Kapitel 30

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War ich Ryder wirklich so wichtig gewesen?

Ich erinnere mich nur bruchstückhaft an die Zeit nach Deans Beerdigung.

Ganz genau erinnere ich mich daran, wie wir damals vor seinem leeren Sarg standen, denn seine Leiche war in der Arena zurückgeblieben.

Ryder stand vor dem Grab, als ich zu ihm gegangen bin und ihn umarmte.

Dabei habe ich mich nicht getraut ihm in die Augen zusehen.

Obwohl ich wusste, dass er nicht geweint hatte, konnte ich es nicht, denn ich dachte damals zu wissen, was ich dort sehen würde.

Dass er mich mit Verachtung und Hass ansehen würde.

Und dass hätte ich, nachdem ich schon Dean verloren hatte, nicht auch noch ertragen, denn das wäre der Moment gewesen in dem ich auch Ryder endgültig verloren hätte.

Das ich ihm im Endeffekt trotzdem verloren hatte, war mir in dem Moment nicht bewusst.

Mit Miranda als Hilfe sind wir schnell fertig damit, das Haus sauber zu machen.

Ich weiß, dass meine Brüder gleich aufstehen werden, deswegen mache ich ihnen Frühstück und fülle Aidan einen Teller auf, den ich ihm hochbringe.

Er liegt immer noch auf seinem Bett, als ich sein Zimmer betrete und starrt an die Decke.

Seine Augen sind gerötet und er sieht echt fertig aus.

Ich stelle ihm das Essen auf den Nachttisch und verlasse wieder das Zimmer.

Ich gehe nach oben in das Zimmer meiner Mutter, mache noch ein bisschen sauber und beziehe das Bett neu und gehe wieder runter, um den Müll, den die Jungen beim Frühstück fabriziert haben wieder aufzuräumen.

Mason ist noch in der Küche und hilft mir dabei die Geschirrspülmaschine wieder einzuräumen.

"Was machen wir mit Ben, wenn Marc in gefasst hat?" durchbricht er die Stille.

"Ich töte ihn." sage ich mit gleichgültiger Stimme.

Er sieht mich zweifelnd an.

"Bist du sicher, dass du das kannst?"

"Er hat zwei Menschen getötet, die wie Brüder für mich waren. Er hat Miranda, Dean und mich verraten und ist somit auch an Deans Tod schuld. Er muss sterben."

Einen Moment lang starrt Mason mich nur an und nickt.

Mein Handy vibriert in meiner Hosentasche.

"Wenn man vom Teufel spricht." Ein fieses Grinsen breitet sich auf meinen Gesicht aus, nachdem ich die Nachricht gelesen habe.

"Sie haben ihn?"

"Jap." sage ich und das Lächeln wird noch breiter.

Ich tippe kurz eine schnelle Nachricht an Marc und laufe dann hoch zu Aidan.

"Sie haben Ben. Willst du mitkommen?" frage ich ganz außer Atem, nachdem ich die Tür aufgerissen habe.

Er setzt sich schnell auf, springt aus dem Bett, schnappt sich eine Hose, die auf den Boden liegt und zieht sich ein T-Shirt über.

Ich laufe die Treppe voran, runter zu meinem Auto und er folgt mir dicht auf den Fersen.

Nach einer 20-minütigen Autofahrt kommen wir an einer abgelegenen Lagerhalle an.

Ich greife unter den Sitz und ziehe eine meiner Pistolen hervor und verstaue sie in meinem hinteren Hosenbund.

Aidan sieht mich mit großen Augen an und ich zucke bloß mit den Schultern.

Wir steigen aus dem Auto aus und gehen auf die verlassene Lagerhalle zu.

Zwei von unseren Männern sind vor dem Eingang positioniert, beide mit Sturmgewehren in den Händen.

Sie erkennen mich, nicken mir zu und sie lassen uns passieren.

Als wir die Lagerhalle betreten hören wir Stimmen, die von weiter hinten zu kommen scheinen.

Also gehen wir langsam weiter, bis wir eine geschlossene Tür erreichen.

Ich werfe mit Schwung die Tür auf.

In der Mitte des Raumes sitzt Ben an einen Stuhl gefesselt, mit blutüberströmten Gesicht.

Um ihn herum steht Marc, Ryder und noch ein paar andere Männer, die genau wie die an der Tür schwer bewaffnet sind.

Alle wirbeln zu uns herum und richten ihre Waffen auf uns.

Erleichtert lassen sie sie jedoch schnell wieder sinken, als sie uns erkennen.

Ich drehe mich zu Aidan um, der einen erstickten Ton von sich gegeben hat und greife kurz nach seiner Hand.

"Braucht ihr ihn noch?" frage ich Marc und deute auf Ben.

Der schüttelt den Kopf.

Ben hebt beim Klang meiner Stimme hoffnungsvoll den Kopf.

Denkt er wirklich, ich würde ihn verschonen, für das was er getan hat, nur weil wir mal zusammen waren?

Ein leises Lachen entfährt mir.

Damals hätte ich ihn verschont, aber er hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin: Nur noch eine kalte emotionslose Hülle von der Person, die ich früher mal war.

Ich gehe auf ihn zu und während ich ihm näher komme befestige ich den Schalldämpfer an meiner Pistole.

Bei ihm angekommen, hebe ich seinen Kopf an und lächle.

"Wir sehen uns in der Hölle." flüstere ich ihm ins Ohr

In einer Bewegung trete ich einen Schritt zurück, richte ich die Pistole auf seine Schläfe und drücke ab.

Aidan, Ryder und Marc folgen mir aus der Lagerhalle.

Ich lasse mich auf den Boden fallen und starre auf meine Hände.

Ryder lässt sich neben mir zu Boden sinken und zieht mich in seine Arme.

Einen Moment schweigen wir alle, bis Marc die Stille unterbricht.

"Ich werde mich darum kümmern, dass die Leiche verschwindet." Er räuspert sich und dreht sich zu einen seiner Männer an der Tür um.

"Du hättest mich ihn töten lassen sollen." sagt Aidan leise neben mir.

Erschrocken drehe ich mich zu ihm um und starre in seine roten Augen.

"Nein ich wollte nicht, dass du dir das antun musst."

"Er hat MEINEN Bruder getötet. Ich hätte ihn töten sollen."

"Ich weiß." sage ich und verziehe dabei mein Gesicht. "Du hast noch nie jemanden getötet. Ich will nicht, dass du Blut an den Händen kleben hast. Glaub mir, es verändert dich, einen Menschen zu töten und nicht zum Positiven. Deshalb habe ich es getan."

Er zögert einen Moment und lässt dann den Kopf hängen.

"Schon gut." flüstert er.

Ich nehme ihn fest in die Arme und so bleiben wir einen Moment, bis Ryder sich räuspert.

"Ich will euch ja nur ungern unterbrechen, aber ich denke wir sollten langsam von hier verschwinden. Immerhin liegt da drinnen eine Leiche."

Wir rappeln uns vom Boden auf, setzen uns zu dritt in mein Auto und drehen während der Fahrt die Musik auf die volle Lautstärke auf.

Fighting the BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt