Kapitel 17

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Sehr geehrte Frau Denver,
hiermit möchten wir Ihnen mitteilen, dass Marc Steppard das alleinige Sorgerecht von Amelie Denver beansprucht.

Was will er damit denn erreichen? Er war vier Jahre wegen dem regelmäßigen Verprügeln seiner Frau im Knast. Wer würde dem denn das alleinige Sorgerecht von seiner Tochter geben? Da kann der Richter ja nur entweder besoffen oder auf Drogen sein.
Bei so einer Sache dürfte es eigentlich nicht mal so weit kommen, dass er das überhaupt beanspruchen darf. Meine Mom hat immer alles richtig mit mir gemacht, nur er nicht. Ich weiß auch nicht wegen was er sie überhaupt schlecht vor Gericht reden möchte. Da kann er sich ja nur was ausdenken. Er ist einfach krank, das zu versuchen.
Wieso muss ich nur so einen Vater haben? Ich will auch einen Vater, der bei mir ist immer, wenn ich ihn brauche. Ein Vater, der mich liebt. Ein Vater, der seine Frau, meine Mutter, liebt. Ist das echt so viel verlangt? Eine richtige Familie?
Ich wollte ihn vergessen. Ich hatte es eigentlich geschafft, ihn endlich aus meinem Kopf zu kriegen. Und jetzt? Ist er hier und macht wieder mal alles kaputt. Alles, was meine Mutter und ich uns nach dem Umzug hierher aufgebaut haben macht er einfach wieder kaputt. Niemand braucht ihn. Ich nicht. Und meine Mom genauso wenig. Ich brauche ihn nicht als meinen Vater. Ich will einen richtigen Vater, der ein Mann ist. Er ist kein Mann. Ein Mann schlägt, geschweigedenn verprügelt, seine beziehungsweise gar keine Frau. Er ist erbärmlich und so wird er auch immer bleiben.
Einzelne Tränen laufen mir die Wangen runter, die ich aber schnell wieder wegwische. Ich habe früher oft genug für dieses Arschloch geweint. Ja, ich nenne meinen Vater ein Arschloch, weil er nichts anderes ist als das.

Nach ein paar Minuten rappel ich mich auf und schlürfe auf meinen Kleiderschrank zu. Ich hole mir frische Unterwäsche, ein lockeres, rotes T-Shirt und eine schwarze Leggings raus und gehe ins Bad, um erstmal zu duschen.
Nachdem ich fertig mit duschen und anziehen bin, gehe ich die Treppe runter und ich finde meine Mutter in der Küche. Sie sitzt einfach da und hat eine Tasse Kaffee vor sich stehen. Als ich den Raum betrete, sieht sie auf und lächelt mich etwas schwach an. Ich lächele zurück und hole mir auch eine Tasse und mache mir auch einen Kaffee.
Mit meinem Kaffee setzte ich mich schließlich zu ihr und trinke einen Schluck.
Zögernd frage ich sie: "W-wann ist denn... dann der Gerichtstermin? Oder gibt es überhaupt schon einen?" Sie sieht mich bedrückt an, antwortet dann aber: "In 3 Wochen.." Was? Ich wusste nicht, dass sowas so schnell gehen kann. "Oh..ok", murmele ich kaum hörbar. Meine Mutter ergreift dann wieder das Wort: "Ich werde heute noch meinen Anwalt anrufen und ihm Bescheid geben. Er hat es früher auch hingekriegt, dass er ins Gefängnis kommt. Er wird es auch schaffen, dass...dein Vater das alleinige Sorgerecht nicht bekommt!" Sie spricht recht überzeugt und sie hatte Recht. Ihr Anwalt muss das einfach hinkriegen. Sie zahlte ja auch recht viel Geld für diesen Anwalt, da er einer der Besten ist.
"Ich hoffe, dass er das hinkriegt, aber du hast Recht. Er ist ein guter Anwalt. Er muss es einfach schaffen.", entgegne ich ihr. Sie lächelt mich an und wechselt dann das Thema: "Ich habe mir heute freigenommen. Willst du mal wieder was mit deiner Mutter unternehmen?" Ich muss grinsen: "Ja, gerne. Lass uns doch Shoppen gehen." Jetzt muss sie auch grinsen: "Ich wusste, dass du das möchtest. Aber natürlich. Alles, was du magst."

Nachdem wir unseren Kaffee leer getrunken haben und uns fertig gemacht haben, sind wir losgefahren und sind jetzt in einem großen Einkaufszentrum. Hier gibt es alle möglichen Läden: H&M, Forever 21, GAP, McDonalds, usw. Ich hab schon etwas bei Forever 21 gekauft und wir laufen gerade noch zu einem anderen Laden.
Es ist echt schön mal wieder was mit meiner Mom zu unternehmen. Wir reden viel und das tut echt gut.

Als wir dann erschöpft aus dem letzten Laden, in den wir gehen wollten, treten, beschließen wir uns noch etwas zu essen und dann wieder nach Hause zu fahren. Wir haben uns für Pizza entschieden. Wir setzen uns in das kleine Restaraunt und genau in diesem Moment gibt mein Handy einen Ton von sich. Ich nehme es in die Hand und schaue, wer mir geschrieben hat und bemerke, dass es Mel ist: 'Was ist passiert? Und wieso sagt mir Jake, dass du krank bist?? Meld dich bitte bei mir!:*'
Ich antworte sofort: 'Erklär ich dir später. Wollen wir nachher telefonieren?<3' Ich lege mein Handy zur Seite und meine Mom guckt mich fragend an. Ich antworte ihr nur lächelnd: "Mel." Sie nickt, lächelt ebenfalls und schaut weiter in die Karte.

Nach dem Essen sind wir wieder nach Hause gegangen. Ich rufe Mel gerade an und sie nimmt sofort ab: "Hey, Ami. Was ist los? Wie gehts dir?" "Alles gut.. Ich erzähl dir Morgen was alles passiert ist, ok?", frage ich sie, weil ich ihr das nicht am Telefon erzählen will. "Ja...ja ok, aber dann wirklich! Aber es ist wirklich alles ok?", erwidert sie besorgt. "Ja, soweit ist alles ok. Mach dir keine Gedanken mehr! Wie war dein Tag?", versuche ich das Thema zu wechseln. Sie scheint gemerkt zu haben, dass ich jetzt nicht darüber reden mag und erzählt mir, dass sie heute wieder etwas mit Tom unternommen hat und alles super war. Ich freu mich immer noch so sehr für sie.
Wir haben uns dann noch über ganz viele andere Sachen unterhalten, bis es dann aber schon 23 Uhr ist. Wir verabschieden uns und ich gehe dann auch ins Bett. Es hat gut getan, mich abzulenken. Ich hab nicht mehr viel an meinen Vater gedacht. Er ist schrecklich.
Ich frage mich noch immer, was gestern passiert wäre, wenn Jake und sein Dad nicht aufgetaucht wären. Bei dem Gedanken an Jake musste ich schmunzeln. Es war schon süß, wie er sich um mich gekümmert hat. Es fühlt sich nur komisch an, dass ein fremder Junge den schlimmsten Teil meines Lebens kennt... Er kennt meinen Vater und er weiß, wie er ist, und er weiß, was damals alles passiert ist. Er weißt es nicht so ausführlich wie ich, ich hab es schließlich miterlebt, aber er weiß von dieser ganzen Sache. Davon wusste von meinen Freunden nur Mel etwas. Sonst vertraue ich niemandem so sehr und ich habe es auch nicht nötig jeder x-beliebigen Person meine traurige Lebensgeschichte vorzuheulen. So bin ich einfach nicht. Am liebsten würde ich einfach alles für mich behalten. Aber das ist etwas, was mir meine Mutter mein Leben lang gepredigt hat:

Lasse dich nicht von schweren Dingen innerlich in Stücke reißen. Lasse dich trösten von Menschen, denen du vertraust, Menschen, die du liebst und die dich genauso sehr lieben, und du wirst selbst die schwerste Zeit leichter überbrücken als du je dachtest.

Ich werde diese Worte nie vergessen. Manchmal sagt sie mir das heute noch. Ich bin ihr so dankbar für alles, was sie für mich getan hat und immer noch tut. Obwohl sie so eine schwere Zeit hatte, hat sie mich nie vergessen und war immer für mich. Und das ist sie immer noch. Ich liebe meine Mutter. Auch wenn ich ihr das nicht jeden Tag sage. Sie ist der wichtigste Mensch in meinem Leben und ich möchte sie nie missen müssen...

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