KAPITEL 35| Sky

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Skyler 'Sky' Baker
Am Ziel, Staunton
6.Februar

Leise tapste ich die Treppe runter, Rufus direkt hinter mir. Es war jede Nacht das gleiche. Ich wachte auf und war alleine.
Jedes Mal spürte ich wie mein Herz einen Satz machte und ich mich für einen Moment zurückversetzt fühlte. Zurückversetzt in die Zeit in der Gabe nicht bei mir war. Mich nicht in den Armen hielt, wenn ich einschlief.
Nur Rufus blieb bei mir, doch auch er hob sofort den Blick, als er merkte, dass ich wach war.
Ich war mir nichtmal sicher, ob Gabe überhaupt geschlafen hatte. Schon den ganzen Tag hatte ich das Gefühl, als würde etwas nicht stimmen. Doch er sagte es mir nicht.
Vermutlich aber konnte er es mir auch nicht sagen. Er wollte mich nicht belasten, doch das belastete mich erst recht. Und leider waren wir uns in diesem Punkt ähnlich, denn auch ich wollte nichts sagen. Was die Tatsache, aber nicht änderte.
Als ich am Fuß der Treppe ankam, blieb ich abrupt stehen. Ich konnte Alex Stimme schon hören, bevor ich mich der Küche überhaupt genähert hatte.
"Du warst schon immer ein Egoist." Knurrte er. "Du bist zur Armee gegangen und hast einen auf dicke Hose gemacht." Fügte er genervt hinzu. Ich konnte beinahe sein grimmiges Gesicht sehen. Doch man konnte hören, wie persönlich dieses Thema für ihn zu sein schien.
"Weißt du wie es war, als Mom und Dad dachten du wärst bei dem Angriff gestorben? Es hat sie auch umgebracht. Sie haben nicht geschlafen, nicht gegessen. Unser Leben wurde auf den Kopf gestellt." Sagte er verbittert. Doch ich konnte auch den tiefen Schmerz in seiner Stimme hören. Gabe hatte nicht nur seinen Eltern das Herz gebrochen. Und auch wenn Alex manchmal echt ein Idiot war, so verstand ich ihn doch auch irgendwie.
"Und dann kommst du wieder und bist ein unerträgliches Arschloch." Sprach er weiter, als wäre er ganz woanders. Als wäre er in seinen Erinnerungen. "Sie wollten dir nur helfen." Warf er ihm lauter vor und ich schluckte. "Aber du warst ein Wrack und anstatt dir helfen zu lassen, hast du ihnen die Schuld gegeben. Er hat dir das Leben gerettet. Er hat dir die Waffe aus der Hand genommen und du...?" Alexander brach ab. Seine Stimme rau und wild. Bemüht darum nicht zu laut zu sein. Doch die Verbitterung in seinen Worten war beinahe greifbar. "Du hast uns dir nicht helfen lassen." Fügte er kleinlaut hinzu.
Doch ich konnte nicht auf ihn achten. Denn es war der kleine Brocken, den er mir gerade hingeworfen hatte. Er hatte ihm die Waffe aus der Hand genommen?
Ich vermutete es ging um seinen Dad. Er hatte ihn davon abgehalten sich selbst zu töten. Das hatte er mir nicht erzählt. Und von seinem Vater sprach keiner von ihnen wirklich.
Schockiert trat ich einen Schritt zurück. Ich wusste es hatte Zeiten gegeben, in denen es ihm nicht gut gegangen war, doch das er sich tatsächlich das Leben hatte nehmen wollen. Es schockierte mich, es ausgesprochen zu hören. Noch immer drehte sich dieser Gedanke in meinem Kopf. Ging es ihm jetzt gerade so gut, wie er sagte?
"Wer sagt mir, dass du das nicht wieder tun wirst?" Fragte Alexander ihn. "Denn Mom wird das nicht überleben. Nicht nochmal." Fügte er streng hinzu. Gabe hatte nicht einen Ton gesagt. Und ich hielt die Luft an. Es war plötzlich so ruhig, das mir ein kalter Schauer über den Rücken lief. Die Stille war ohrenbeteubend.  Normalerweise war Alex um diese Uhrzeit schon lange verschwunden  doch heute schien er noch etwas zu klären zu haben. Er verbrachte seine Zeit zwar oft hier, doch nie lange. Als würde ihm die Energie ausgehen, sobald er das Haus betrat. Er hielt sich im Hintergrund. Bildete die störrische, sture Instanz dieser Familie. Er war das Fangnetz und der doppelte Boden.
Miranda hatte mir erzählt, dass er nur ein paar Minuten von hier eine eigene Wohnung hatte und dass er als Lehrer an der hiesigen Highschool arbeitete.
"Ich kann dir nicht versprechen, dass ich Mom nicht das Herz brechen werde." Brachte Gabe leise raus. Er klang eigenartig gebrochen. Wieder schluckte ich.
"Aber  ich bin an einem besseren Ort. Seit..." er brach ab und endlich schaffte ich es mich aus meiner Starre zu lösen. Tief holte ich Luft. Doch gegen das Brennen in meinen Augen konnte ich nicht viel ausrichten. Die Tränen kamen, doch es waren nur einzelne Tränen. Tränen, weil ich seinen Schmerz von ihm nehmen wollte. Tränen, weil ich es nicht konnte. Tränen, weil das Universum ihm das aufgbürdet hatte.
"Sky." Nur ein Wort, leise und kaum zu verstehen. Doch die Wärme, die Liebe in meinem Namen, war alles was ich brauchte. Damit riss er mich aus meinen Gedanken. Ein Wort. Mein Name. Sky. Als wäre das ganz logisch. Als gäbe es keinen anderen Weg. Keine andere Lösung. Für ihn zählte nur ich. Und auch für mich gab es nur ihn. Ihn und den Wurm.
Wir würden es schaffen. Wir würden alles schaffen. Wir würden zusammen alles überwinden können. Und den Wurm würden wir auch gewuppt bekommen. Denn er liebte mich. Er liebte mich mehr als sich selbst und das war alles was ich wissen musste.
Wir waren eine Familie. Er hatte mich gerettet und ich hatte ihn gerettet und obwohl keiner von uns beiden gesucht hatten, hatten wir uns gefunden. Egal was passierte, er würde mich nicht mehr loswerden. Das wurde mir in diesem Moment sowas von klar.

Freezin' Soul ( Freezin' 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt