Es wurde dunkel, eigentlich hätten wir in wenigen Stunden wieder in Armee 3 sein sollen. Mags war eingeschlafen, ich fragte mich wie das möglich war, doch ich war froh, dass sie so die Schreie nicht mehr hören musste. Zwischen durch waren sie immer wieder abgebrochen, wahrscheinlich weil Henry einfach nicht mehr konnte. Der Leutnant war immer noch bewusstlos. James hingegen rutschte unruhig hin und her, er ertrug es genauso wenig wie ich. Nach einer Weile wurde es ganz Still und auch das Dorf kam zur Ruhe, keiner lief mehr draußen rum und die Stimmen ließen nach. "Wenn wir hier lebend rauskomme, befördere ich ihn zum General!", meinte James irgendwann zu mir, er fand die Stille wohl genauso unerträglich wie ich. "Glaubst du wirklich das er das will?", fragte ich ihn. James sah zu mir rüber, "Wenn wir hier rauskommen, dann erfüll ich ihm alles was er sich wünscht, er kann von mir aus mein Zimmer haben." Ich lachte leise. "James würdest du uns auch heiraten lassen?", fragte ich dann ohne lange zu überlegen. Er sah zu mir rüber mit großen Augen, "Wie bitte?! Du und Henry?!" Ich nickte. Er überlegte kurz dann grinste er und meinte, "Nein, das kann ich ihm nicht antun!" Wenn meine Hände nicht gefesselt wären hatte ich etwas nach ihm geworfen. Wir schwiegen wieder, irgendwann hörten wir jemanden draußen flüstern herum schleichen. Die Tür öffnete sich leise und eine dunkle Gestallt trat ein, ich konnte nicht viel erkennen, aber es war keiner der Männer der vorher hier gewesen war. Er ging zielstrebig auf James zu, James wollte gerade etwas sagen als die Gestalt ihm den Mund zu hielt und sich den Finger auf die Lippen legte. Dann ging er hinter James und löste seine Fesseln, danach die von Mags und dann meine und schließlich die des Leutnants. Der war inzwischen wieder zu sich gekommen war. Wir standen auf und streckten uns. Erst jetzt erkannte ich ihn, es war Lukas, er war nicht mit uns gekommen, weil er ja in der Kutsche gewesen war um was zu trinken. James sah erleichtert aus ihn zu sehen. "Wir müssen weg hier!", sagte Lukas dann. James hielt ihn am Arm fest, "Zuerst müssen wir Henry finden!", ich nickte. "Ich hab ihn schon befreit, er wartet hinter der Hütte!", antwortete Lukas gelassen. Bedauerlicherweise hatte die Hütte nur eine Tür weshalb wir umso vorsichtiger sein mussten. Wir gingen nach einander, erst Lukas, da er den Weg kannte, dann Mags, Leutnant, ich und als letztes James. Offenbar hatte keine damit gerechnet, dass wir ausbrachen, nirgends standen Wachen oder Aufpasser. Die Hütte war größer als ich gedacht hatte, als wir endlich dahinter waren, saß Henry am Boden, er lehnte mit dem Rücken gegen die Wand und stöhnte bei jedem Atemzug leise auf. James und Lukas halfen ihm auf, sie nahmen seine Arme über die Schulter und stützten ihn so. Wir liefen zunächst einfach tief in den Wald hinein, Lukas schien tatsächlich eine Ahnung zu haben wo wir hin liefen, er dirigierte uns schließlich an einen Weg. "Wo sind wir hier Lukas?", fragte ich dann. "Wir müssen noch ein Stück den Weg entlang gehen, dann sind wir da." Wir gingen den Weg entlang, plötzlich wurde es hinter uns laut. Man hatte wohl bemerkt, dass wir fehlten, wir begannen zu rennen, was James und Lukas nicht so gut gelang mit Henry zwischen ihnen. "Lasst mich hier, dann seid ihr schneller!", stöhnte Henry auf. Weder James noch Lukas reagierten darauf. Wir liefen so schnell wir konnten, nach einigen Minuten erreichten wir eine unserer Kutsche, sie mussten hier auf uns gewartet haben nach dem sie einen neuen Weg gefunden hatten auf dem kein Baum lag. Lukas stieg zuerst ein, dann nahm er Henry entgegen und James stieg hinter ihm ein. Ich drehte mich um und sah durch die langsam aufgehende Sonne, dass unsere Verfolger immer näher kamen. Mags stieg ein und zog mich hinter ihr her, ich packte den Leutnant am Arm und wollte ihn auch mit hochziehen als er plötzlich zu Boden ging. Mags bemerkte das Problem und half mir ihn in die Kutsche zu ziehen als wir alle darin waren, klopfte Lukas gegen die Decke und wir fuhren los. Jetzt sah ich warum der Leutnant gefallen waren, ein Pfeil ragt aus seiner Brust. Mags und ich saßen sowieso noch auf dem Boden, weshalb wir uns sofort über ihn beugten. Mags tastete seinen Hals nach einem Puls ab, dann sah sie mich verstört an und schüttelte den Kopf. Mir wurde schwindelig, es fühlte sich nicht real an, ich stand auf und setzte mich auf die Bank hinter mir und fuhr mir mit den Händen durchs Gesicht. Mags setze sich neben mich auf meiner anderen Seite saß der Major, er wirkte wieder erstaunlich erholt, war aber genauso geschockt. Gegenüber von uns starrte Lukas und James immer noch den Toten an. "Wir hätten es fast geschafft.", sagte Lukas dann nach einer Weile. Als die Sonne ganz aufgegangen war sahen Mags und Lukas sich Henry genau an James hatte die Seite gewechselt und saß nun neben mir. Lukas war genau wie Mags zum Sanitäter ausgebildet worden, falls James mal verletzt werden sollte. Henry war zwischen durch immer wieder ohnmächtig geworden und er war durchgehend benommen. Er sah furchtbar aus, sein Gesicht war blau und grün, er musste Nasenbluten gehabt haben und eins seiner Augen war blutunterlaufen und dick angeschwollen. Als Lukas sein Oberteil hochzog hielten alle kurz die Luft an, zu den sowieso schon schlimm aussehenden blauen Flecken waren mehr hinzugekommen. Außerdem kleine aber tiefe Schnitte und rote Striemen, die teilweise aufgeplatzt waren. Sie sahen es sich genau an. "Das hätte ich sein müssen.", brach es aus James irgendwann heraus. Lukas sah zu uns rüber, "Er hat sich für dich ausgeben?", James nickte, "Sie haben den Leutnant...", er brach ab, "Weiß einer von euch wie er hieß?" Betrübt schüttelten wir die Köpfe, James fuhr fort, "Sie haben auf ihn eingeschlagen, weil ich ihnen nicht gesagt habe wer ich bin. Dann hat Henry gesagt er sei der Prinz worauf hin..., " er schluckte wieder, "sie ihm das angetan haben." Er stützte sich auf seine Knie und vergrub sein Gesicht in seinen Händen. Ich hatte James nur einmal so verstört und verletzt gesehen, nach der Beerdigung unserer Mutter, damals hatten wir uns noch gut verstanden, doch danach haben wir dann irgendwann aufgehört mit einander zu reden. Lukas sah ihn mitleidig an dann wandte er sich wieder Henry zu und fing an seine Wunden zu reinigen und zu verbinden.
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Zur Ehre des Königs
FantasíaZwischen den Ländern Palona und Arnota besteht seit Jahrzehnten eine tiefe Feindschaft. Als die angespannte Lage eskaliert, müssen sie die Armeen Palonas sich für einen Krieg bereit machen. Die sechs Generale werden vom Training in die Schlacht gesc...