Liam erwachte wie jeden Morgen noch weit vor Sonnenaufgang. Er brauchte einen Moment, um sich zu orientieren und fand einen schlafenden Marlon, der sich eng an ihn gekuschelt hatte, neben sich. Liam seufzte leise und strich durch Marlons vom Schlaf leicht zerzaustes Haar. Dieser Mann machte etwas mit ihm, das er nicht erklären konnte und das machte ihm Angst.
Liam war ein Einzelgänger, schon seit langer Zeit war er auf sich allein gestellt und hatte sich oder sein Leben nie von etwas oder jemandem abhängig gemacht. Lange betrachtete er Marlon, seine feinen Gesichtszüge und das leichte Lächeln, das seinen Mund umspielte, als Liam über seine Wange strich. „Bitte bleib", hatte Marlon geflüstert und Liam hatte nichts darauf erwidern können. Er hauchte Marlon einen zarten Kuss auf die Stirn, zog die Decke über dessen Schulter, damit er nicht fror und schlüpfte dann leise aus dem Bett.
*~*~*
Das Klingeln von Marlons Smartphone riss ihn unsanft aus dem Schlaf. Desorientiert schreckte er hoch und sah sich suchend im Zimmer um. Er war allein und das schmerzhafte Gefühl von Scham und Verletzung breitete sich in seinem Magen aus.
„Ja", schnappte er ins Telefon, als er den Anruf beantwortete.
„Guten Morgen, Sonnenschein", hörte er Haileys sarkastische Antwort. „Gibt es in Baltimore keinen Kaffee, oder was?"Marlon rieb sich die Augen und seufzte leise.
„Doch", murmelte er. „Ich hatte nur noch keinen."
„Musst du nicht in zehn Minuten auf der Messe sein?", fragte Hailey überrascht und Marlon riss die Augen auf.
„Fuck!", schrie er ins Telefon. „Ich hab verschlafen! Ich ruf dich später an!"
Schnell legte er auf und sprang aus dem Bett. Für eine Dusche war keine Zeit, aber er rief den Roomservice an und bestellte einen Kaffee zum Mitnehmen, den er gleich an der Rezeption abholen würde.Er eilte zu seinem Koffer, suchte das Outfit, das er für heute eingeplant hatte, heraus und zog sich schnell an. Im Badezimmer begann er hastig, seine Haare notdürftig zu stylen, er würde heute leider etwas zerknautscht aussehen.
Und als er gerade seinen Eyeliner perfektionieren wollte, starrte er sein Spiegelbild an. Sein Spiegelbild, das gestern Abend nicht allein hier zu sehen war. Sein Spiegelbild, das, obwohl er den anderen kaum kannte, sich dennoch so nach ihm sehnte. Sein Spiegelbild, dessen Unterlippe verdächtig zitterte und dessen erste Träne den Eyeliner ruinierte.
Schluchzend stützte Marlon sich am Waschbecken ab und kniff die Augen zusammen. Wie hatte er so dumm sein können? Wieso hatte er nachgegeben? Und warum war Liam wieder gegangen?
Marlon atmete tief durch die Nase und zählte langsam bis zwanzig. Nur noch heute. Er würde die Messe hinter sich bringen, seine Sachen packen und aus dieser Stadt verschwinden. Er würde nach Hause nach New York fahren, sich unermüdlich in die Arbeit stürzen und die nächste Kuh, die vor seinem Auto stand, würde er rigoros überfahren. Keine Stopps mehr. Für niemanden. Ab sofort gab es nur noch Marlon und ihn selbst.
Als er seine Augen wieder öffnete, sah er einen entschlossenen Mann, der ihn anblickte. Mit gebrochenem Herzen, aber entschlossen. Und bereit, die Erinnerungen und den Schmerz tief in sich zu vergraben und das Bisschen, was von seiner Würde übrig war, um jeden Preis zu schützen.
*~*~*
Liam saß im Bus nach.. er wusste es nicht. Irgendwo nach Westen. Er hatte Mr. und Mrs. Livingston heute Morgen seine Kündigung überreicht und war nach einem tränenreichen Abschied und nicht aufhören wollendem Flehen doch zu bleiben von Mrs. Livingston aufgebrochen. Er hatte nur seinen Reisepass und seine schwarze Tasche mit seinen wenigen Sachen dabei. Mehr brauchte er nicht.
Er starrte aus dem dreckigen Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft und versuchte nicht daran zu denken, wie es Marlon wohl ging. War er traurig? War er wütend? Liam fragte sich, wie es ihm selbst ging und wollte sich nicht eingestehen, dass er traurig war. Er schüttelte seinen Kopf und beschloss, die Erinnerungen an Marlon Stuart ein für alle Mal aus seinem Kopf zu verbannen.
DU LIEST GERADE
Wechselreiz | ✓
Romance»𝐀𝐧𝐝 𝐜𝐨𝐦𝐞 𝐦𝐨𝐫𝐧𝐢𝐧𝐠, 𝐈 𝐚𝐦 𝐝𝐢𝐬𝐚𝐩𝐩𝐞𝐚𝐫𝐞𝐝, 𝐣𝐮𝐬𝐭 𝐚𝐧 𝐢𝐦𝐩𝐫𝐢𝐧𝐭 𝐨𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐛𝐞𝐝 𝐬𝐡𝐞𝐞𝐭𝐬.« Lange an ein und demselben Ort verweilen, umgeben von ein und denselben Menschen? Das ist nichts für Liam Carter. Er füh...