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Von dieser Entscheidung war ich selbstverständlich nicht wirklich angetan aber dieser Bengel schien sich nicht mehr davon abbringen zu lassen und ging einfach so an mir vorbei, als sei es bereits beschlossene Sache.

"Das wirst du nicht tun!" rief ich ihm knurrend hinterher und hastete ihm gleich nach.

"Ihr könnt nicht alleine dahin. Das könnte gefährlich werden." unbeirrt von meinem Worten, ging Jungkook zu den Pferden hinüber, um sie schon einmal für den Ausritt zu satteln.

Ich ballte verärgert die Fäuste zusammen. "Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen. Ich bin gefährlich und nicht die Menschen. Sie sollten mich lieber fürchten!"

"Ja genau das ist es!" entgegnete er laut und unterbrach dann sein Tun um sich mir zuzuwenden. Seine dunklen Augen strahlten pure Entschlossenheit aus.

"Menschen fürchten Dinge die sie nicht kennen und das was sie fürchten wollen sie vernichten. Auch wenn ein einzelner Mann euch körperlich nichts anhaben kann, dann werden sie halt eine andere Möglichkeit finden um euch zu schaden. Ihr alleine könnt nichts gegen sie ausrichten."

"Ach und du etwa schon?" ich schnaubte missbilligend und verschränkte die Arme vor der Brust. Vermutlich sah ich gerade aus wie so ein störrisches Kind — aber es war mir egal.

"Ich will nur auf euch aufpassen und verhindern das euer Temperament mit euch durchgeht und ihr womöglich etwas tut, was ihr später vielleicht noch bereuen könntet."

"Ich bereue nie etwas!"

"Seit nicht so stur!"

"Ich bin nicht stur."

"Doch seit ihr!"

Und schon wieder hatten wir uns in den Haaren.

Obwohl Jungkook so eine sanfte Seele zu besitzen schien, konnte er mich erstaunlich gut zügeln. Etwas was noch nie Jemand vor ihm zuvor geschafft hatte, selbst Namjoon nicht.

"Noch ein Wort und ich saug dir dein Blut aus!" es war das Letzte was mir noch einfallen wollte aber Jungkooks Blick blieb unbeeindruckt. Es brachte mich zur Weißglut.

In aller seelenruhe sattelte er die Pferde zu Ende und schwang sich anschließend hoch. Mit einer auffordernden Gestik deutete er auf das zweite Pferd, woraufhin ich ein unzufriedenes Knurren von mir gab. Ich sagte nichts mehr, sondern setzte mich einfach auf.

Namjoon, der alles vor dem Eingang aus hatte mitverfolgen können, war sprachlos.

Sprachlos darüber wie Jungkook sich mir gegenüber verhalten durfte und sprachlos darüber das ichs einfach so duldete.

Aber ich wusste ja selbst nicht wieso ich mir von einem Jüngling wie ihm etwas vorschreiben ließ. Ich schob es einfach auf meine momentane Verfassung und der Schwäche die mich seit einiger Zeit begleitete.

Mit erhobenen Hauptes griff ich nach den Zügel und trapte anschließend an Jungkook vorbei, als wäre ich der Fürst höchstpersönlich.

"Kein Wort. Zu Niemanden." lautete mein strenger Befehl, den der Schwarzhaarige nur mit einem leisen Summen zur Kenntnis nahm.

"Du tust nichts voreiliges." fügte ich hinzu, was ihn erneut summen ließ.

"Und antworte mir gefälligst vernünftig, oder —!"

"Ihr saugt mir mein Blut aus?" das grinsen was er mir daraufhin zuwarf, war eigentlich viel zu bezaubernd und dennoch strafte ich ihn mit einem eisigen Blick.

"Du bist ganz schön unverschämt. Vergiss nicht wer dir ein Dach über den Kopf geschenkt hat."

"Natürlich, wie könnte ich das nur vergessen? Ich bin euch zur tiefer Dank verpflichtet und genau deswegen begleiten ich euch auch. Um auf euch Acht zu geben."

Dazu sagte ich nichts mehr. Starr sah ich gerade aus und tat so als würde ich mich nur noch auf den Weg konzentrieren. Dann herrschte Stille - eine Stille die jedoch nicht lange anhielt.

"Wisst ihr woran ihr mich erinnert?"

Ich seufzte. Ich bereute es jetzt schon ihn mitgenommen zu haben.

"An einen Elfen?" fragte ich mit hochgezogener Augenbraue und mein Blick musste in diesem Moment ja äußerst lustig gewesen sein, denn Jungkook brach kurz darauf in lautes Gelächter aus.

"Ja das auch aber eigentlich wollt ich etwas anderes sagen." lachte er und ich wollte ihn bereits wegen seinem unerhörten Verhalten zurechtweisen, als das Lachen sich in ein sanftes Lächeln änderte. Mein Herz zog sich verdächtig zusammen.

"Ihr seit wie ein spiegelglatter See. Ruhig, still und unnahbar — aber nur an der Oberfläche."

Normalerweise hätte ich ihn für so einen lächerhaften Vergleich sofort ausgelacht aber hingegen all meiner Gewohnheiten, blieb ich still.

"Was befindet sich denn in dem See?" fragte ich nach gewisser Zeit und versuchte meine Stimme völlig belanglos klingen zu lassen.

Er sollte ja nicht auf dumme Gedanken kommen und denken ich wäre wirklich an seiner Meinung interessiert.

"Leben."

"Leben?" wiederholte ich skeptisch und er nickte sachte. Verträumt blickte er zu den Baumkronen hinauf und stieß ein tiefes Seufzen aus.

"Ihr habt bestimmt schon sehr viel in eurem Leben gesehen. Dinge erlebt die schön waren aber auch garantiert viel Grausamkeit. Ich glaub ich versteh wieso ihr so seit wie ihr seit."

"Ach tust du das?" Jetzt war es an mir zu Lachen. Wenn er nur wüsste.

"Ihr habt zwar eine harte Schale aber darin befindet sich ein weicher Kern. Vielleicht hab ich deswegen keine Angst vor euch? Ihr seit gefährlich aber kein Monster."

"Jungkook du bist noch viel zu jung. Du weißt nichts vom Leben und schon gar nichts von meinem." erwiderte ich kühl und plötzlich schien sich die Schlucht zwischen uns beiden wieder vergrößert zu haben.

Ein kühler Wind wehte plötzlich zwischen den Bäumen hindurch, riss an den Ästen und ließ die Blätter herumfliegen.

Bedrückt senkte er den Blick. "Ihr habt womöglich recht..." meinte er dann leise und drehte den Kopf fort, um mir damit den Blick in sein Gesicht zu versperren.

Ich seufzte resigniert, als mir bewusst wurde wie taktlos ich reagiert haben musste. Jungkook hatte ein Leben eines Lustknaben geführt. Weiß Gott wann sein junger Geist zum ersten Mal geschändet wurde. Diese Art der Gewalt war grausam und auf einmal verspürte ich den tiefen Drang mich noch sofort für meine unüberlegten Worte zu entschuldigen.

"Hör zu —" fing ich an aber wurde plötzlich durch das Laute Wiehern meines Pferdes unterbrochen. Es bäumte sich auf und ließ die Vorderhufe durch die Luft wirbeln. Auch Jungkooks Pferd scheute heftig und schüttelte wild mit dem Kopf. Wir konnten uns gerade noch so im Satteln halten. Nur mühsam schafften wir es die Pferde wieder unter Kontrolle zu bekommen.

"Was ist auf einmal los?" verwirrt über dieses unübliche Verhalten, strich Jungkook dem Pferd sanft durch die Mähne.

Der Nebelschwaden der sich um uns gebildet hatte, ließ die Pferde unruhig mit den Hufen scharren. Auch ich war für einen kurzen Moment ahnungslos und verwirrt.

Alles um uns herum wirkte plötzlich beängstigend still, als traute sich kein einziges Tier mehr hervor. Ich verengte die Augen und versuchte zu horchen aber da war nichts. Zumindestens nichts was gehört werden wollte.

"Wir reiten weiter." sprach ich ernst und trieb das Pferd sofort wieder weiter. Jungkook folgte mir.

"Wisst ihr wieso die Pferde plötzlich so reagiert haben?" fragte er und sah sich vorsichtig um.

Ich antwortete ihm nicht und erst als wir den Wald verlassen hatten, sprach ich meine Vermutung aus.

"Der Alpha Wolf."





𝐈𝐌𝐌𝐎𝐑𝐓𝐀𝐋 ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt