11.

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"Du glaubst nicht, wie gut der Sex war." Ich sehe Liah dabei nicht an, sondern wische seelenruhig über die letzte, dreckige Tischplatte.
"Den musst du mir echt mal zeigen, wenn er so gut aussehen soll!" Liah ist gerade dabei, die Ketschupflaschen aufzufüllen.
Ich habe ihr von dem Einbruch erzählt und natürlich auch von Bucky, nur dass ich weggelassen habe, dass er der Wintersoldier ist, oder eher war.
"Gehst du gleich zu ihm?" Die Klingel, welche angibt, dass Essen bereitsteht ertönt und ich laufe zum kleinen Fenster, hinter dem die Küche ist.
"Oh Gott, nein! Ich bin total verschwitzt und stinke nach Frittenfett. Ich bin mir auch gar nicht sicher, was das zwischen mir und ihm ist und ob er mich überhaupt wieder sehen will."
Ich setze mich an den Tisch zu Liah und greife stochere in meinem Ceasar-Salad herum.
"Hast du nicht gesagt, dass er meinte, du dürfest gerne öffters bei ihm übernachten?"
Sie sieht mich allwissend an und wackelt mit den Augenbrauen.
"Ja, aber dann war er so komisch. Ich lasse ihn einfach auf mich zukommen. Wenn er mich will, soll er es mir sagen."
Meine Uhr zeigt 21:05 Uhr, als Liah und ich uns verabschieden und ich durch die dunklen Gassen New Yorks laufe. Den ganzen Weg über umklammere ich das Pfefferspray in meiner Jackentasche. Endlich an der Haustür des Wohnkomplexes angekommen, entspanne ich mich wieder ein wenig.
Die Treppen hochlaufend erinnere ich mich an meinen ersten Feierabend und was danach war. Unschlüssig stehe ich vor meiner Wohnungstür im 5ten Stock, diesmal ist sie geschlossen.
Auch als ich an der Türklinke rüttele, bewegt sich die Tür nicht. Okay, es ist also noch abgeschlossen. Erst jetzt bemerke ich, dass ich meine Luft angehalten hatte und lasse sie aus meinen Lungen entweichen.
Ich betrete meine Wohnung und sehe mich genau um, es scheint nichts anders zu sein. Gut.
Die Anspannung fällt von meinen Schultern; ich fange wohl langsam wieder an, mich sicher zu fühlen. Das musste ja auch so kommen, ich kann nicht immer bei Bucky klopfen, obwohl nichts ist. Trotzdem kontrolliere ich viermal, ob die Tür abgeschlossen ist.
Nach der Dusche setze ich mich im Bademantel auf die Couch. Ich habe mir einen Eisbecher aus dem Kühlfach genommen und werde den Abend damit ausklingen lassen, einen Film zu sehen. Nachdem ich die Harry Potter DVD in das Laufwerk meines Laptops eingelegt habe, stelle ich ihn auf den kleinen Glastisch vor dem Sofa und lehne mich zurück.
Pötzlich klopft es laut an meiner Tür. Vor Schreck lasse ich den Löffel fallen. Schnell pausiere ich den Film, in der Hoffnung es ist leise genug, sodass der Klopfer denkt, es sei keiner da.
Wieder hallt das kräftige Klopfen durch das Wohnzimmer, danach bewegt sich die Klinke. Die Wanduhr über der Tür zeigt halb 11 an.
"Delilaah, ich bins. Kannst du bitte die Tür aufmachen?" Es ist Bucky.
Völlig fertig mit den Nerven stehe ich auf und schließe die Tür auf.
"Du hast mir einen mega Schrecken eingejagt!", fahre ich ihn an.
Zu meiner Überraschung sieht auch er nicht gerade glücklich aus.
"Du mir auch! Warum sagst du mir nicht, dass du Zuhause bist?" Seine Stimme ist laut und aufgebracht. Macht er mir einen Vorwurf daraus, dass ich mich nicht bei ihm angemeldet habe?
"Muss ich das denn?" Ich stemme die Hände in die Hüften.
"Ich hatte Angst um dich. Was, wenn der Einbrecher dich abgefangen hätte oder so?"
Jetzt ist er leiser geworden. Auch der böse Gesichtsausdruck ist verschwunden, er sieht mich nun traurig an. Daran hatte ich gar nicht gedacht.
Ich greife nach seinem Arm und ziehe ihn in die Wohnung, um die Tür wieder zu schließen.
"Es tut mir leid, ich wusste nicht, dass du dir Sorgen machen würdest."
Ich lege meine Arme um seine Hüften und lege meinen Kopf auf seine Brust. Sofort lege sich auf seine Arme um mich und drücken mich fest an sich.
"Ich schaue gerade einen Film, willst du mitschauen?"
Dadurch, dass er sich Sorgen um meine Person gemacht habe, lehne ich mich mal weit aus dem Fenster und denke, dass er mich mag. Außerdem bin ich viel zu erschöpft, um heute Nacht animalischen Sex zu haben.
"Gerne, welchen schaust du denn?" Endlich hat er sein Lächeln wiedergefunden.
"Harry Potter und der Stein der Weisen."
Meine Arme weiterhin um ihn geschlungen, erwidere ich das Lächeln.
"Okay, das kenne ich noch nicht."
Nun löse ich mich doch von ihm.
"Was? Du kennst doch wohl Harry Potter."
Das glaube ich einfach nicht. Jeder Mensch auf der Welt kennt Harry Potter und hat eine ganz klare Meinung dazu: Entweder man hasst die Filme oder man liebt sie. Bei mir trifft letzteres zu.
"Tut mir leid, aber ich war über 70 Jahre abgeschieden von der Welt. Ich wurde kontrolliert, da hatte ich keine Freizeit um Filme zu schauen."
Er sagt das nicht böse, trotzdem fühle ich mich schlecht.
"Du musst dich nicht entschuldigen, sondern ich. Daran habe ich nicht gedacht."
Er streicht mir eine feuchte Strähne aus dem Gesicht, was mich wieder daran erinnert, wie ich vor ihm stehe: Nur in einem Bademantel bekleidet und ein Handtuch-Turban auf dem Kopf.
"Setz dich schonmal auf die Couch, ich ziehe mir schnell etwas an.", sage ich und setze mich direkt in Bewegung. 
Ich entscheide mich für eine kurze Shorts und ein enges Top, der meine gute Figur in Szene setzt. Mich im Spiegel betrachtend, kämme ich meine Haare durch und lege sie so, dass sie gut aussehen.
Ich werde heute Nacht zwar keinen Sex mit ihm haben, trotzdessen kann ich gut aussehen.
Als ich zurück ins Wohnzimmer komme, sitzt Bucky schon auf der Couch. Ich setze mich neben ihn und starte den Film neu. Gleichdarauf kuschele ich mich in seine starken Arme.

Not The Enemy (Bucky FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt