Kapitel 58

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"Aykan redet Zuhause nicht darüber.", erzählt mir Alara, die mit Cahit zu Besuch gekommen ist. "Aykan hat doch nie wirklich gerne über seine Familie geredet. Er hat es gemieden. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass er jemals in unserer Anwesenheit geweint hat."

"Er geht mir aus dem Weg.", schluchze ich und wische meine Tränen gleich daraufhin weg. "Er hasst mich."

Alara schnaubt auf. 

"Asya, du weißt doch, dass er emotional aufgewühlt ist. Wenn man ihn jetzt fragen würde wo links und wo rechts ist, würde er beides vertauschen. Das war einfach zu viel für ihn und er braucht ein wenig Zeit, um das zu Ganze zu verarbeiten. Wie lange ist in den Sternen geschrieben. Vielleicht steht er ja gleich vor der Haustür?", versucht Alara mir deutlich zu machen.

"Er hat mich aber so angeguckt wie er mich noch nie angeguckt hat Alara.", erzähle ich ihr, wodurch die Erinnerung seines matten Blickes mir gegenüber hervorsticht.

"Aykan hat Serkan umarmt. Das zeigt doch wie verwirrt er war. Allein, dass er gerade Serkan dabei hilft die Sachen zu entsorgen, sagt alles. Dafür sind nicht einmal Worte nötig.", versucht sie mich weiterhin aufzumuntern. "Es wird alles wieder gut, vertrau mir." 

Aykan geht mir seit der Beerdigung aus dem Weg. Das ist jedoch nicht das einzige Problem. Er frisst wieder alles in sich hinein und ich weiß, dass ich die einzige bin, bei der er vollständig er sein kann. 

Er hat noch nie bei seinen zwei besten Freunden geweint, die er als Familie bezeichnet und das sagt viel über ihn aus.

Ich will ihn einfach nur in meine Arme nehmen, seinen Duft in großen Zügen inhalieren und seine Wärme spüren. Ich spüre und sah ihm die letzten Tage an, dass er es ebenfalls braucht.

"Außerdem ist vergessen rein menschlich und das kann jedem passieren. Du meintest auch, dass es schon länger her ist. Woher solltet ihr denn wissen, dass seine Eltern nicht mehr lange unter uns sind? Das konnte nur Gott wissen.", fügt Alara hinzu.

Genau deswegen sollte man auch nicht den Tag beenden ohne jemandem verziehen zu haben.

Ayla konnte es wahrscheinlich nicht hören, doch ich hoffe sie weiß, dass ich ihr verziehen habe.

"Das war in dem Zeitraum wo ich angefangen habe Gefühle für ihn zu entwickeln. Ich war durcheinander und dann war zeitgleich die Kooperation mit Karan, danach passierte alles auf einmal und so schnell. Ich bezweifle, dass das ein Albtraum ist. Das ist aber keine Entschuldigung dafür, dass ich es vergessen habe."

"Du brauchst keine Entschuldigung für nichts, Asya Derman!"

Derman?

Verwirrt schaue ich sie an.

"Tut mir leid ist mir ausgerutscht. Ist ein wenig Gewohnheit, weil Burak und ich seitdem du da bist, dich mit seinem Nachnamen betiteln. Ist kindisch ich weiß.", lacht sie. "Wobei ich nicht weiß ob du jetzt Aksoy oder Kartal mit Nachnamen heißen möchtest. Das spielt aber keine Rolle, weil es nicht mehr lange dauert bis ihr heiratet und du Asya Derman heißt."

Ihre Worte hinterlassen ein leichtes Schmunzeln auf meinen Lippen. Wenn Aykan mir verzeiht, dann wahrscheinlich schon.

"Egal, weichen wir nicht vom Thema ab. Stellen wir uns vor was gewesen wäre, wenn du es nicht vergessen und ihm gesagt hättest. Wie hätte Aykan reagiert?", verlangt sie eine Antwort von mir, obwohl sie die schon längst kennt.

"Aykan hätte es seiner Mutter höchstpersönlich gesagt, dass es viel zu spät ist.", überlege ich. "Er wäre sauer gewesen und hätte sie weiterhin ignoriert."

"Und das bedeutet, dass ihr jetzt am selben Punkt gewesen wärt. Es ändert nichts an der Tatsache. Natürlich können wir es nicht einhundert prozentig wissen, aber es wäre mit aller höchster Wahrscheinlichkeit so abgelaufen. Hör also auf dir Vorwürfe zu machen!", artikuliert Alara.

Ob er wohl irgendwann genauso denken wird?

"Darüber hinaus würde Aykan dich nicht hassen. Er könnte es überhaupt nicht. In erster Linie, weil er dich liebt. In zweiter Linie hast du Enisa geschlagen, was will man mehr?", scherzt sie zum Ende hin, doch ich weiß, dass sie es eigentlich ernst meint.

Aus heiterem Himmel taucht Cahit vor meinen Füßen auf und hält etwas Bestimmtes in seiner Hand. Einen neonblauen Schlappen.

"Cahit, du passt da noch nicht rein. Der ist ja halb so groß wie du.", grinst Alara. "Mit diesem neonblau würde man einen überall wiederfinden."

Unerwartet gewittert eine Erinnerung wie ein Sturm in meinen Kopf und nicht irgendeine. Unzwar etwas, was ich damals zu Aykan sagte, als er uns diese Schlappen holte.

"Vorhin hatte ich noch Angst dich in der Menschenmenge zu verlieren, doch ich denke ich brauche davor keine Angst mehr zu haben. Ich muss mich dann nur auf den Boden legen und würde deine Schuhe wiedererkennen."

"Cahit.", hauche ich und hebe den Kleinen hoch, um seine prallen Wangen zu küssen, wobei der Schlappen zu Boden fällt. "Du bist ein Genie."

Ich übergebe ihn seiner genialen Mutter und drücke sie mit all meiner Hoffnung. "Danke, Alara." Auch ihr gebe ich einen fetten Schmatzer auf die Wange.

"Was ist los?", fragt sie schockiert.

Ich hebe den Schlappen vom Boden auf und renne zur Tür. 

"Erzähle ich dir, wenn mein Plan aufgeht, aber auch wirklich nur wenn. Sonst denkst du noch ich bin durchgedreht.", rufe ich ihr lachend zu, dabei hole ich den anderen Schlappen raus und schlüpfe hinein.

Ich schmeiße mir noch meine Jacke die Schultern und renne aus der Haustür raus.

Bitte lass das jetzt nicht umsonst sein.

Ich vernehme noch wie Alara mir hinterherruft, dass sie jetzt schon denkt, dass ich durchgedreht bin.

Wenn mein Plan nicht aufgeht und diese Hoffnung sich in mir täuscht, dann drehe ich wirklich durch.

3/4 der letzten Lesenacht!

Was hat Asya bloß vor?

Das LETZTE Kapitel erscheint um 0 Uhr, wir sehen uns!

Und jetzt das aller letzte mal:

Fortsetzung folgt...





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