1.Kapitel

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Langsam nahm ich immer mehr die Lautstärke der tosenden Autos wahr. Meine Augen öffneten sich nicht weit. Es war viel zu hell für mitten in der Nacht. Nun, so war das eben wenn man in mitten einer Großstadt wie Wien lebte. Aber es war okay. Es war auch nicht gerade das schönste Viertel wodurch ich jedoch besser mit dem Geld was ich verdiente mein Leben finanzieren konnte. Ich hatte auch keine Möglichkeit Jobs einzugehen die mir mehr Geld verschafften. Nicht hier. Zurück nach Hamburg werde ich aber gewiss nicht gehen.
Hier fühlte ich mich doch eigentlich ganz wohl.
Jetzt konnte ich vor lauter Gedanken und der Wärme auch nicht mehr schlafen... Wenn ich das Fenster auf machte war es mir zu laut. Da keines der Sachen eine Option war ließ ich das Fenster dann doch offen und beschloss mich an meinen Schreibtisch zu setzen. Ich hatte nie etwas was mir Spaß machte außer das Zeichnen was ich damals für mich entdeckt hatte. Es lenkte mich ab und half mir meine Gefühle kontrolliert auszudrücken, da ich mit sonst niemandem darüber sprach.
Ich fing immer ohne Ideen an aber das Ergebnis sah doch nach etwas aus. Nach ein paar Stunden war die Skizze eines Auges welches von einem Vogel stammte fertig. In diesem Auge befanden sich Momente meiner Vergangenheit die ich in Metaphern gesteckt hatte.
Ich musste noch überlegen welcher Vogel es werden sollte. Es leitete mich zu dem Entschluss eines Rabens. Nicht ohne Grund hatte ich diesen Vogel gewählt.
Diese Tiere sehen alles, jedenfalls wird dieser Vogel als aufmerksam jedoch sehr hinterlistig aber clever dargestellt.
Ich zeichnete die ganze Nacht an diesem Bild bis mein Handywecker klingelte. Also ließ ich die Zeichnung mit einem sehnsüchtigen Blick auf meinem Schreibtisch liegen und suchte mir Sachen aus meinem Schrank.
Danach ging ich mit ihnen ins Bad und machte mich dort fertig.
Ich zog meine lockere Jeans an und das enge Oberteil wozu ich noch eine Kette umband und einen Ring auf meinen linken Ringfinger setzte.
Als letztes kämmte ich meine etwas längeren, braungewellten Haare und putzte meine Zähne.
Essen machte ich mir später, dass ich dann auf Arbeit essen konnte.
Ich packte meine Tasche und beschloss auch mein Bild und Stifte einzupacken. Jedoch war ich mir sicher die auf Arbeit nicht gebrauchen zu können. Wer weiß.

Auf Arbeit ging dann doch wieder alles drunter und drüber und wie erwartet hatte ich keine Pause, weil ich mich darum kümmern musste.
Ich arbeitete bei der Logistik und plante am Computer alles was wo hin verschickt werden musste, die Mengen, was genau ankam und wo es hin sortiert werden musste.
Ein Kollege hatte einen Fehler gemacht, dass die Ladung für einen LKW am falschen Platz stand und sie somit schwerer zu finden war. Dadurch fiel auf, dass sieben Ladungen verwechselt wurden. Das musste ich alles in Ordnung bringen. Warum ich? Ja! Weiß ich nämlich auch nicht! Das machte mir meine Laune auch wieder komplett kaputt.
Den Rest des Tages konnte man mich wirklich vergessen, so sehr hatte mich das aufgeregt. Wahrscheinlich auch, weil ich nicht wirklich geschlafen hatte.
Ich konnte es kaum erwarten zur Straßenbahn zu gehen. Frische Luft und vielleicht hatte ich noch genug Zeit um zu zeichnen.
Hatte ich zum Glück dann auch. Hell genug war es auch noch und sonst keine Menschenseele dort. Perfekt. Naja... Für diesen Moment wo ich es glaubte, dass es das war.
Eine männliche Stimme näherte sich mir. Ich musterte den Mann fraglich als er sich weiter neben mich setzte. Er telefonierte sehr laut... Normal aber in meiner Laune sehr laut. Der Mann sah aus als würde er aus dem letzten Ghetto kommen. Schwarze Jogginghose, schwarze Trainingsjacke, schwarze Cap aber Hauptsache die Schuhe waren weiß. Auf der Hand mit der er eine angefangene Zigarette hielt, befanden sich zwei gekreuzte Federn tättoowiert auf seinem Handrücken. Ich starrte ihn die ganze Zeit an als er sich lautstark unterhielt und verfolgte das Gespräch beidseitig mit.
,,Was dauert denn da jetzt so lange? Ich brauche schnell dieses Auto!",,Raf, komm runter. In zwei Wochen vielleicht. Mehr kann ich dir einfach nicht sagen. Wir müssen die Sachen alle noch bestellen.",,Das kann doch keine zwei Wochen dauern... Kann ich dir mehr Geld geben? Bringt das was?",,Komm, nur wegen Geld hab ich nicht mehr Zeit und die LKW-Fahrer genau so wenig. Entweder gehst du zu wem anders in der groben Hoffnung, dass der das irgendwie schneller hinbekommt oder du lässt mich in Ruhe meine Arbeit machen." Ich fühlte den Typen am anderen Ende. Zeit kann man eben nicht kaufen aber anscheinend hatte Raf oder wie der hieß zu viel Geld. Er konnte froh sein, dass er zwei gesunde Beine hatte.,,Ich guck ob ich ein anderes Auto bekomme. Kann ich ja auch machen." Seufzend rieb er sich die Stirn. Da kam bei mir der Neid raus...,,Mach das. Kann ich jetzt weiter machen?",,Ja. Mach. Bis dann und danke.",,Bitte." Sie legten auf und er sah zu mir. Schnell sah ich auf mein Bild und versuchte weiter zu malen während er mich anstarrte. War das peinlich... Ich wollte bitte im Boden versinken...,,Was zeichnet du?" fragte er mich und sah mir auf die Finger, was ich gar nicht ab konnte.
,,Nichts." lächelte ich und sah zu ihm wobei ich meine Hände auf das Bild gelegt hatte.,,Für nichts ist da aber ziemlich viel auf dem Blatt."
,,Wenn ich es dir nicht sage hat das für gewöhnlich einen Grund." ich packte die Sachen alle wieder in meine Tasche und stand auf um mich weiter weg von ihm hinzustellen. Er war mir von vorne rein schon unsympathisch also ließ ich das. Ob sympathisch oder nicht ich hätte so oder so keine Lust auf Menschen und egal wie sehr ich diesen Menschen mochte, ich würde ihm nachher irgendwann eh auf den Sack gehen und er würde mich verlassen oder mir Schwierigkeiten machen auf die ich keine Lust hatte. Auf Arbeit hatte ich ohnehin keine Freunde, nur gute Bekannte. Es machte für mich keinen Sinn sich auf Arbeit Freunde zu suchen. Nachher wenn du dich mal streiten solltest, hast du den Salat und musst diese Person jeden Tag weiter hin aushalten.
Nun fuhr die Bahn langsam an, dass ich endlich nach Hause kam. Ich in einen Wagon und er in den anderen.
So muss das sein... Die Blicke waren mir immer noch peinlich...
Ein paar Haltestellen später stieg er aus wobei ich ihm nach sah.
Eine zweite Stimme untersagte mir ihn sympathisch finden zu wollen.
Vielleicht war er gar nicht so.
Tatsächlich schaffte dieser Mann es für die nächsten paar Stunden in meinem Kopf zu bleiben.
Aber er machte mich aggressiv...!
Oder meine Gedanken an ihn, ich wusste es nicht...
Ich zeichnete in Begleitung von Musik an meinem Bild weiter und dachte generell über das Thema Männer nach. Auch über ein paar mehr Sachen die mich sehr traurig am Ende machten. Eine Träne tropfte auf die Zeichnung. Ich starrte den nassen Fleck eine Weile an und stand dann auf. Darauf hatte ich keine Lust mehr. Stattdessen schmiss ich mich ins Bett damit mein Schlafrhythmus einfach komplett gefickt wird.

Die nächsten Tage kehrte zum Glück doch die Normalität wieder zurück. Ich fuhr jeden Tag wie gewohnt mit der Straßenbahn zur Arbeit und wieder zurück.
Den einen Tag dachte ich mir nichts bei mich auf die Bank neben eine Person zu setzten. Der Tag war anstrengend und sitzen doch immer wieder was schönes.
Nur auf den ersten Blick dachte ich gar nicht daran, dass es jemand sein könnte, den ich ganz gut kannte. Erst als er zu mir sah und ich ganz kurz zu ihm, fiel mir auf, wer das war...,,Was machst du denn hier?" fragte ich erschrocken und stand sofort auf. Wie kommt er nach Wien? Warum? Woher weiß er, dass ich hier bin? Das kann kein Zufall sein... Hat er mich gestalkt? Was will er von mir?
,,Ach nichts. Ich fahr nur ein bisschen durch die Stadt und seh mir hier und da etwas an was ganz interrissant ist." Lucas nahm seine Kapuze seines blauen Pullovers ab und stand ebenfalls auf.
,,Bleib bitte da stehen." meinte ich und trat einen Schritt nach hinten.
,,Du hast keinen Grund Angst zu haben..." langsam ging er auf mich zu und ich immer weiter nach hinten.,,Ich finde, ich habe ziemlich viele Gründe." einer meiner damaligen Freunde hatte mir was in mein Glas getan als ich in Hamburg noch mit ihnen feiern war. Nächsten Tag gingen Gerüchte um wir hätten miteinander geschlafen was wohl auch die Wahrheit war.
Lucas stritt das ab aber wollte trotzdem ein weiteres Mal was ich aber nicht wollte. Er belästigte mich teilweise schon. Von einer Freundin die auch nicht mehr meine Freundin ist, habe ich eine Videoaufnahme von der Nacht zugesendet bekommen.
Es ist nicht mehr online. Man konnte es schnell wieder löschen, weil es nur auf drei Geräten war. Ich hatte mies Glück gehabt aber das hier nenne ich gerade kein Glück.
,,Komm schon. Das ist lang her."
Ich wollte ihn an seiner Brust weg drücken aber er griff nach meiner Hand und legte sie von sich aus auf seinen Körper. Mit kräftigem Ruck zog ich sie weg und drehte mich um. Lucas packte meine Tasche, riss sie von meinem Arm wodurch ich in seine Arme fiel. Meine Tasche wurde über den Boden geschleudert woraus nun viele meiner Sachen schlidderten.
Ich wollte mich von ihm lösen aber er ließ mich nicht los.
,,Du hast mich einfach allein gelassen. Das werde ich Dir nie verzeihen." er drückte mich hinter die Säule die das große Dach hielt.
Panisch sah ich in seine Augen. Mein Atem wurde schneller genau wie mein Herzschlag.,,Lass mich in Ruhe!" Ich senkte meinen Blick und kniff meine Augen zu.
Ich konnte mich nicht bewegen. Mein ganzer Körper zitterte...
Lucas packte meine Taille und drückte mich fest an den Pfeiler.
Mit einem Mal löste er sich schlagartig von mir. Ich hörte nur einen dumpfen Aufprall. Langsam öffnete ich meine nassen Augen und sah ihn auf dem Boden liegen.
,,Ich kann mir gut vorstellen, dass sie das nicht will." ich dachte nicht mal dran stehen zu bleiben. Schnell verschwand ich vom Pfeiler und ging weiter weg.,,Was willst du denn?" stand Lucas auf und schubste ihn nach hinten. Raf packte ihn an seinen Armen, drehte ihn um und schubste ihn auch, bloß nach vorne.,,Zieh Leine!" sagte er zu ihm wodurch Lucas sich wohl doch eingeschüchtert fühlte und den Worten nach kam. Weinend schlang ich meine Arme um meinen eigenen Körper und richteten meinen Kopf nach unten.
,,Alles gut. Der kommt nicht wieder." meinte er zu mir während er meine Sachen einsammelte und mir meine Tasche hinstellte.
,,Hast du dein Handy?" fragte er mich wobei ich mit dem Kopf schüttelte.
Er ging an den Rand der Haltestelle wo er verzweifelt seufzte.
,,Ich denke, das kannst du nicht mehr benutzen." jetzt hatte er meine Aufmerksamkeit. Ich sah niedergeschlagen zu ihm wie er mein zersplittertes Handy in die Luft hielt.,,Brauche ich eh nicht..." murmelte ich, was eine Lüge war.
,,Ich glaube ich habe noch ein Handy. Vielleicht magst du das erstmal haben." schlug er vor.
,,Nein danke. Ich denke ich kann mir ein neues kaufen. Wenn's drin ist..."murmelte ich. Die Versicherung würde mir dafür eh nur so wenig Geld geben, dass ich mir davon vielleicht ein Brot kaufen könnte. Das war ein altes Sony und hatte auch nicht viel gekostet.
,,Ich hab kein Problem damit dir das anzubieten. Ich fahr jetzt nach Hause und kann es dir vorbei bringen." Raf fummelte noch am Handy herum und drückte mir die SD- Karte in die Hand.,,Danke. Muss ich dir das Geld wieder geben?" fragte ich ihn und hatte mich langsam beruhigt.,,Nein, alles gut. Darf ich es mitnehmen? Vielleicht bekommt man da noch was gerettet.",,Ist schon gut. Da ist nichts drauf was gerettet werden müsste. Aber behalt wenn du meinst." ich wusste eh nicht wo ich das entsorgen sollte...
,,Darf ich wissen wo du wohnst?" andere fragen nach meiner Nummer, er nach meiner Adresse. Aber im Gegensatz zu denen die nach meiner Nummer fragen, bekam er auch meine Adresse.
,,Danke. Ich komm denn nachher rum.",,Danke. " murmelte ich wieder und sah in die Richtung der kommenden Bahn.,,Denk nicht zu viel drüber nach, okay?" Er sah ebenfalls zum Zug und kam vom Gleis weg, an dem er bis eben noch so nah gestanden hatte.
Er war doch ziemlich nett aber überzeugt war ich von ihm wirklich nicht. Es war einfach die Situation. Da hätte mir doch jeder geholfen.
Ich sah nachdenklich zu ihm während er kurz auf sein Handy sah. Als der Zug dann endlich vorfuhr und die Türen öffnete, stiegen wir in den selben Wagon.
Ich setzte mich aber ans andere Ende. Trotz dieser Sache, und dass Raf vielleicht doch ganz nett schien, wollte ich ihm nicht näher kommen.
Das Geld für das Handy bekam er auch wieder. Irgendwann...

These high walls - RAF Camora FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt