Kapitel 15

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Als wir den Raum betreten, unterbrechen die beiden ihr Gespräch und sehen auf. Meine Mutter sieht echt nicht toll aus. Sie sieht auch etwas verheult aus und einfach fertig. Ich sehe, glaub ich, nicht besser aus als sie.
Meine Mutter steht jetzt schnell auf, kommt auf mich zu und nimmt mich in den Arm. Ich erwidere ihre Umarmung sofort und es tut gut, sie in den Armen zu halten. Ich fange leise an zu schluchzen, weil mir die Gedanken an vorhin wieder kommen. In der Umarmung fragt sie mich vorsichitg: "Geht's dir gut, Schatz?" Ich löse mich langsam aus der Umarmung und sehe sie an. Sie streicht mir meine Tränen weg und ich antworte ihr: "J-ja, also.. mir geht's besser." "Ok.", erwidert meine Mum noch, nickt leicht und lächelt mich nebenbei liebevoll an. Ich lächel ihr genauso zurück. "Hast du Hunger, Süße?", fragt sie mich schließlich. "Ja, ein wenig.", beantworte ich ihre Frage. Jake's Vater räuspert sich kurz, wir sehen zu ihm und er fängt an zu sprechen: "Also.. wir wollen nicht weiter stören. Wenn noch irgendetwas ist Mary, melde dich bei mir, beziehungsweise uns. Du natürlich auch, Amelie. Wir helfen euch jederzeit. Wir gehen dann jetzt auch.", lächelt er und läuft dann mit Jake etwas zur Tür. Meine Mum sieht mich fragend an und da ich weiß, was sie meint, nicke ich ihr lächelnd zu. "Wartet! Ihr könnt gerne mit uns essen.", hält sie die beiden auf. "Ach nein. Wir wollen keine Umstände machen und außerdem denke ich, braucht ihr erstmal Zeit für euch. Wir lassen euch lieber erstmal allein.", erwidert Jake's Vater lächelnd darauf. Meine Mum überlegt kurz und spricht dann wieder: "Ok, vielleicht hast du Recht. Aber wir laden euch nochmal zum Essen ein. Dann kannst du auch deine Frau mitbringen. Habt ihr Freitagabend schon was vor?" Jake's Vater scheint zu überlegen. Er guckt kurz zu Jake rüber, der nur lächelt und ihm zu nickt. Jake's Vater lächelt uns nickend an: "Nein, wir haben noch nichts vor. Wir könnten um 18 Uhr kommen. Ist das ok?" "Ja, natürlich.", erwidert meine Mutter. "Ok, bis dann. Und ihr meldet euch, wenn irgendetwas ist!", verabschiedet er sich. "Machen wir, versprochen. Auf Wiedersehen.", erwidert meine Mum.
Jake kommt nochmal auf mich zu und umarmt mich kurz und murmelt ein "Tschüss". Ich tue es ihm gleich und dann schließen wir die Tür hinter ihnen.

Nachdem die beiden weg waren, haben Mum und ich erstmal etwas gegessen und haben uns dann auf das Sofa gesetzt und noch etwas geredet. Über das was heute alles passiert ist und sie hat auch desöfteren gesagt, wie leid ihr das tut. Woraufhin ich nur gemeint habe, dass sie sich für gar nichts entschuldigen muss.
Irgendwann hat sie es dann endlich eingesehen. Wir haben auch beschlossen, dass ich Morgen nicht zur Schule gehe, da es mir immer noch nicht so gut geht und meine Mum meint, ich solle mich lieber noch einen Tag ausruhen.
Und jetzt liege ich im Bett und kann nicht schlafen. Ständig fließen mir Tränen über die Wangen. Wieso musste er wiederkommen? Ohne ihn ist alles so viel besser. Er macht bloß alles wieder kaputt.
Ja, meine Mutter hat Scheiße gebaut, indem sie ihn betrogen hat. Aber jetzt mal ehrlich: Er war schon ein beschissener Ehemann und Vater, bevor sie ihn betrogen hat und er angefangen hat, soe zu verprügeln. Er war selten zu Hause und wenn er da war, war er meistens betrunken oder hat weitergearbeitet.
Früher saß ich fast jeden Tag heulend in meinem Zimmer, wenn ich gehört habe wie meine Eltern rumgeschrien haben. Doch irgendwann hörten diese Schreie auf und man hörte nur noch ab und zu diese Schläge. Ich hatte Angst vor meinem Vater, jeden Tag. Ich wollte ihm nicht mehr begegnen, in der Angst, er würde mir dasselbe antun. Doch jetzt ist das anders. Ich wollte nicht wieder die sein, die zuhört und nebenbei heult. Egal, ob ich auch Schläge abbekomme oder nicht.
Ich kann es heute weniger ertragen meine Mutter so am Boden zu sehen, als es früher war. Früher war ich ja noch klein und wusste nie worum es geht und wie schlimm das alled eigentlich ist.
Am Ende dieser Streits meiner Eltern hat man immer nur noch die Haustür zuknallen hören. Dann bin ich schnell runtergerannt und dann lag sie da. Halb bewusstlos. Ein Stich durchfuhr jedes Mal auf's Neue mein kindliches Herz. Sie hatte an so vielen Stellen an ihrem Körper blaue Flecken und das durchgängig. In den Momenten, in denen ich sie so vorfand, hat sie meistens auch aus der Nase und aus dem Mund geblutet, was wahrscheinlich davon kam, dass er sie oft mehrmals in den Bauch trat, wenn sie eh schon am Boden lag.
Jedes Mal hab ich mich auf's Neue gefragt, wie man nur so ein erbärmlicher, zurückgebliebener, herzloser und schlechter Mensch sein kann. Man kann ihn gar nicht mehr Mensch nennen, weil ein Mensch hat ein Herz und eine Seele. Er hat keines davon.

Ich nehme mein Handy von meinem Nachttisch und versuche etwas zu erkennen, was durch meine verschleierte und verheulte Sicht nicht gerade einfach ist. Es ist schon 2 Uhr morgens und ich kann immer nich nicht schlafen.
Ich lege mein Handy wieder zurück, lasse meinen Blick einmal durch mein dunkles Zimmer schweifen und knipse dann meine Nachttischlampe an. Ich fahre einmal mit meiner Hand über mein Gesicht und stehe dann langsam auf. Ich mache mich auf den Weg in mein Bad und öffne schließlich die Tür. Ich mache auch dort das Licht an und gucke mich im Spiegel an.
Ich sehe echt schrecklich aus: rotumrandete Augen, gerötete Wangen, ein leicht blau-violettes Auge, das Pflaster auf der Nase und die Tränen in meinem Gesicht.
Langsam ziehe ich das Pflaster auf meiner Nase ab. Dann werfe ich es in den Müll und stelle mich wieder vor den Spiegel. Ich mache den Wasserhahn an und lasse Wasser in meine Hände laufen, dass ich kurze Zeit später in mein Gesicht klatsche.
Das tut gut. Einfach mal die Tränen abwaschen und etwas von dem Schmerz mit ihnen.
Nachdem mein Gesicht abgetrocknet habe, gehe ich wieder in mein Zimmer und lege mich ins Bett. Ich mache das Licht wieder aus und versuche weiterhin einzuschlafen.
Ich bin so froh, dass Jake und sein Vater rechtzeitig gekommen sind. Wer weiß, was passiert wäre, wenn sie nicht da gewesen wären? Ich will es eigentlich gar nicht wissen.
Nach diesem Gedanken, falle ich dann endlich in einen unruhigen Schlaf...

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