easy

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„Ja?" fragt Julian einen etwas angestrengten Kai, der die Treppen förmlich runtergerannt ist.
„Du kannst nicht gehen"
Julian guckt ihn ratlos an.
„Also, noch nicht jetzt" ergänzt Kai, doch Julian scheint immer noch verwirrt zu sein:
„Was willst du mir damit sagen?"
„Meine Frage, ob du München so schön findest, dass du hier her ziehen würdest, war nicht einfach so ne belanglose Frage....und-und ich weiß, dass du das auch weißt."
„Ich hatte mich tatsächlich gewundert, warum du sowas fragst"
„Aber dir war das dann egal, weshalb du nicht nochmal nachgefragt hast...oder..."
„Nein, nein, das würde ich nicht sagen."
„Aber...?"
„Vielleicht wollte ich die Antwort darauf einfach nicht wissen" sagt Julian vorsichtig und schaut auf den Boden.
„Nicht wissen? Aber warum"
„Vielleicht hatte ich einfach Angst vor der Antwort...oder ich wusste sie eigentlich schon"
„Du weißt, warum ich das gefragt habe?" fragt Kai etwas überrascht.
„Du willst, dass ich hierher komme, oder? Dass ich zu Bayern wechseln und alles wie früher in Leverkusen ist, oder?"
Kai schaut etwas verlegen nach unten: „Vielleicht"
„Du weißt, dass das nicht geht, Kai"
„Ja, aber-"
„Kein aber. Ich spiele in Dortmund und du hast dich für Bayern entschieden. Das wolltest du auch"
„Ja, aber ich wusste nicht, dass es so schwer wird alleine...ohne dich"
„Und du glaubst, mir geht es anders? Auch für mich ist es nicht ganz einfach in Dort und ohne dich. Meine Wohnung fühlt sich auch leer und einsam an. Aber das passiert halt, wenn man nun getrennte Wege geht",
Julian schaut Kai tief in die Augen: „Wir müssen jetzt auch lernen, alleine klarzukommen. Das heißt doch nicht, dass wir uns nicht mehr sehen, oder keine Freunde mehr sind"
„Ich weiß" stammelt Kai und geht auf Julian zu, um ihn zu umarmen: „Manchmal habe ich einfach das Gefühl, dass wir uns auseinander leben, wenn wir soweit weg voneinander wohnen."
„Ich weiß, was du meinst. Manchmal denke ich das auch, aber das ist okay. Wir wohnen nun mal einige Hunderte Kilometer voneinander entfernt"
„Ja, das stimmt."
Sie hören das Hupen eines Autos.
„Das ist wohl mein Taxi" sagt Julian und löst sich von Kai.
„Alles klar, dann komm gut nach Hause."
„Ja, danke. Und mach dir nicht so viele Gedanken, unsere Freundschaft hat schon einiges überstanden, da schaffen wir eine räumliche Trennung auch noch"
Kai lächelt und öffnet Julian die Tür: „Mach's gut"
„Wir sehen uns" sagt Julian und trägt seine Koffer zum Taxi um sie einzuladen. Er setzt sich ins Taxi und winkt Kai ein letztes Mal. Das Taxi fährt los und Kai schließt die Tür.
Julian sitzt im Taxi und denkt immer wieder über Kais Worte nach. Eine unangenehme Stille breitet sich im Taxi aus und der Taxifahrer schaltet das Radio ein.
🎶 the hardest part of leaving
🎶 is accepting all the reasons
🎶 that somehow we keep repeating endlessly
🎶 and the hardest part of leaving
🎶 is to hold the heavy breathing back
🎶 from showing you how hard it is for me
🎶 to make it look so easy

Julian starrt die restliche Zeit nur aus dem Fenster. Er beobachtet das Leben der Menschen in München.
„Wir sind da" sagt der Taxifahrer und reißt Julian aus seinen Gedanken.

Kai sitzt wieder in seiner Wohnung. Alleine. Ohne Julian. Und es fühlt sich wieder leer an. Er weiß nicht, was er machen soll, also ruft er Leon an.
- am Telefon -
„Hey Leon"
„Hey Kai, was gibt's?"
„Ach, nicht viel. Wollte mal hören, wie es dir so geht und ob du heute Abend schon was vor hast"
„Ja soweit geht's mir eigentlich ganz gut, wie sieht's bei dir aus? Und heute Abend hab ich leider schon was vor, aber wie wäre es mit morgen Abend? Da könnte ich vorbeikommen"
„Ja, klingt gut. Dann bis morgen"
„Alles klar, bis morgen"
Kai legt auf bevor Leon die chance hat, noch etwas zu sagen.
Er fragt noch Josh, Manu, Serge und Thomas, aber keiner von ihnen scheint Zeit für Kai zu haben, deshalb sitzt er am Ende den ganzen Tag alleine rum und weiß nicht, was er mit sich anfangen soll. Abends schreibt er Julian, ob er gut in Dortmund angekommen ist und vielleicht telefonieren möchte. Auf seine Antwort wartet Kai lange. Er macht sich was zu essen, schaut Fernsehen und ist auf Instagram unterwegs.
Plötzlich blinkt sein Handy auf. WhatsApp von Julian.
„Hey Kai, bin gut Zuhause angekommen. Würde gerne fix duschen gehen und dann können wir gerne telefonieren"
Kai lächelt. Dann wird der Abend vielleicht doch noch ganz gut, denkt er.
20 Minuten später klingelt sein Handy und er schaut erwartungsvoll aufs Display.
Doch es steht nicht "Julian" drauf, sondern "unterdrückte Nummer"
Wer ruft mich denn jetzt an, fragt sich Kai und nimmt den Anruf an.

versprochen ist versprochenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt