Kapitel 8

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"Also sind deine Eltern gar nicht auf einer 'normalen' Geschäftsreise?, fragte ich mit gehobenen Augenbrauen.
Frech grinsend nickte sie nur und warf ihr Haar zurück.

Als es klopfte unterbrachen wir unser Gespräch und sahen zur Tür. Diese wurde geöffnet und eine zierliche Frau trat herein. Kylie war förmlich eine Kopie von dieser Frau.

"Mom!", kreischte sie und sprang vom Bett.
Kylie fiel ihr glücklich um den Hals und küsste sie auf die Wange.

Lachend strich sie ihrer Tochter über das Haar und lies den Blick zu mir schweifen. Unsicher stand ich ebenfalls auf und lief auf sie zu.

"Hallo", begrüßte sie mich und sah fragend zu ihrer Tochter. Kylie kam auf mich zu und zog mich zu sich. "Mom, das ist Lou, meine Freundin", stellte sie mich vor. "Lou, dass ist meine mom".

"Schön Sie kennenzulernen mrs. Williams", sagte ich lächelnd und reichte ihr die Hand.

Entzückt griff sie nach mir und zog mich in eine feste Umarmung.

"Nenn mich ruhig Ana"

Strahlend löste ich mich von ihr und folgte den beiden Frauen hinunter in das riesige Wohnzimmer.

"Mein dad ist unten. Lass dich von seinen Blicken nicht einschüchtern", flüsterte meine Freundin mir zu. Wir betraten den Raum und ich ließ mein Blick hinüber zu Alec schweifen. Er saß auf dem schwarzen Sofa, starrte Löcher in die Wand und kratzte sich am Bart. Es schien, als hätte er sich mehrmals durchs Haar gerauft, denn sie standen verwuschelt ab.

Wie gerne ich mit der Hand durch sein Haar fahren würde...

Schnell schüttelte ich den Kopf.

An was denke ich nur?

Als er uns bemerkte, trafen sich unsere Blicke und seine Augen strahlten  nichts anderes als pure Kälte aus. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus und ich wendete schnell den Blick ab.
Anas Ehemann, der ebenfalls auf dem Sofa saß, stand auf und näherte sich uns.
Alec sah definitiv seinem Vater ähnlich.
Prüfend musterte er mich mit seinen braunen Augen und sah dann zu seiner Tochter.
"Liebling, das ist Lou", stellte Ana mich ihm vor. "Sie ist Kylies Freundin"

"Hallo Lou", begrüßte er mich und lächelte mich leicht an. "Wir wollten gerade essen. Möchtest du dich zu uns setzten?"

Er sah mich direkt an und ich fühlte mich unglaublich unwohl. Es kam mir so vor, als könnte er meine ganze Lebensgeschichte in meinen Augen sehen. Ich fühlte mich wie eine kleine Verbrecherin. Ich räusperte mich und lehnte freundlich ab. Niemals würde ich mich mit Alec an einen Tisch setzen, während er mir tödliche Blicke zu warf. "Vielen Dank, aber meine mom und ich haben noch was vor"

"Komm, ich begleite dich noch bis zur Tür", rettete mich Kylie aus der Situation und zog mich am Arm
hinter sich her.

"Sorry, mein dad ist immer so kritisch. Wärst du geblieben, hätte er dich mit hunderten von Fragen bombardiert", murmelte sie und schenkte mir ein schiefes grinsen.

Sie öffnete die Tür und ich sah hinaus.

"Da ist Jacob", zischte ich und verdeckte mit der Hand mein Gesicht. "Er darf mich auf keinen Fall sehen"

Er stand neben dem riesigen Brunnen und unterhielt sich mit einem anderen Mann.

"Er ist mein Cousin. Du wirst in regelmäßig sehen", antwortete sie gelassen und blickte hinunter zu ihren rosa lackierten Fingernägeln.

Mir fiel die Kinnlade runter und ich sah zu Jacob, der mich ebenfalls entdeckt hatte. Mit sicheren Schritten kam er auf uns zu. Als Jacob den Mund öffnete um etwas zu sagen, wurde er von Kylie unterbrochen.

"Sie weiß von allem Bescheid. Keine Sorge, Lou wird nichts sagen", murmelte sie und warf mir einen Luftkuss zu. Sie schubste mich sanft in seine Richtung und griff nach der Tür. "Ihr wollt euch bestimmt unterhalten" Bevor sie die Tür vor meiner Nase zuschlagen konnte, warf ich ihr einen tödlichen Blick zu. Wenn Blicke töten könnten, würde sie bestimmt auf den Boden liegen und um Hilfe betteln.

Ich drehte mich verunsichert zu Jacob und blickte ihm in die grünen, wunderschönen Augen. Ich merkte ihm an, dass er nicht froh darüber war, dass ich die Wahrheit wusste.

"Keine Sorge", sagte ich gelassen und raffte die Schultern. "Ich werde echt nichts verraten"
Er kratze sich am Kopf und sah mich eindringlich an. "Es tut mir leid, dass du das gesehen hast"

Ich dachte wieder an die Männer, die wie Säcke umfielen, nachdem die zwei Vollidioten sie erschossen hatten. Meine Mundwinkel sanken und ich strich mir genervt die Haare aus dem Gesicht.

Hastig wechselte er das Thema. "Ich bin Jacob, der Cousin von Alec und Kylie", stellte er sich vor.

Ich verengte die Lippen zu einer schmalen Linien und nickte ihm zu. "Wieso arbeitest du als Bodyguard hier bei deinem Onkel?"

Er grinste und verschränkte die Arme vor der Brust. Er sah unglaublich attraktiv aus.

"Ich habe etwas Stress mit meinem Vater. Er ist der Meinung, dass das eine super Strafe für mich wäre"

Ich fing an zu lachen und schüttelte den Kopf.
"Ich habe mich noch gar nicht bedankt", bemerkte ich.  "Danke, dass du mir geholfen hast. Ich weiß echt nicht wer diese Kerle waren, aber wärt ihr nicht da gewesen, wäre ich wahrscheinlich am Arsch"

"Gut, dass dir nichts passiert ist", sagte er erleichtert. Ich verlor mich einen kurzen Moment in seinen Augen und stand wie gebannt da. Doch dann hörte ich feste Schritte hinter mir und wurde unsanft zurückgezogen. Jacob verdrehte die Augen.

"Weg von ihr", knurrte Alec und umfasste meine Schulter fester. Verwirrt wollte ich einen Schritt zurück treten, doch er ließ dies nicht zu.
"Lass sie los, Alec", murrte Jacob und lies die Arme fallen.

"Du", sagte Kylies nerviger Bruder und sah mich vor Wut kochend an. "Halte dich fern von meiner Familie. Du bekommst keine Informationen, in dem du dich mit meiner Schwester anfreundest und meinen Cousin anmachst"

Geschockt riss ich den Mund auf und starrte ihn ungläubig an. Jacob packte ihn am Arm und zog ihn von mir weg. Die Wut packte mich vollkommen und ich verlor für einige Sekunden den Verstand.
Der Idiot dachte tatsächlich, dass ich für jemanden arbeiten würde und an Infos gelangen wollte. Ich lief auf ihn zu und hob mein rechtes Knie. So fest ich konnte rammte ich es ihm in die Eier.

"Du kleine Bitch!", keuchte Alec mit verzogenem Gesicht und krümmte sich vor Schmerz. 

Jacob sprang einen Schritt zurück und hielt sich erschrocken die Hand vor dem Mund.

Ich wirbelte herum und sah die vielen Männer in Anzügen, die auf uns zu liefen. Jacob hob die Hand um zu signalisieren, dass alles okay war und sie wieder zurück auf ihre Position konnten. Sie blickten sich zögerlich an und kehrten schließlich um.

Ich drehte mich das letzte Mal kurz um. "Du bist die größte Bitch von uns allen, Alec! Fahr zur Hölle und steck dir deine scheiß Informationen in den Arsch!"

Stolz warf ich mein langes Haar zurück und sah den Vater der Geschwister mit verschränkten Armen am Fenster stehen.

Mist, er hat alles gesehen und gehört!

Schluckend rannte ich schon fast auf die Straße zu. Irgendwas in mir sagte, dass der Vater einen Mörder auf mich hetzen würde, der mich töten sollte, weil ich seinen Sohn in die Eier getreten habe.
Ich musste sofort verschwinden!

AlecWo Geschichten leben. Entdecke jetzt