„Marlon", rief Liam über den brausenden Wind, der an seinen ohnehin chaotischen Haaren zerrte, und legte seine Hand an Marlons Oberarm. „Bitte lauf nicht weg."
Marlon entriss ihm seinen Arm und trat geschockt einen Schritt zurück.
„Nein", erwiderte er mit fester Stimme. „Das ist ja auch dein Job."
Liam trat wieder auf ihn zu, doch Marlon wich weiter zurück. Sein Fuß versank im matschigen Sand, aber das war ihm egal.
„Marlon", sagte Liam flehend. „Ich habe versucht, dich zu finden."Marlon kniff seine Augen zusammen und schüttelte den Kopf.
„Wann? Vor zehn Minuten, als dir eingefallen ist, dass du mich ja nochmal durchnehmen kannst, bevor du dich wieder verpisst?" Seine Worte trieften förmlich vor Sarkasmus. Liams Gesicht glich dem Tag, als Marlon ihm mitten im Nirgendwo eine Ohrfeige verpasst hatte und wenn er ehrlich war, schmerzten diese Worte noch mehr als der Schlag damals.„Nein", erklärte Liam ruhig. „Seit Monaten. Ich hab überall im Internet nach dir gesucht."
Marlon lachte laut auf und versuchte, sich die Tränen, die hinter seinen Augen drückten, nicht anmerken zu lassen.
„Oh, ist das so?", fragte er bissig. „Nun, ich habe keinerlei Nachrichten von dir bekommen, also bist du nicht nur unglaublich egoistisch, sondern auch noch unfassbar dumm, wie es scheint."Liam senkte den Kopf. Er konnte Marlon verstehen. Er verstand, wie sein Verhalten auf ihn gewirkt haben musste.
„Dein Name war in der Zeitung falsch geschrieben", versuchte Liam ihm klarzumachen, doch Marlon winkte nur ab.
„Spar dir das für jemanden, der nicht schon auf dich reingefallen ist", schrie Marlon gegen den Sturm. „Zweimal." Wieder lachte er auf und es klang, als würde er über sich selbst lachen. „Hau einfach ab, Liam. Das kannst du doch am besten."Damit drehte Marlon sich von ihm weg und lief, so schnell es der Wind und der feuchte Sand zuließen, zurück in Richtung Hotel. Liam folgte ihm und da seine Beine etwas länger und kräftiger waren, holte er Marlon kurz vor dessen Terrasse ein und packte seine Hand. Barsch drehte er ihn zu sich herum und hielt ihn an den Schultern fest.
„Ich will aber nicht abhauen", sagte er ernst. Hier oben war es etwas windgeschützter und so klang Liams Stimme unnatürlich laut.Marlon stieß ihn von sich und funkelte ihn wütend an.
„Aber ich will, dass du es tust. Und dass du nie wieder kommst", fauchte er. „Trete mir nie wieder unter die Augen. Ich bin sowas von fertig mit dir!"
Er drehte sich um, stürmte in sein Zimmer und schob die Terrassentür geräuschvoll hinter sich zu, um diese sogleich zu verriegeln und den Vorhang zuzuziehen.Liam stand wie ein begossener Pudel am Rand der Terrasse und starrte auf seine Reflexion in der Fensterscheibe.
Das lief schlimmer als erwartet, dachte er bei sich.*~*~*
Marlon war betrunken. Kurz nachdem er Liam von sich und hoffentlich auch aus seinem Leben gestoßen hatte, hatte er sich über den Roomservice eine Flasche Gin, eine Flasche Tonic und eine Gurke bestellt. Die Ginflasche war noch zu gut einem Viertel gefüllt, die Tonicflasche war leer und die Gurke unangerührt. Wozu sich mit dem Gemüse aufhalten? Marlon war rotzevoll. Er saß auf dem Boden vor seiner Terrasse, starrte auf die geschlossenen Vorhänge und prostete ihnen zu.
„Auf den besten Sex meines Lebens", lallte er. „Zweimal. Und auf Liebe auf den ersten Blick. Und auf den zweiten."
Er rollte theatralisch mit den Augen und stand schwankend auf, nachdem er sein Glas geleert hatte.
„Hui", machte er angeschwipst und kicherte. „Vielleicht hab ich einen Schluck zu viel genommen."Er zog vorsichtig den Vorhang zur Seite, linste durch die Scheibe, doch inzwischen war es draußen dunkel und Marlon konnte nur bis zum Rand seiner Terrasse sehen, bis dorthin, wo das Licht aus seinem Zimmer hinschien. Von Liam war nichts zu sehen, also zog er die Terrassentür auf und atmete die frische Luft ein.
Der Sturm hatte nachgelassen und das Rauschen der Wellen drang nur leise nach hier oben. Marlon zog seinen Bademantel, den er seit heute Mittag trug, aus und ließ ihn achtlos von seinen Schultern rutschen. Er fand, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt für ein Bad in den Wellen war. Er hatte es noch nie gewagt, nachts allein im Meer schwimmen zu gehen. Vielleicht lag das auch daran, dass er in New York nicht oft die Gelegenheit dazu bekam.
Kichernd stolperte Marlon über den Terrassenrand in den feuchten Sand und taumelte leicht. Unbeholfen zog er sich seine Boxershorts aus, denn er war tatsächlich nur so zu Marco gegangen. Dieses ganze An- und Ausgeziehe war ohnehin total überflüssig und die weichen, weißen Hotelbademäntel die beste Erfindung seit es Wellness gab.
Marlon ließ seine Boxershorts sorglos neben sich in den Sand fallen und seufzte laut. Wie gern hätte er so etwas mit Liam gemacht. Oder überhaupt mit irgendjemandem, aber wenn er ehrlich zu sich selbst war, doch am liebsten mit Liam.
„Aber du musst dich ja in ein Arschloch verlieben", lallte Marlon traurig zu sich selbst und ging die Düne über den Sand nach unten.Sein Fuß blieb an etwas Großem hängen und Marlon stolperte, konnte mangels vorhandener Koordination nicht rechtzeitig abbremsen und landete unsanft im Sand. Prustend versuchte er, den Sand, der an seinen Lippen klebte, loszuwerden und klaubte unbeholfen mit seinen Fingern an seinem Gesicht herum.
„Scheiße", brummte er volltrunken. „Nicht mal gehen kann ich.."
„Marlon?", lallte der große Brocken, über den er gestolpert war und erst jetzt erkannte Marlon schemenhaft Arme und Beine daran. Der Brocken war ein Mensch und er kannte seinen Namen.„Marlon", wiederholte der Brocken und bewegte sich langsam auf ihn zu. „Bissu das?"
Marlon starrte die Silouette des kriechenden Mannes an und begann leise, wie ein Wahnsinniger zu kichern. Er konnte nicht viel erkennen, aber die Stimme reichte, um zu wissen, wer da - ganz offensichtlich ebenso betrunken wie er - auf ihn zukroch. Das Kichern ließ genauso schnell nach wie es gekommen war.„Was hast du vor, Liam?", seufzte Marlon müde. Er war dieser ganzen Situation einfach nur müde. „Willst du mich wieder ficken und mit gebrochenem Herzen zurücklassen? Ein drittes Mal?"
Marlon lachte traurig auf. „Nur zu. Und ich bin bestimmt so dumm und lasse es wieder zu. Nackt bin ich ja schon." Er ließ sich nach hinten in den Sand fallen und starrte an den schwarzen Himmel. Er war einfach müde.
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Romance»𝐀𝐧𝐝 𝐜𝐨𝐦𝐞 𝐦𝐨𝐫𝐧𝐢𝐧𝐠, 𝐈 𝐚𝐦 𝐝𝐢𝐬𝐚𝐩𝐩𝐞𝐚𝐫𝐞𝐝, 𝐣𝐮𝐬𝐭 𝐚𝐧 𝐢𝐦𝐩𝐫𝐢𝐧𝐭 𝐨𝐧 𝐭𝐡𝐞 𝐛𝐞𝐝 𝐬𝐡𝐞𝐞𝐭𝐬.« Lange an ein und demselben Ort verweilen, umgeben von ein und denselben Menschen? Das ist nichts für Liam Carter. Er füh...