fahre-mir-mit-dem-Handtuch-durch-die-Haare-Manöver war seine Stirn jetzt freigelegt... ich wusste nicht, dass mich dieser Anblick so aus der Bahn werfen würde. Aber das tat es. Wortlos stand ich immer noch da, unfähig, mich zu bewegen.

Auch Seokjin starrte mich an... und der Moment zwischen uns begann sich in die Länge zu ziehen. Aber es war eine angenehme Länge... denn er kam näher und sah mir tief in die Augen.

Was war das hier gerade?

„Joon...", sagte er leise, „Du siehst mit Deiner neuen Frisur wirklich gut aus. Ich -ähm... bin froh, dass Du meiner Idee zugestimmt hast."

Seine Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken, dabei hatte er nicht mal was gesagt, was in irgendeiner Weise zweideutig zu verstehen gewesen wäre. Aber sein Ton, dazu der intensive Blickkontakt und die Tatsache, dass er hier theoretisch -und praktisch- nackt vor mir stand, legte ein paar Sicherungen in meinem Gehirn lahm. Vom Beschwipst-sein ganz zu schweigen.

Also erwiderte ich bloß: „Danke..."

Seine Stimme klang ein wenig unschlüssig, als er schließlich sagte: „Okay, dann... mach ich mich jetzt fertig. Danach kannst Du... duschen."

Offenbar wurde ihm die Situation bewusst, in der wir uns gerade immer noch befanden, denn hastig trat er einen halben Schritt zurück und schloss die Badezimmertür.

Mann... warum passierte sowas ausgerechnet immer mir? Und wieso verdammt, Seokjin, hast Du Dein blödes Handtuch vergessen?!

Zurück im Zimmer, schnappte ich mir meine Sachen -mit Handtuch!- und wartete dann darauf, dass ich endlich ins Bad konnte. Denn... meine Gedanken wanderten gerade in eine ganz spezielle Richtung. Vor meinem inneren Auge sah ich Seokjin stehen, nackt und mit Wassertropfen benetzt, welche langsam auf der Haut hinabrannen... ich sah mich selbst, wie ich auf Seokjin zutrat, ein Handtuch in der Hand, aber das Abtrocknen würde natürlich ich übernehmen... ganz der Gentleman, als der ich bekannt war...

Namjoon!

Du bist betrunken, eindeutig!

Aber ich war schließlich nicht derjenige, der sein Handtuch vergessen hatte, also waren meine Gedanken völlig berechtigt. Wer bittet schon jemanden, während derjenige nackt im Bad steht, ihm sein Handtuch zu bringen, wenn man sich erst seit ein paar Tagen kennt?

Freunde, Namjoon, ihr seid jetzt Freunde!

Und außerdem sah Seokjin richtig toll aus, es sollte verboten werden, mit nassen Haaren so gut auszusehen... Du machst Dir zu viele Gedanken, schalt ich mich selbst. Er hat gesagt, dass wir Freunde sind, nicht mehr und nicht weniger. Er hat sein Handtuch vergessen, na und? Das passiert jedem mal und wenn ich nicht hier gewesen wäre, dann hätte er eben nach Jimin gerufen. So einfach war das.

Aber woher kam das plötzliche Kompliment über meine Haare und vor allem die Art, wie er es geäußert hatte...? Oder hatte da auch der Soju aus ihm gesprochen?

Wie auch immer, meine Gedanken ließen sich nicht so einfach abschalten und daher war ich auch heilfroh, als ich endlich ins Bad konnte. Jimin telefonierte weiterhin und ich fragte mich, ob sein Freund Jungkook am anderen Ende der Leitung überhaupt noch ein Ohr hatte. Er rhabarberte die ganze Zeit in den Lautsprecher, was hatte er am Wochenende bei seinen Eltern denn alles erlebt...? Wo war seine Müdigkeit auf einmal hin und warum war er -im Gegensatz zu mir- noch bei klarem Verstand?

Aber ich sollte mich wohl besser zurückhalten, denn im Gegensatz zu mir führten die beiden eine glückliche Beziehung. Und dass sie sich so viel zu erzählen hatten, obwohl sie nur knapp zweieinhalb Tage voneinander getrennt waren, musste wohl eines dieser berühmten „Couple-Goals" sein...

Himmel, haben mich die paar Gläser etwa so umgehauen?

Bestimmt.

Seokjin fragte mich etwas, aber ich schwankte in Richtung Badezimmer ohne zu registrieren, was er überhaupt gefragt hatte. Das Bad war von Wasserdampf erfüllt und die Wärme nicht förderlich für meinen Zustand.

Irgendein Teil in meinem Gehirn sagte mir, dass ich mich besser zusammenreißen sollte, aber wozu? Es war doch alles so schön gerade...

...

Am nächsten Morgen

Ich öffnete die Augen und fühlte mich wie gerädert. Von meinem Brummschädel ganz zu schweigen. Ächzend richtete ich mich auf und sah ein Glas Wasser mit einem zusammengefalteten Zettel daran.

Wo war Seokjin? Und was zum Teufel war gestern Abend noch passiert?

Ich wusste noch, dass ich ins Bad zum Duschen gegangen war, aber dann...? Ein Blick auf die kleine Uhr verriet mir, dass es schon nach elf war. Höchste Zeit aufzustehen. Also gab ich mir einen Ruck und stand auf, dann nahm ich mir den Zettel und faltete ihn auseinander.

Guten Morgen, Joon! Ich hoffe, Du hast einigermaßen gut geschlafen? Anscheinend war die zweite Flasche Soju etwas zu viel gewesen, denn als Du ins Bad bist, konntest Du kaum noch laufen. Jimin hat sich schon mehrmals entschuldigt und es tut ihm leid, er wusste nicht, dass es Dich so rasch umhauen würde. Wir haben zusammen Deine Haare gewaschen und Dich dann ins Bett gebracht. Wenn Du das liest, sitzen Jimin und ich bereits in der Uni. Frühstück und Kopfschmerztabletten liegen in der Küche bereit, falls Du letztere brauchst! Jimin kommt gegen Nachmittag von der Uni zurück, ich bin arbeiten bis 19:00 Uhr. Hoffentlich wird Dir der Tag nicht zu lang, aber ich denke nicht :) Ruh Dich aus und bis heute Abend!

xx Seokjin xx

Na toll. Da hatte ich gestern zu tief ins Glas geschaut und mich prompt vor Seokjin und Jimin blamiert... aber Seokjins Worte klangen nicht so, als wären sie sauer auf mich, oder als würden sie sich über mich lustig machen. Im Gegenteil, selbst zwischen den Zeilen konnte ich Seokjin ruhige Stimme raushören... ich blieb noch eine Weile im Zimmer, ehe ich beschloss, dass es an der Zeit war, in den Tag zu starten.

Vorher klebte ich noch rasch den Zettel von Seokjin in mein Notizbuch und notierte das Datum darunter, plus einen kurzen Eintrag über den gestrigen Abend, und dass ich nun auch Jimin kennengelernt hatte.

~

Wo sind die Forehead-Enthusiasten? Und sorry, irgendwie kann ich jetzt das Wort Handtuch für eine Weile nicht mehr lesen und schreiben! :) Böser Seokjinie... Aber ich hatte echt viel Spaß beim Schreiben :D Drunk Joonie, we love it!

Our Love - Our Story ~ NamjinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt