11. Ohne Sie

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Yukine POV

Wieso mussten wir gehen? Wieso mussten wir den Schrein verlassen? Wieso musste ich Yumeko verlassen? Auf all diese Fragen bekam ich natürlich keine Antworten. Jeden Tag dachte ich darüber nach, was passiert sein konnte. Yato sagte mir nichts. Er stellte mich vor vollendete Tatsachen und das passte mir überhaupt nicht. Ich hatte nichtmal die Möglichkeit gehabt mich bei Yumeko zu entschuldigen. Dafür, dass ich einfach weggerannt war, weil ich das blöde Mahl gesehen hatte. Das Mahl, was sie zeichnete, weil sie mir das Leben rettete.

Jede Sekunde, dachte ich an Yumeko. An ihre weichen, weißen Haare, die ihr in langen Locken über den Rücken fielen. An ihre Stimme, die für mich wie die schönste Musik überhaupt klang. Und an ihre Augen. Diese strahlend roten Augen. Sterne. Ihre Augen strahlten wie die Sterne am Himmel. Wenn es dunkel war und ich hatte Angst, dachte ich einfach an ihre Augen und es war so, als würde sie mir den Weg weisen.

Immer mal wieder, spürte ich ein heftiges Stechen in meiner Brust. Es wurde jeden Tag mehr und stärker. Manchmal konnte ich einige Sekunden nicht atmen, solche Schmerzen hatte ich. Ich wusste, dass etwas mit Yumeko nicht stimmte. Aber nachdem Ryu mich aus dem Schrein geschmissen hatte, hatte ich mich nicht mehr getraut hin zu gehen. Yumeko hatte geschrien. So einen verzweifelten Schrei hatte ich noch nie gehört. Ryu hatte geweint und so wie er aussah, hatte er viel geweint. Ich wollte unbedingt wissen wieso.

Ich war so verdammt müde. Yato und ich saßen gerade wieder vor dem Schrein von Tenjin. Wir redeten nicht wirklich viel miteinander. Nur das Nötigste. Ich hielt das alles nicht mehr aus. Wieder spürte ich dieses Stechen in der Brust und ich krampfte mich etwas zusammen. Als es wieder aufhörte, seufzte ich schwer und lehnte mich an die Kiste hinter mich.

„Yukine? Alles in Ordnung?" ich schloss kurz die Augen. „Nein. Nichts ist in Ordnung." ich stand auf und stellte mich in den Regen. Er prasselte auf mein Gesicht und ich schloss die Augen. Ich sah Yumeko's sanftes Lächeln vor mir. Neben mir vernahm ich eine Bewegung und als ich meine Augen öffnete, erkannte ich Yato, der neben mich getreten war.

„Was ist los, Yukine?" seine Stimme war ernst, aber leise. Es machte mich wütend, dass er diese Frage überhaupt stellte. „Meinst du das ernst? Wieso mussten wir gehen?" Yato sah mich an und machte keine Anstalten mir zu antworten. „Was ist das zwischen dir und Yumeko?" ich sah ihn kurz erschrocken an, wandte meinen Blick aber schnell wieder ab. „Ich weiß nicht was du meinst." er seufzte und strich mit seinen Händen durch sein Gesicht. „Yukine, ich bin nicht so blöd wie du manchmal denkst. Sag mir was du für sie empfindest. Es ist wichtig." das konnte ich nicht. Oder? Ach, scheiß drauf.

„Was ich für sie empfinde? Wenn du nicht so blöd bist, solltest du doch von selber drauf kommen oder? Mussten wir deswegen gehen? Weil wir uns näher gekommen sind?" ich kochte vor Wut. „Yukine, so einfach ist das nicht." ich schnaubte. „Ist es jetzt etwa ein Verbrechen sich zu verlieben? Du willst wissen was ich empfinde! Pass auf, ich erzähl es dir! Ohne sie bin ich nichts. Wenn sie nicht bei mir ist, bin ich mutlos. Seit wir sie verlassen haben, bin ich so unfassbar einsam und ich habe das Gefühl, das Glück hätte mich verlassen. Es ist grausam nicht bei ihr zu sein. Wenn sie mich ansieht oder mich berührt, bleibt mein Herz für eine kurze Zeit stehen, um im nächsten Moment in doppelter Geschwindigkeit weiter zu schlagen. Seit wir gegangen sind, fühle ich keine Wärme mehr in mir. Wieso? Wieso ist es so schwer? Ohne sie bei mir, bin ich verloren."

Yato POV

Wow. Yukine weinte und schluchzte neben mir. Er tat mir so leid. Was hatte ich getan? In dem Moment fühlte ich mich so schlecht und schuldig. Ich hatte zwei sich liebende Seelen auseinander gerissen. Und das nur, weil ich egoistisch war. Konnte man ihn vielleicht umgehen, diesen Vertrag, den ich vor über 1000 Jahren eingegangen war? Ich musste es versuchen. Für Yukine und für Yumeko.

Ich legte meine Hand auf die Schulter meines Shinkis und drückte diese leicht zum Trost. Er sah mich gequält an. „Yukine? Komm. Wir gehen Yumeko und Ryu besuchen." seine Augen weiteten sich. „Aber... Ryu hat gesagt-." „Mir doch egal, was der Schnösel sagt." und schon hatte ich uns teleportiert.

Als wir bei den schönen Sakura Bäumen ankamen, blieben wir stehen und starrten zu dem uns bekannten Schrein. „Yukine? Warte dort drüben kurz, ja?" ich zeigte auf eine Klippe und er nickte. Ich lehnte mich an einen der Bäume und rief Ryu an. Der maulte erstmal rum und so wie es sich anhörte, stand es nicht gut um meine kleine Schwester. Wir legten auf und ich wartete.

Es dauerte nicht lange, bis ich ein Geräusch vernahm. Yumeko kam, von Ryu gestützt, aus dem Schrein gestolpert. Sie sah schlecht aus und sie konnte sich kaum auf ihren Beinen halten. „Yukine!" der Junge zuckte heftig zusammen und wirbelte herum. Er starrte sie nur an und bewegte sich nicht. Yumeko stieß sich von Ryu ab und stolperte in Yukine's Richtung. Kurz bevor sie ihn erreichte, verlor sie den Halt und fiel auf den Boden.

Ryu stellte sich zu mir. „Er will sich gar nicht umbringen oder?" ich schüttelte mit dem Kopf. „Hilfst du mir?" er nickte entschlossen. „Natürlich. Gib mir einfach ein Zeichen." ich nickte, während ich die beiden, mit gequältem Herzen, beobachtete.

Forbidden LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt