8. Kapitel (Eloise)

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"Du hättest dort bleiben sollen!", Henry grinste mich an. "Du weißt selbst wie wichtig, das hier für mich ist." Ich nickte und wich seinem Blick aus. Wir saßen uns in der Kutsche gegenüber die uns in die Armee 3 fuhr. Philipp hatten wir auch dabei, er war in einer anderen Kutsche und gut bewacht. Ich machte mir keine Sorgen, darüber, dass er ausbrechen würde. "Vor was hast du Angst?", fragte Henry schließlich während er aus dem Fenster sah. "Ich hab keine Angst, was soll die Frage?!" Er lächelte, "Es ist mehr als dieser Krieg, du bist angespannt, wovor hast du Angst?". Ich knetete meine Hände, ich wusste das er recht hatte. Er lehnte sich nach vorne und stützte seine Ellbogen auf die Knie. "Also, was ist los?", ich sah ihn immer noch nicht an und ich antwortete auch nicht. "Es geht also um mich? Eloise, mir geht es gut, ich bin noch nicht ganz fit aber ich bin werde wieder!", ich schüttelte den Kopf und starrte weiter aus dem Fenster. "Das ist es nicht." "Achso", Henry lehnte sich zurück und strich sich mit den Händen übers Gesicht. "Es tut mir leid, du weißt, dass ich das nicht denke es ist nur...", ich sprach schnell und atmete zu schnell. "Ich gehöre nach Palona, Eloise. Nicht Arnota, auch wenn ich dort geboren wurde. Du weißt, dass ich von meinen Eltern verlassen wurde und das ich nichts mit ihnen zu tun habe." Ich konnte mich endlich dazu überwinden ihn anzusehen, in seinen Augen lag keine Wut wie ich es erwartet hatte. Sie sahen mich sanft und fast mit Verständnis an. "Aber Philipp, er sieht dir so ähnlich. Ich meine, es gab Gerüchte darüber, dass es damals noch einen anderen kleinen Jungen gab." Henry nickte, "Ich kenne die Geschichte, Eloise, es ist meine! Aber es ändert nichts an dem wer ich bin." "Ich weiß, Henry. Aber ich sollte dir noch etwas über Philipp sagen...", Er spannte sich an, "Hat er dir etwas erzählt, über mich? Eloise, es ändert nichts!", Einer meiner Finger knackte, "Du bist ein Mitglied der Königsfamilie Henry!", Er starrte mich einige Sekunden mit aufgerissenen Augen an, dann fing er an zu grinsen, "Nach unserer Hochzeit bestimmt!" Ich lachte kurz auf, "Mein Vater wird das nicht erlauben Henry, erst recht wenn er mit bekommt das du der Neffe des Königs von Arnota bist.", "Der Neffe?!" Ich nickte und sah wieder aus dem Fenster. "Wow! Aber..." er dachte einige Sekunden über seine folgende Worte nach, "das ändert nichts!" "Henry, weiß James, dass du aus Arnota kommst?" Henry überlegte kurz, dann nickte er, "Ja, ich glaube schon. Er beschäftigt sich damit wer sein Land verteidigt." Ich lächelte erleichtert, hätte James es jetzt erfahren wäre die Gefahr groß, dass Henry ins Exil geschickt wurde oder noch schlimmer, als Verräter hingerichtet wird. Wir schwiegen, wahrscheinlich für einige Stunden, ich verlor mein Zeitgefühl. Irgendwann schlief Henry ein, er rutschte fast von der Sitzbank, als ich ihn festhalten wollte zuckte er zusammen. Ich hatte einen der blauen Flecken auf seinem Rücken erwischt. Für einem kurzen Moment hatte ich, dass Gefühl das schon mal gesehen zu haben. Aber es verschwand sofort wieder. Davon wachte er aber nicht auf. Nach dem ich ihn richtig auf die Bank gelegt hatte und sicher ging, dass er so nicht runterfallen konnte, versuchte auch ich ein wenig zu schlafen. Es gelang mir besser als ich erwartet hatte, ich wachte erst auf als wir nur noch wenige Minuten bis Armee 3 brauchen würden. Henry war schon wach, lehnte mit dem Rücken an der Seitenwand und hatte die Beine auf der Bank. "Hast du gut geschlafen?", fragte er mich als ich mich wieder hinsetzte. "Ja, ich denke schon." Ich versuchte mir die Landschaft anzusehen, doch es war dunkel und ich konnte nicht viel erkennen. 

Als wir in Armee 3 ankamen, erwartete uns niemand. Es waren immer noch Menschen unterwegs und liefen von einem Zelt ins Nächste. Henry und ich fragten einige Leute, wo wir Alex treffen würden, sie deuteten in eine Richtung und sagten nur "Strategiezelt". Nach einigen Minuten fanden wir es schließlich. Drinnen brannte Licht und ich hörte Stimmen, "Wie konntest du das zulassen, Alex. Es ist mein Job auf ihn aufzupassen und jetzt ist er alleine gefahren." "Was hätte ich tun sollen. Er hat den Befehl gegeben und ich wusste ja nicht mal wo er dich fest gebunden hatte. Er hat nur gesagt das ich dich erst losbinden soll wenn er weg ist. Dann ist er in die Kutsche gestiegen und losgefahren!" Wir gingen in das Zelt Alex und Lukas standen sich gegenüber und starrten sich gegenseitig in die Augen. Alex war einen Kopf kleiner als Lukas, doch das machte keinen Unterschied, sie waren beide Dickköpfe. Sie waren so beschäftigt damit, dass sie uns zunächst gar nicht bemerkten, erst als Henry sich räusperte blickten sie zu uns rüber. Lukas salutierte mir, aber er legte nicht wirklich viel Energie rein und Henry salutierte Alex, auch wenn er über die Situation offensichtlich verwirrt war. "Was ist passiert?", fragte ich schließlich. "James ist in Arnota!", sagte Lukas direkt und mit Nachdruck. "Was ist passiert?", fragte ich wieder, ebenfalls mit Nachdruck. Alex holte tief Luft und begann alles zusammen zufassen, "Vorgestern Nachmittag kam ein Bote aus Armee 5 zu uns, er ist Wachposten an der Südgrenze. Er war völlig verstört und berichtete, dass Mags und einer ihrer Major von arnotanischen Soldaten entführt wurden, die anderen an dem Stützpunkt haben nicht überlegt.", sie schluckte einmal und holt erneut Luft. "Die Soldaten meinten sie würden den Anführer der Palonischen Armee, auf dem Königsschloss in Ikaria erwarten. Das ist nun mal General James. Er wollte eigentlich auf dich warten weil mit dir sprechen wollte, doch als du nicht kamst, wollte er nicht noch mehr Zeit verlieren  und ist kurz vor Sonnenuntergang gefahren. Lukas wollte mit, doch James meinte es sei zu gefährlich und hat ihn hier im Lager festgebunden. Mir aber nicht gesagt wo und ich hab die letzten Stunden damit verbracht ihn zu suchen." Sie schnappte nach Luft. "Mags ist in Gefangenschaft?!", fragte ich geschockt. Lukas und Alex nickten. "Sind Ella und Sam auch hier?", fragte ich schließlich. "Sie schlafen gerade." "Wie geht es Sam?", "Sie hat heute morgen, drei meiner Leute außer Gefecht gesetzt. Im Zweikampf. Sie ist gut, ich hoffe ich muss nie gegen sie kämpfen." "Ich werde ihm hinter her fahren!", sagte ich nach einigen Sekunden entschlossen, "Was?!", fragten Lukas und Alex gleichzeitig. "Ich hab einen guten Verhandlungsjoker mitgebracht und wann wenn nicht jetzt. Ich brauche nur eine Kutsche, ausgeruhte Pferde und einen wachen Kutscher!" Alex wollte gerade etwas entgegen, als Lukas ihr zuvor kam, "Ich komme mit!", ich nickte, aber Alex sah ihn schockiert an, "James hat dir ausdrücklich den Befehl gegeben hier zubleiben. Er wird nie wieder mit dir reden wenn du das jetzt machst. Er wird auch nicht befürworten, das du dahin fährst!", der letzte Satz war an mich gerichtet. "Alex, denk doch mal eine Sekunde nach. Der König ist bereits informiert, dass ihr etwas nicht stimmt. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass er hier her kommt und feststellt, dass ich hier bin aber James nicht.", er schluckte einmal, "Das ganze Lager weiß wo er ist und hier wird jeder dem König die Wahrheit sagen. Wenn er also erfährt, dass James in Ikaria ist um 'nur' zwei Soldaten zu befreien und ich ihn allein hab fahren lasse: Bin ich tot! Das mein ich ernst, Alex er lässt mich an Ort und Stelle hinrichten!", er war während seiner Rede immer lauter, bestimmter geworden. Alex schluckte wir alle wusste, dass er Recht hatte. "Daran hab ich nicht gedacht Lukas, tut mir leid.", sagte Alex leise. "Mein Vater weiß bescheid?!", brach es aus mir raus. "Ja, mein Oberst hat einen Brief an James geschrieben bevor wir in den Armee fuhren, er kam aber erst an als wir schon weg waren. Wenn der König den Brief gelesen hat weiß er über die Bewegung in Arnota bescheid."  Ich nickte, "Das ist nicht gut, aber ich dennoch keine Wahl. Alex, bitte mach alles fertig, wir reisen mit einem Gefangen." Sie nickte und verließ das Zelt. "Danke, Mylady!", sagte Lukas und verschwand ebenfalls. "Eloise, wer ist dieser Lukas?", ich drehte mich zu ihm. "Entschuldige, Lukas ist James Leibwächter, die zwei sind normalerweise unzertrennlich. Er ist außerdem Oberst, er gehört aber keiner Armee an, er gehört zu James." 

Wir saßen alles zusammen in der Kutsche, Henry und ich auf der einen Seite und Lukas mit Philipp, dessen Hände und Füße gefesselt waren, und einer weiten Wache auf der anderen. Philipp starrte Henry an und dieser blickte zurück. Philipp hatte in so verletzt, dass Henry sich immer noch nicht schmerzfrei bewegen konnte. Lukas blickte etwas verwirrt zwischen den beiden hin und her. "Was genau ist das hier?", fragte er schließlich, weil er wohl zu dem Schluss gekommen war, dass er sich die Sache nicht selber erklären konnte. Zur Überraschung aller begann Philipp zu erzählen. "Vor 20 Jahren, gab es einen Soldaten, der mit seiner Frau und seinen Zwillingen fliehen wollte, er wollte nicht kämpfen. Doch seine Frau war zu stolz und wollte nicht weggehen. Also nahm er sich nur dir Zwillinge und floh mitten in der Nacht. Kurz vor der Grenze, nach Palona, bemerkte er, dass er verfolgt wurde. Er ließ die Kinder in einem kleinen Dorf zurück und floh alleine weiter. Die Kinder wurden von Menschen im Dorf aufgenommen, bis die Soldaten, die ihn verfolgten in das Dorf kamen. Aber sie fanden nur das eine Kind, das andere war inzwischen mit einer anderen Familie weiter gezogen. Das Kind was sie gefunden hatten wurde zurück zu seiner Mutter gebracht, die inzwischen im Schloss des Königs wohnte weil ihre Schwester den König geheiratet hatte." "Ihr seid also die Neffen die des Königs von Arnota?", fragte Lukas, Henry schüttelte beharrlich den Kopf, "Nein, er ist es. Ich nicht, gehöre nach Palona." "Du kannst nicht verleugnen wer du bist, Henry. Du bist mein Bruder und daran kannst du nichts ändern." Henry lehnte sich nach vorne, "Ich bin nicht dein Bruder Philipp, das was du mir angetan hast war schrecklich und ich hätte es nicht mal meinem schlimmsten Feind angetan, nur um Informationen zu bekommen." Philipp lächelte selbstgefällig und lehnte sich zurück. Lukas stieß ihm mit dem Ellenbogen so heftig in die Rippen, dass Philipp auf keuchte. "Danke.", murmelte Henry lächelnd. Die sahen gleich aus aber ich würde nie Probleme haben sie auseinander zu halten. Sie hatten völlig andere Ausstrahlungen. Philipp war kalt, bösartig und egoistisch. Henry hingegen war liebenswert, aufrichtig und nicht so abscheulich. Er würde nie auf jemanden so ein prügeln wie Philipp es bei ihm getan hatte. Nach dem wir die Todeswiese hinter uns gelassen hatten wurden wir alle angespannter. Entgegen meiner Erwartungen wurden wir nicht angehalten und wir konnten ungestört fahren. Gegen Mittag würden wir das Schloss erreichen. 

Zur Ehre des KönigsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt