"Du kannst dich auf die Couch setzen. Möchtest du etwas trinken?"
Stumm sehe ich ihn an und schüttele den Kopf, ehe ich mich auf seiner Couch niederlasse. Er sieht mich kurz an und verschwindet in der Küche. Seine Wohnung ist haargenauso geschnitten wie meine: Wohnzimmer als Eingangsbereich, Küchentür auf der linken Seite. Von dort aus gelangt man in Bad und Schlafzimmer. Allerdings ist es ganz anders eingerichtet. Er hat eine größere Couch als ich und keine Deko. Wenige Bücher stehen in einem Regal. Vorwiegend Geschichtsbücher, wie ich von meinem Standpunkt aus erkennen kann.
Ich hebe meinen Blick, als er mit zwei Gläsern Wasser wiederkommt. Als ich auf die Gläser in seinen Händen sehe, fällt mir auf, dass er wieder Handschuhe trägt. Komisch.
Ohne etwas zu sagen, stellt er sie auf dem Wohnzimmertisch ab und setzt sich neben mich.
Es sagt viel über einen Menschen aus, dass er jemandem etwas bringt, obwohl man nichts wollte. Ich mag das.
Meine Atmung hat sich mittlerweile wieder beruhigt und meine Tränen sind einigermaßen versiegt.
"Danke, dass ich hier warten kann. Ich bin übrigens Delilaah." Ich versuche nicht so viel Nettigkeit in meine Worte zu legen. Wenn er es nicht tut, mache ich es auch nicht.
Seinen Blick auf den Boden haltend erwidert er:"Mein Name ist James, keine Ursache." Er wirkt abwesend.
"Hör zu, als wir uns das erste mal gesehen haben war ich komisch. Aber nur, weil ich..."
"Du musst Dich nicht erklären." Jetzt sieht er mir in die Augen.
Es ist ein komisches Gefühl, es fühlt sich an, als würde er mir direkt in die Seele sehen.
"Ich will aber. Ich kannte dich nicht, naja, eigentlich tue ich das immer noch nicht, aber es hätte ja sein können, dass du ein Einbrecher bist." Erst als ich es ausgesprochen habe, merke ich, was ich da gerade gesagt habe und fange an zu lachen. Kein normales Lachen, sondern ein unkontrolliertes, lautes Lachen.
"Ist alles in Ordnung?" James sieht mich sorgenerfüllt an.
Zwischen ausklingendem Kichern antworte ich:"Ich habe dich für einen Einbrecher gehalten, dabei bist du nur mein Nachbar und jetzt wurde bei mir eingebrochen." Ich bin mir dessen bewusst, dass das kein bisschen lustig ist, trotzdem muss ich wieder lachen.
"Aha." Er sieht sehr verwirrt aus, ich komme ihm bestimmt verrückter vor, als ich es eh schon getan habe.
"Sorry, ich bin fertig von der Arbeit und dann noch die Aufregung." Ich wische mir Tränen aus den Augen und greife nach dem Wasserglas vor mir.
"Alles gut. Ich wusste gar nicht, dass du im Diner um die Ecke arbeitest." Er sagt es so, als würden wir uns schon ewig kennen, dabei wissen wir nichts voneinander.
"Woher weißt du, dass ich dort arbeite?" Ich sehe ihn verdutzt an.
Ich habe mit keinem Wort erwähnt, wo ich arbeite. Plötzlich habe ich wieder dieses eigenartige Gefühl, dass ich hatte, als ich ihn kennengelernt habe.
"Deine Uniform, äähh ... Trisha?" Seine Miene wird wieder steif. Wahrscheinlich, weil ich mich mit meinem richtigen Namen vorgestellt habe.
"Achso, ich hatte schon ganz vergessen, dass ich das noch anhabe. Heute war mein erster Arbeitstag. Ich bekomme mein Namensschild noch, Trisha war wohl meine Vorgängerin." Ich sehe ihn offen an, um ihm zu verstehen zu geben, dass es die Wahrheit ist. Sein Gesichtsausdruck verrät mir, dass er es mir nicht so ganz glauben will.
In dem Moment, in dem ich wieder meinen Mund öffnen will, um noch etwas zu sagen, klopft es an seiner Tür. Sein Blick bleibt noch etwas an mir hängen, bis er aufsteht und zur Tür läuft.
Er öffnet die Tür und sofort erhebe ich mich.
Die Beamten fragen mich sofort aus. Wie lange ich hier lebe, ob ich abgeschlossen hatte, ob etwas fehlen würde. Die Tränen steigen mir wieder in die Augen, als ich die Fragen beantworte. James steht mit mir und den zwei Polizisten in meiner verwüsteten Wohnung. Merkwürdigerweise fühle ich mich durch seine Anwesenheit sicherer.
"Sehen Sie ihre Sachen durch und rufen Sie an, wenn etwas fehlen sollte." Damit verabschieden sich die Polizisten und verlassen meine Wohnung. Ich atme tief durch und greife nach einem Bilderrahmen, der vor meinen Füßen auf dem Boden liegt. Das Glas ist ganz geblieben, aber der Holzrahmen ist kaputt. Das Foto zeigt mein 7 jähriges Ich und meinen Vater. Das war kurz bevor er die Diagnose bekam.
"Wenn du noch etwas brauchst, scheu dich nicht davor zu klopfen, egal wie viel Uhr es ist, Okay?" Damit geht auch James auf die Wohnungstür zu. Ich bedanke mich bei ihm und verabschiede mich von ihm.
Meine Wanduhr zeigt 22:17 Uhr an. Wenigstens hängt sie noch an der Wand, denke ich.
Ausgelaugt verschließe ich die Tür und ziehe mich aus. Ich habe mich so auf die heiße Dusche gefreut, als ich Feierabend hatte. Jetzt stehe ich in der Dusche und muss nur daran denken, dass ein Fremder in meiner Wohnung war. Nicht zuletzt wegen der Unordnung, dass auch mein Badezimmer nicht verschont hat.
Als ich fertig geduscht habe, trockne ich mich schnell ab und ziehe mich an. Fertig mit der Welt lege ich mich in mein Bett.
Ich versuche, die herumliegenden Kleider auf dem Boden nicht zu beachten. Der einzige Lichtblick des heutigen Tages ist, dass ich morgen ausschlafen kann. Ich lösche das Licht und schließe die Augen.
Ich versuche mit aller Kraft an etwas anderes zu denken als den Einbrecher. Er war in dieser Wohnung. Das befremdliche Gefühl wird stärker. Also erinnere ich mich daran, dass ich abgeschlossen habe. Doch dann folgt der nächste Gedanke: Ich hatte heute morgen auch abgeschlossen. Sofort schlage ich die Augen auf und springe aus dem Bett. Im Wohnzimmer schalte ich alle Lichter an und sehe mich im Chaos um. Mein Blick fällt auf die Kommode, die neben der Tür steht. Soll ich sie vor die Tür schieben? Würde ich mich dadurch sicherer fühlen? Ich denke nicht.
Was, wenn der Einbrecher nichts klauen wollte, sondern wegen mir gekommen ist... Unwahrscheinlich, immerhin kenne ich hier noch keinen. Aber was wenn er mich auf dem Weg zum Supermarkt bespannt hat und mir nach Hause gefolgt ist.
Es bringt definitiv nichts, mitten in der Nacht solche Szenarien zu erfinden, aufhören kann ich trotzdem nicht. Also mache ich das einzige, was mir etwas Sicherheit bringen würde, auch wenn es mir unangenehm ist.
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Not The Enemy (Bucky FF)
Hayran Kurgu[Bucky Barnes Fanfic] Von ihrem neuen Nachbar kann Delilaah nur träumen, bis in ihrer Wohnung eingebrochen wird. Es fühlt sich gut an, von ihm beschützt zu werden, aber warum trägt er immer diese Handschuhe? Warnings: SMUT