Erster Mord

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Alec träumte und Alec träumte selten. Aber die Begegnung mit seinem Onkel brachte längst vergessene Erinnerungen bei dem Jungen zum Vorschein. Seine erste Begegnung mit dem britischen Geheimdienst zum Beispiel.

Der rotblonde Junge war damals nicht einmal ganz 6 Jahre alt. Seine Eltern hatten sich getrennt. Er hatte den Streit mitbekommen. Den ständigen Streit. Alecs Mutter war der Reichtum und der Luxus nicht genug, sie wollte in der Öffentlichkeit stehen. Als Frau eines Killers nicht unbedingt das beste.

Sie reiste am selben Tag ab, ohne sich von ihrem Sohn zu verabschieden. Alec realisierte es anfangs nicht und fand es einfach cool das sein Dad auf einmal jede freie Sekunde mit ihm verbrachte.

Yassen Gregorovich zeigte keine Gefühlsregung zur Trennung seiner Frau. Zeigte er nie. Außer wenn der Grund sein Sohn war. Da konnte Yassen sogar lachen. Aber wehe jemand kam seinem Sohn falsch.

Der Junge hatte schnell begriffen das egal was er tat und egal was er erzählte, sein Dad stand immer hinter ihm. Yassen wusste wenn sein Sohn log. Aber er zeigte ihm jede Sekunde, dass er 120% für ihn da war.

War Yassen zu einem Auftrag in Australien gerufen worden und Alec zog sich auch nur einen Splitter ein, Yassen kam mit dem nächsten Flieger nach Hause.

Er wusste das Alec seine einzige Schwachstelle war, weshalb er seinen Sohn schon als kleines Kind in allen möglichen Sachen gefördert hatte. Egal ob Sprachen, Kampfkunst, Snowboard fahren. Er hatte seinem Sohn alles beigebracht damit er keine Schwachstelle blieb. Er beschützte seinen Sohn immer, aber Yassen wusste, dass Alec auch alleine überleben konnte.

Und das war am Abend der ersten Begegnung sein großes Glück.
Es waren 5 Monate seit der Trennung vergangen.

Yassen hatte den Nachmittag zusammen mit Alec im Moskauer Zoo verbracht. Sie blieben bis zur Fütterung am Abend und fuhren anschließend nach Hause.

Die Villa des russischen Profikillers hatte damals nicht so einen hohen Sicherheitsstandard wie 8 Jahre später. Ein hoher Eisenzaun umschloss das Grundstück, auf welchem sich die Villa, zwei Schwimmbecken, eine kleine Landebahn, ein kleiner Wald, hekta große Wiesen und Gärten und eine Tiefgarage befand. Ebenso ein Gebäude zur Unterkunft der Sicherheitsleute und Angestellten.
Jeder dazu bereit sein Leben zu opfern.

Der rotblonde Junge war auf dem Weg eingeschlafen und wurde von seinem Vater ins Bett getragen. Yassen zog seinem Sohn einen Pyjama an und deckte ihn liebevoll zu, ehe er das Kinderzimmer seines Sohnes verließ und sich darüber informierte, was am Tag so passiert war.

Abseits der Villa. Im Schatten der Lampen, machten sich Männer in kompletter Schutzmontur daran den Zaun zu zerstören und eine Öffnung zu bauen. Sie hatten Maschinengewehre und unterhielten sich auf englisch.

Die Gregorovichs bekamen noch nichts davon mit. Yassen trank gemütlich seinen Tee und las die Zeitung als er von draußen einen Tumult wahrnam. Ein Schuss ertönte und sofort war Yassen Gregorovich hell wach. Er wusste aus welcher Waffe gefeuert wurde. Und es war keine die seine Leute benutzten.

Der Rotschopf nahm sich eine Waffe aus dem Schrank und folgte den Schüssen nach draußen. Allein auf dem Weg vom Wohn- zum Poolhaus, erschoss er drei der Briten. Er hätte wissen müssen was los war. Aber er hatte seine Frau und ihren Bruder unterschätzt.

Erst als draußen alles ruhig war und er durch ein Mikrofon die Stimme von Alan Blunt hörte, wusste er was eigentlich los war. Die Leute sollten ihn ablenken.
Sie wollten Alec nach London holen.
Er hätte mit einem Sorgerechtsstreit gerechnet, aber niemals mit soetwas.

Doch es war zu spät. Als Yassen ins Haus lief, waren dort bereits alle Türen offen und die Zimmer durch sucht. Zum ersten Mal spürte der sonst so kalte Russe Angst in sich. Was wenn er zu spät war?

Er kam dem Zimmer seines Sohnes immer näher. Fußabdrücke waren auf dem Boden zu sehen und vor der Zimmertür.. Eine dunkle Pfütze. Als Yassen das Licht an machte, erkannte er Blut statt einer Pfütze. Er traute sich nicht ins Zimmer zu sehen...aber er musste.

Sein Blick folgte der Blutspur bis sie in einem leblosen Körper endete. Es war ein Mann. Todesursache, ein Pfeil genau in der Mitte seiner Augen. Neben ihm lag noch ein Mann mit dem selben Schicksal.

Als Yassen seinen Blick hob, sah er das leere Bett seines Sohnes. Wo war Alec?
Er suchte das Zimmer ab, doch fand nichts. Keine Spur seines Sohnes.

Auch in den anderen Zimmern kein Lebenszeichen. Mittlerweile hatten die anderen das Loch im Zaun repariert und sich um die Toten gekümmert. Alec blieb verschwunden.

Irgendwann ging er davon aus, daß sie ihn mitgenommen hatten. Eine Mischung aus Wut und Trauer machte sich in ihm breit. Alec war alles was ihm jemals wichtig war. Wieso er.

In dem Moment in dem der Rotschopf sich dafür entschied, seine Sorgen in Vodka zu ertrinken, hörte er ein für ihn unbekanntes Geräusch. Wie ein Scheppern. Als würden rhythmisch Töpfe auf einen Teppich fallen.

Er zweifelte an sich, doch getrunken hatte er noch nichts.
Das Scheppern verstummte, dafür gab es einen Knall. Nicht wie ein Schuss. Wie eine Motorhaube die herunterfällt.

Was Yassen nicht wusste, war das Alec sich, nachdem die beiden maskierten fremden Männer in seinem Zimmer eingebrochen waren und er sich gewehrt hatte, in den Lüftungsschacht geklettert war und nun, da alles still war, den Ausgang suchte.

Er fand jedoch keinen offenen Ausgang. Weswegen er bis heute Angst vor sehr engen geschlossenen Räumen hatte.
Alec setzte sich an eines der verschlossenen Gitter und rief solange nach seinem Vater, bis dieser ihn da raus geholt hatte.

Alec hatte Angst Ärger zu bekommen, weil er die Waffe mit der er die beiden Männer getroffen hatte, zuvor aus dem Waffenlager geklaut hatte. Es war eine Armbrust perfekt für ihn ausgearbeitet. Aber nichts fürs Kinderzimmer.

Doch Yassen war insgeheim froh das Alec sie mitgehen ließ, wer weiß was sonst passiert wäre. Die folgenden Nächte, bis zum Abschluss der neuen Sicherheitsvorkehrungen, verbrachte Alec bei seinem Vater.

Und ganz ehrlich, am Ende wollte er gar nicht mehr in sein Zimmer. Denn Yassen, erzählte ihm jeden Abend eine Geschichte, die er schon von seiner Mutter erzählt bekam und machte dazu Schattenspiele. Das Alec zwei Menschen getötet hatte, realisierte er erst später.

Trotzdem hatte er niemals das Bedürfnis von seinem Vater wegzusein. Im Gegenteil, diese Aktion bekräftigte ihn nur noch mehr bei seinem Dad zu bleiben und die andere Seite der Familie zu verachten.

Good Killer [abgeschlossen] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt