Kapitel 12

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Jake's Sicht
Nachdem ich nach Hause gekommen bin, hab ich mir erstmal was zu Essen gemacht. Meine Eltern sind nicht zu Hause, also hab ich das ganze Haus für mich alleine. Mein Vater ist Arbeiten, was er aber eigentlich nicht oft tat, da er sein eigenes kleines Geschäft hat, indem er Zigaretten, Zigarren und bestimmtes Zubehör dazu, verkauft. Er hat schon bevor wir hierhergezogen sind, einen Laden gekauft und seine Sachen dorthin umgeräumt, damit er seinen Laden hier weiterführen kann. Er muss dort meistens nur Bestellungen aufnehmen oder er hat einfach mal Lust auszuhelfen, sonst hat er eigentlich genug Angestellte, so dass er recht selten etwas dort machen muss. Meine Mutter ist ebenfalls Arbeiten, aber sie ist sowieso nicht so viel da. Mal hat sie eine Geschäftsreise, dann macht sie Überstunden und manchmal kommt sie gar nicht erst nach Hause. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mal so genau was sie arbeitet. Naja, es interessiert mich auch wenig. Mein Vater war immer für mich da, doch meine Mutter nicht wirklich. Sie hatte mich zwar großgezogen, natürlich mit meinem Vater, aber auch nur bis ich in die Schule ging. Ab da an hat mein Vater auf mich aufgepasst und war immer da. Meine Mutter ist ab dieser Zeit nur noch arbeiten gewesen. Seitdem ist sie so selten zu Hause. Ich seh sie so gut wie gar nicht, aber das ist mir relativ egal. Es ist ihre Entscheidung, ob sie lieber arbeitet als bei ihrer Familie zu sein. Mein Vater hat sich nie getraut sie darauf anzusprechen. Er liebt sie einfach zu sehr und er meint, dass es ja nicht so sei, dass wir sie überhaupt nicht mehr sehen. Na und? 5 Minuten beim Frühstück oder Abendessen einmal pro Woche, wo sie eh bloß auf ihrem Handy rumtippt? Da unterhalten wir uns eh nicht und schon gar nicht über wichtige Dinge.
Wir sind auch wegen meiner Mutter umgezogen und ein Glück ist Tom mit seiner Familie auch gleich hier hergezogen. Er ist wirklich mein bester Freund. Er ist wie ein Bruder für mich. Seine und meine Familie waren früher Nachbarn und dadurch sind wir auch zusammen aufgewachsen. Wenn mein Vater mal nicht da war, war ich immer bei ihm. Er hat eine kleine Schwester. Sie ist 15. Viel jünger ist das auch wieder nicht, aber immerhin 2 Jahre. Er ist immer für sie da und als sie ihm in den Sommerferien ihren ersten Freund vorgestellt hat, hätte er diesem fast die Fresse eingeprügelt. Wenn es um seine Schwester geht, ist bei ihm einfach null zu spaßen.
Durch ihn habe ich ja auch Amelie kennengelernt. Sie ist süß, sehr süß sogar.. Ich mag sie, auch wenn ich sie erst seit 2 Tagen kenne. Sie ist eine gute Freundin in dieser kurzen Zeit geworden.
Ich bin ziemlich froh, dass ich auch schon ein paar Kumpel gefunden habe. Sie sind echt korrekt, auch wenn sie viele Mädchen verarschen, rauchen und trinken. Ich meine, ich tue das auch, außer Mädchen verarschen. Ich verarsche sie nicht, aber Mädels fanden mich schon immer toll und deshalb hab ich öfter auch mal was mit welchen gehabt, aber nichts gemacht, was sie nicht auch wollten und ich habe sie nicht angelogen oder sowas, um sie rumzukriegen. Ich hab mir aber auch vorgenommen mich in der Hinsicht etwas zu ändern, wenn ich hier bin. Also im Bezug auf Mädchen.

Als ich fertig gegessen habe, ging ich hoch in mein Zimmer um etwas Musik zu hören. Ich hör gerne Musik, also wenn es nicht unbedingt irgendwelcher Popchartsscheiß ist. Wenn schon, denn schon Rap. Deutsch oder Englisch ist eigentlich egal. Beides ist gut.
Ich schließe mein Handy an meine Stereoanlage an und stelle eins meiner Lieblingslieder ein. Ich drehe auf ganz laut und lege mich in mein Bett.
Nach einiger Zeit geht meine Tür auf und mein Vater kommt rein. Ich drehe die Musik lauter und sage: "Hey Dad!" "Hallo Jake. Ich hätte ja geklopft, aber ich wusste, dass du es eh nicht hören würdest.", lacht er nur. "Alles ok. Was ist los?" frage ich ihn schließlich. "Ich wollte dich fragen, ob wir heute noch etwas trainieren gehen wollen?" "Ok. Ich haab heut eh nichts mehr vor.", lächele ich und stehe von meinem Bett auf und laufe zu meinem Schrank, um meine Sportsachen rauszuholen. Mein Vater sagt nur noch kurz:"na dann, bis gleich." und schließt meine Tür hinter sich.
Wir haben gestern schon einen Boxclub gefunden, der nur 5 Minuten Fußweg von uns entfernt ist. Seit ich 10 bin trainiert mein Vater mit mir Boxen und ich kann es ziemlich gut. Natürlich nicht so gut wie mein Vater, aber ziemlich gut. Er hatte auch schon einige Boxkämpfe in unserem alten Wohnort gewonnen. Ich auch schon zwei, aber natürlich mit welchen in meinem Alter. Ich liebe es zu boxen. Immer wenn ich Stress hab, schlag ich ein bisschen auf einen Boxsack ein und schon geht es mir etwas besser.
Ich ziehe mir eine blaue Sportshorts und ein schwarzes T-Shirt an und packe meine Boxhandschuhe ein und laufe die Treppe nach unten. Mein Dad drückt mir eine Flasche Wasser in die Hand, nimmt seine Tasche und wir laufen zur Tür raus. Er kam mir etwas angespannt vor, also fragte ich ihn was los sei. Wir sagen uns eigentlich immer alles offen und ehrlich. Er seufzt, doch verliert seine Angespanntheit nicht: "Vorhin ist dieser Dreckskerl, Steppard, in diesem Haus verschwunden." Er bleibt stehen, was ich ihm gleich tue und zeigt auf das Haus, indem glaube ich Amelie wohnt. Ich schaue ihn geschockt und überrascht an.
Steppard war ein alter Freund von meinem Vater. Die beiden haben früher ziemlich viel miteinander unternommen, doch seitdem Dad erfahren hat, dass dieses Arschloch seine Frau schlägt, hat er Abstand von ihm genommen. Er hat oft gemeint, dass das ja nichts mit der Freundschaft zu meinem Dad zutun hat. Mein Dad aber wollte nichts mehr mit ihm zutun haben. Als Steppard dann vor Gericht wegen der Sache kam, war mein Vater auch dort. Ich war zu dieser Zeit 12 Jahre alt. Doch mein Vater hat mir das alles erzählt und mir gesagt, dass das ein sehr schlimmer Mensch ist. So wie Eltern so etwas einem Kind eben erzählen.
"Meinst du wirklich?" frate ich nach längerem Starren auf das Haus. "Ja, ich würde dieses falsche Gesicht immer wieder erkennen." zischt mein Vater und schaut sich jetzt das Auto, dass vor dem Haus steht genauer an. Er deutet auf dieses und scheint zu überlegen: "Und das ist sein Auto..." Er läuft näher an das Haus heran und liest den Namen auf dem Schild. Augenblicklich verdunkeln sich seine Augen und er schaut auf das Haus. "Mary Evans." knirscht er schließlich zwischen zusammengebissenen Zähnen.
Aufeinmal hört man laute Schreie aus dem Haus. Mein Dad und ich drehen unsere Köpfe in Windeseile zu dem jeweils anderen. Es hört sich an wie eine brüllende, wütende Frau. Das musste sie sein.
"Du hörst das aber auch gerade, oder?", fragt mich mein Vater und ich nicke nur langsam und schlucke. Wir gehen zwar beide gerade vom Schlimmsten aus. Aber was sollen wir denn denken, wenn ein Mann, der seine Frau 2 Jahre lang verprügelt hat und dafür nur 4 Jahre im Knast war, in diesem Haus ist und man Eine Frau schreien und brüllen hört.
"Jake, wir gehen jetzt langsam zu der Tür und horchen, ob wir seine Stimme auch hören, verstanden?", bringt mein Vater hervor und ich nicke wieder nur. Wir laufen also langsamen durch den kleinen Vorgarten zur Haustür. Wir wollen ja auch nicht wie Einbrecher aussehen.
Angekommen hält mein Dad sein Ohr an die Tür und ich tue es ihm gleich.
Es war kurz still, bis man ein paar langsame Schritte, einen Schlag und und zwei Schreie hören konnte.
Wir gucken uns geschockt an, er wirft mir einen fragenden Blick und ich nicke erneut. Gemeinsam reißen wir die Tür auf, die komischerweise nicht abgeschlossen war, und quittieren den Raum. Ich war einfach nur geschockt bei diesem Anblick...

Love is complicatedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt