Keine Bitte

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Ich nehme den Hund an den Hinterbeinen hoch und klopfe ungläubig gegen die Eisschicht, die sein Fell umschließt. Ist er jetzt tot? Ich hoffe mal ganz stark, dass er noch lebt, weniger weil ich so ein Hundefreund bin sondern weil ich sonst ein ganz schönes Problem habe.
Jamie du bist echt blöd. Ich schaue zu dem Hund für den ich auf einmal Mitleid empfinde. Wie kann man nur so schwer von Begriff sein und nicht erkennen das diese große Box eine Gerfriertruhe ist. Daheim hole ich mir mindestens drei mal am Tag ein Eis und öffne so ein Ding. Ich sehe zur Tür und vergewissere mich, dass sie zu ist. Ich brauche echt dringend einen Plan. Dieser Tag verlangt mir nicht nur ein Fitnessprogramm sondern auch noch Gehirnjogging ab. André denkt ich backe gerade Pommes aber...halt...backen erzeugt Wärme und Wärme lässt Eis schmelzen...das ist es! Ich weiß genau wie verrückt das klingt, aber verzweifelte Situationen fordern nun mal verzweifelte Maßnahmen. "Lust auf ein bisschen Sauna", frage ich den Eisbrocken in dem sich (hoffentlich noch ein lebender) Hund befindet. Begeistert sieht er nicht gerade aus was ja auch nachvollziehbar ist, weil ich ihn gleich wie die böse böse Hexe in Hensel und Gretel in den Backofen schieben werde aber nicht um ein leckeres Mal zu kriegen sondern um meine (Fast-) Beziehung zu retten. André wird wohl kaum mit einer Hundemörderin zusammen sein wollen.

Ich nehme eine Pommespackung, reiße sie auf und nehme die Pommes raus. Anschließend lege ich noch den Hund in die Tüte und gehe in die Küche. Ich packe in wieder aus und lege ihn dann in den heißen Backofen. Taugt schon. Glücklicher Weise kommt keiner in die Küche was ich sehr zu Schätzen weiß.

Nach einer viertel Stunde, als ich fast im stehen einschlafe, zucke ich augenblicklich zusammen als ich ein bellen höre. Ich schaue zum Backofen und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, ich habe es echt geschafft, mein bescheuerter Plan hat funktioniert. Als ich sehe, dass das Fell von dem Hund schon langsam schwarz ankokellt, hole ich ihn schnell heraus. Er bellt mich an und läuft dann in einem so seltsamen Gang zur Tür, dass mich das an einen Slalum erinnert. Ach ja er ist ja besoffen, fällt mir wieder ein. Was macht man mit besoffenen Hunden? Soll ich ihm eine Aspirin Tablette geben oder verträgt er das nicht? Vielleicht sollte ich selbst eine nehmen, das ganze Denken bereitet mir Kopfschmerzen.

Ich gehe wieder zurück zu André, durch die Menge der Menschen, die bestimmt noch nie einen Hund im Backofen geschmort haben. Vorhin ist mir die brillante Idee gekommen den Hund einfach vor sich hinschwanken zu lassen, immerhin habe ich ihn wieder zum Leben erweckt und muss nicht mit dem schlechten Gewissen leben einen Hund ermordet zu haben und nachweisen kann mir auch keiner was (zumindest hoffe ich das). Eigentlich ist das ganze ja auch irgendwie seine Schuld, er hat mich ja auf dem Klo gestalkt.

"Jamie wenn es dir peinlich ist mit mir gesehen zu werden dann sag es mir einfach, statt die ganze Zeit wegzulaufen", sagt André und sieht ein bisschen hilflos aus. "Was? Wenn dann sollte es dir peinlich sein mit mir gesehen zu werden. Immer wenn ich versuche jemandem etwas Gutes zu tun, mache ich es nur schlimmer." Er sieht mich verwirrt an lächelt dann aber. "Ist schon okay wenigstens steckt eine gute Absicht dahinter." Er seufzt und fügt noch hinzu:" Wenn du willst können wir heim gehen. Ich fange mich schon langsam an zu langweilen." Ich nicke erleichtert und unterm gehen nehme ich seine Hand. Ich sehe ihn von der Seite an und bemerke, dass er vor sich hin grinst. Am besten finde ich Annabelles Gesichtsausdruck als wie an ihr vorbei laufen. Tja dann nimmt dieser Tag doch noch ein gutes Ende.

Der nächste sollte aber auch schon wieder stressig beginnen. Ich kann es echt nicht glauben. Um es kurz zusammenzufassen: Ich war gerade im Tierheim und habe mir einen verdammten Hund adoptiert und dass alles nur, weil Diego André erzählt hat, dass ich einen Hund habe der Mayas ziemlich ähnlich sieht. Natürlich war es gestern auf der Party Mayas Hund, aber ich wollte natürlich nicht auffliegen. Und Maya hatte die TOLLE Idee, dass ich, André, sie und Diego uns mit den Hunden im Park Treffen. Und ich habe mich natürlich wieder überreden lassen. Ich hab echt überhaupt keine Ahnung von Haustieren und von Hunden schon gar nicht. Ich hatte mal für zwei Wochen einen Papagei, aber der war so ne doofe Petze, dass ich ihn schnellstmöglich wieder verkauft habe. Ich weiß noch, dass Dad mal ein wichtiges Gespräch mit einer Kundin von ihm hatte, die sehr an einer teuren Imobilie interessiert war. Sie ist zu uns nach Hause zum Abendessen gekommen und Mum hat für uns gekocht. Sie hat die ganze Zeit am Essen rumgenörgelt und war im Allgemeinen hochnäsig. Als sie sich dann entschuldigte um kurz auf die Toillete zu gehen, habe ich zu Dad gesagt, dass die neue Kundin eine hochnäsige Ziege ist (das war eh ein harmloses Schmipfwort). Als die hochnäsige Ziege dann wieder ins Esszimmer gekommen ist, hat der Papagei dann in Dauer Schleife meinen kompletten Satz wiedergeben. Mum hat vor Schreck ihre Pfannkuchen verbrannt und Dad hat versucht denn Papagei zu übertönen indem er über die Vorzüge der Immobilie gesprochen hat. Die Masche hat leider nicht funktioniert. Aber zu unserem Erstaunen ist sie in Gelächter ausgebrochen und hat die Immobilie noch am selben Tag gekauft. Dad ist dann totaler Fan von dem Vogel geworden, was aber nicht sehr lange angehalten hat, weil er jeden als hochnäsige Ziege beschimpft hat, also habe ich ihn verkauft. Natürlich hatte ich auch mal einen Goldfisch, aber mir war damals wohl noch nicht bewusst, dass man Fische füttern muss oder das Wasser wechseln muss. Soweit reichen auch meine Kenntnisse in diesem Gebiet.
Sobald ich aus dem Auto aussteige kann ich Annabelle erkennen, die auf der Wiese eine große Picknikdecke ausbreitet und dabei schon fast mit ihrem Arsch Andrés Gesicht streift. Ich nehme den Hund auf den Arm und stolziere ihnen entgegen. "Hi Jamie!" André winkt mir mit seinem rechten Arm zu und mit dem linken macht er eine Bewegung als würde er eine lästige Fliege verscheuchen, was mir ein Lächeln entlockt.
"Hi!", begrüße ich nochmal alle und geselle mich zu ihnen. Diego sitzt und schreibt an seinem Handy rum und Annabelle zupft Fusel von ihrer Bluse und da hinten kann ich Maya erkennen, die mit ihrem Hund an der Leine auf uns zu kommt...Moment mal...ich bin ihr gestern den ganzen Abend aus dem Weg gegangen und jetzt komme ich einfach her und tue unschuldig oder wie? Ich ärgere mich selbst, weil ich wieder einmal unfähig bin vorher nachzudenken. Weglaufen kann ich schlecht. Ich warte am besten einfach mal ab, ob sie das Thema an schneidet und wenn nicht... also von mir erfährt keiner was.
"Hi Maya", quietscht Annabelle und die beiden begrüßen sich mit einer Umarmung und tauschen gleich Neuigkeiten aus. Okayyyyy. Das wird ja immer besser hier. "André?" "Ja?" "Sind die beiden befreundet?" "Ja, schon seit dem Kindergarten" Ich runzle die Stirn. Maya, die auf die Uni geht und Annabelle, die sich immer sexy präsentiert. Nein, das will echt nicht in meinen Kopf gehen. "Gegensätze ziehen sich an", sage ich als mir das Schweigen unangenehm wird. Er zieht die Augenbrauen hoch, sagt aber nichts. Anscheinend findet er, dass sie genau gleich sind. Jungs können so was eben nicht einschätzen. "Seid ihr jetzt fertig mit eurem Geturtel", motzt Diego die beiden an und Annabelle wirft ihm einen vernichtenden Blick zu. "Ach und wo bleibt dein ach so edler Pudel", fügt er noch hinzu. "Angel ist in meiner neuen Tasche und nur so zur info Jamie, die Tasche ist blau". Sie präsentiert stolz ihre Tasche in der tatsächlich ein Wuschelpudel sitzt und sich in der Gegend umsieht. Ich bin kurz davor ihr die Zunge zu zeigen, allein schon weil sie ihren Hund Angel genannt hat. "Wen interessierts welche Farbe deine bescheuerte Tasche hat", verteidigt Diego mich. "Leute mit Stil, aber wenn ich euch hier so ansehe... André ist der einzige hier, der weiß was ihm steht." "Wenn Stil bedeutet sich wie eine Kopie von Ashley Tisdale zu Kleiden dann weiß ich auch nicht mehr weiter" "Sei einfach Still Diego. Ach weißt du was, der Klügere gibt nach.", verkündet sie lauthals und dann setzt sie sich auf die Picknickdecke und zischt Diego schnell ihre Meinung zu. Von wegen nachgeben. Maya gesellt sich auch noch zu uns und dann stellt Annabelle einen Picknickkorb mit einer rosanen Schleife darauf in die Mitte.
"Das hab ich alles selbst gemacht. Erst was gesünderes, dann ein paar belegte Brötchen und als Nachspeise gibt es Schockomuffins. " " Klingt echt lecker",meint André und Annabelle strahlt während ich meine Hände zu Fäusten balle. "Hast du die Kalorien auch abgezählt?", fragt Maya woraufhin Annabelle nickt" Klar und ich hab auch nur Bio Produkte verwendet" Was sind denn das bitte für Kontroll Freaks? Ich schaue zu Diego, der die Augen verdreht und dann kann ich mich nicht mehr zurückhalten und breche in schallendes Gelächter aus. Diego und André stimmen mit ein und Maya schaut nur säuerlich als hätten wir sie persönlich beleidigt. "Ihr lacht vielleicht darüber, aber mal ehrlich, nehmt mal June als Beispiel. Hätte sie mal die Kalorien gezählt, hätte sie jetzt ganz anders aus geschaut". Ich höre auf zu lachen und versuche Annabelle einen bösen Blick zu zuwerfen, aber das ist echt schwieriger als man denkt. Vielleicht hab ich keine perfekte Model-Figur, aber fett bin ich keineswegs. "Erstens heißt sie Jamie und zweitens finde ich ihre Figur echt super", sagt André und ich könnte gleich dahin schmelzen. "Ja, und außerdem ist sie nicht so spießig wie ihr", sagt Diego und langsam kehrt meine gute Laune wieder zurück.
Ich nehme mir ein paar Brötchen, die mir ein bisschen zu gesund schmecken. Also stopfe ich mich mit Schockomuffins voll. Oh man die schmecken echt gut, aber ich würde eher Gras essen als ihr ein Kompliment zu machen. "Alles in Ordnung?", fragt Annabelle mit hochgezogener Augenbraue und sieht mich spöttisch an. "Ja alles bestens. Warum?" "Du hast gerade so ein komisches Geräusch gemacht" "Die Schockomuffins sind halt nicht so mein Geschmack" Sie lacht. "Und deswegen isst du gerade den dritten" Ich höre auf zu kauen und verziehe den Mund.

Nach dem Diego eine halbe Stunde den Alleinunterhalter spielte, hat Annabelle vorgeschlagen ein Eis vom Kiosk zu holen. Sie und Maya stehen auf und drehen sich dann zu mir:" Kommst du?" Ich zeige auf mich um sicher zu gehen. "Jaa du", sagt Annabelle und verdreht die Augen. Also stehe ich auf und gehe zu ihnen. Wir schlendern über die Wiese bis zum Kiosk und nehmen ein Eis doch als ich wie erwartet zurück zu unsere Picknickdecke gehen will packt mich Annabelle grob an der Schulter wobei sich ihre aufgeklebten Fingernägel in meine Schulter bohren. Ich zucke zusammen und drehe mich zu ihr um. "Autsch", schreie ich,"was soll das " Sie beachtet mich nicht und zieht mich in eine andere Richtung. Ich will mich aus ihrem Griff befreien, aber sie ist ganz schön stark. Maya tut mir nichts, aber wirft mir einen überheblich und triumphierenden Blick zu als ob sie sich diesen Moment schon lange ausgemalt hatte und er jetzt endlich da ist. Sie kann ich ja noch eher verstehen. Ich habe ihr Leid zugefügt und jetzt genießt sie mein Leid. Ich versuche Annabelle mit meinem Fuß zutreten, aber dann zieht sie mich an meinen Haaren weiter und ich kann mich nicht wehren. Als sie endlich stehen bleibt und mich loslässt, schreie ich sie an:" Was soll das, spinnst du jetzt völlig? " Sie lacht, aber ihr Lachen klingt künstlich. "Nein das hat alles einen Grund und der bist du". Sie schubst mich und ich stolpere einen Schritt zurück. "Würdest du mal so freundlich sein und mir sagen was ich getan habe". Ich verschränke die Arme vor der Brust und sehe sie erwartungsvoll an. "Ich erkläre es dir mal. Ich kenne André schon seit dem Kindergarten. Und ich mag mit ihm zusammen sein, schon sehr lange. Ich meine schau ihn dir doch an. Er sieht gut aus und mit ihm kann man echt Spaß haben. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie viele Mädchen auf ihn stehen. Er könnte jede von ihnen haben!", sie streicht sie energisch eine Haarsträhne hinter ihr Ohr bevor sie fortfährt:" Wir haben uns so gut verstanden, einmal waren wir sogar im Kino und bei den gruseligen Stellen hat er immer meine Hand gehalten. Beim Flaschendrehen in der Achten haben wir uns sogar schon mal geküsst. Dann bin ich weggeflogen für einen Schüleraustausch und wir haben uns eine lange Zeit nicht mehr gesehen. Am Anfang hat er mich nicht mal erkannt. Und an dem Punkt bist du aufgetaucht. Und wie er dich ansieht als wärst du etwas ganz besonderes. Dabei bist du nur ein durchschnitts Mädchen. Du bist nicht gut für ihn. Du kennst ihn doch nicht einmal. Und jetzt will ich das du dich nicht mehr mit ihm triffst. Nie wieder. Du verziehst dich aus unserem Leben und zwar jetzt sofort!" Ich muss diese ganzen Informationen erst auf mich wirken lassen. Er hat sie schon mal geküsst. Mir wird schlecht. "Annabelle, es tut mir ja leid, dass ich dir so ein Dorn im Auge bin, aber ich werde André weiterhin sehen. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du mich einfach nur bittest und ich dann gehe" Sie nimmt ihr Handy in die Hand und tippt darauf herum während sie sagt:" An 'Bitten' habe ich auch nicht gedacht. Sie dreht ihr Handy zu mir um und darauf erscheint ein Video. Ein Mann in Damenunterwäsche läuft im Kreis umher und hinter ihm geht die Umkleidekabine in Flammen auf. Nur ist es nicht irgendein Mann, es ist mein Dad. "Weißt du noch wie ich deinen Dad gefilmt habe. Du wirst jetzt sofort gehen und wenn ich dich noch einmal mit André sehe wirst du dieses Video noch am selben Tag im Netz finden" Und ich weiß, dass das diesmal keine Bitte war sondern eine Erpressung.

Danke fürs lesen❤❤❤❤Diesen Teil widme ich ShiningStarsOnSky, die mir mit ein paar Ideen auf die Sprünge geholfen hat. Danke dir!❤❤❤❤

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 01, 2015 ⏰

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Immer Pech für JamieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt