KAPITEL 28| Aby

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Aubrey 'Aby' Baker
Völlig durch den Wind, Seattle
31. Januar

Der Tag war eine einzige Katastrophe. Nachdem ich gestern Abend noch bis spät in die Nacht eine Golden Retriever Hündin hatte notoperieren müssen, da sie eine ruptierte Entzündung in der Gebärmutter hatte, war ich echt spät in der Nacht ind Bett gefallen. Oder sollte ich sagen, ziemlich früh am Morgen?
Doch das änderte nichts an der Sprechstunde die heute schon um 8 Uhr begann.
Gelinde gesagt war ich erschöpft. Wahrheitsgemäß aber hätte ich mich eher als absolut und komplett im Eimer genannt.
Nachdem mich Sky um Punkt sieben Uhr früh angerufen hatte und mir beinahe die Tränen gekommen waren, weil sich eine altbekannte Routine eingeschlichen hatte, war ich losgerannt, um gerade noch so rechtzeitig anzukommen. Und während es diese Tage gab, an denen man nicht viel mehr tat, als mal den Papierktam zu aktualisieren, Schräbke neu zu sortieren oder die Boxen zu reinigen, war heute keiner dieser ruhigen Tage.
Eher war es heute einer dieser absolut hektischen Katastrophentage. Die Sorte Tag, die man fürchtete und froh war, wenn sie endlich überstanden waren.
Doch als ich gerade zur Bahn kam, sie vor meiner Nase wegfuhr und ich erst nachdem ich in die nächste Bahn gestiegen war, dass ich mein Handy in der Praxis vergessen hatte, war der Tag für mich gelaufen. Ich wollte einfach nur nach Hause und ins Bett fallen. Vielleicht würde ich mir ein wenig Seelenfutter schnappen und ein paar Schnulzen ansehen. Oder vielleicht ein paar Horrorfilme? Egal hauptsache etwas, wobei ich meinen Kopf nicht brauchen würde.
Ich hatte Bailey heute nur einmal kurz, zwischen Tür und Angel, gesprochen und da ging es nur um einen Fall. Als ich endlich durch war, hatte sie schon längst Feierabend gemacht. Ich hatte ihr eine Sms schreiben wollen, wenn ich zuhause war, doch das fiel ja nun auch aus.
Erschöpft schleppte ich mich die Treppen hinauf und schnaufte wie eine alte Dampflock, als ich endlich oben angelangte. Geschockt erstarrte ich.
"Schneeflocke!" Hörte ich State Trooper Norman Silver sagen. Mit einem lauten Schlag schlug mein Schlüsselbund auf dem Holzboden auf. "Silver?" Fragte ich perplex. "Wann hörst du endlich auf mich so zu nennen?" Fragte er mit einem schiefen Grinsen. Doch ich war noch immer in dem Schock gefangen.
Langsam ging ich in die Hocke und griff nach meinem Schlüssel. "Wenn du aufhörst mich Schneeflocke zu nennen?" Schlug ich vor und lächelte. Wärme schoss durch mich hindurch und erst jetzt konnte ich meinen Blick von seinem schönen Gesicht abwenden.
Hinter ihm, etwa einen Kopf größer, stand ein bekanntest Gesicht. Doch er wirkte nicht mehr ganz so stoisch wie ich ihn in Erinnerung hatte. Er wirkte irgendwie Fehl am Platz. Als würde er sich absolut nicht wohl in seiner Situation fühlen. Ich konnte verstehen, dass es viel sein musste nach den ganzen Jahren im Nichts, nun in der Stadt zu sein. Es konnte viel sein, vermutete ich.
"Lasst uns rein gehen." Sagte ich, ging zur Tür und entriegelte die drei Türschlösser. Silver hob die Brauen. Für ihn musste das ungewöhnlich sein, denn er ließ seine Tür immer unverschlossen.
Wir betraten die Wohnung und ich blickte mich schnell um. Es sah nicht gerade ordentlich aus. Hätte ich das gewusst, hätte ich aufgeräumt. "Entschuldigt die Unordnung." Sagte ich und schnappte mir das Schokoladenpapier vom Wohnzimmertisch.
Sobald die Tür hinter uns geschlossen war, konnte ich beinahe sehen, wie Parker sich etwas entspannte und Silver sich interessiert umsah.
"Wo ist sie?" Fragte Parker etwas schroff. Runzelte aber über deine eigenen Worte die Stirn.
Mit einem Lächeln sah ich ihn an. "Sie ist nicht hier." Erklärte ich. "Sie ist in Virginia." Ruckartig hob er den Blick. Seine grünen Augen starrten mich an. Und obwohl ich nur raten konnte, was er dachte, doch ich bildete mir ein das es Angst war, die er sah. Angst und... Sehsucht?
Er holte tief Luft und fuhr sich übers Gesicht. Dann blickte er auf seine Finger. Er wirkte plötzlich regelrecht verloren.
Und auch wenn ich immer etwas skeptisch war hatte ich plötzlich das Bedürfnis ihn zu trösten. Denn egal was ich von ihm hielt, er war hier.
"Sie hat dich vermisst. Und sie wollte..." Ich brach ab, denn ich wusste noch immer nicht was genau sie wollte.
"Sie wollte ihnen sagen, das es mir gut geht." Erklärte er und lächelte traurig. "Vielleicht wollte sie auch nur bei jemandem sein, der dich genauso vermisst wie sie." Gab ich zögerlich zu und er nickte verhalten.
Doch dann sagte er nichts mehr, fuhr sich nur über die Augen und seufzte. Er sah müde aus. "Wollt ihr was trinken? Was essen?" Hakte ich nach und Silver lächelte dankbar. "Wie wäre es wenn ich was bestelle?" Fragte ich wieder, doch Parker war abwesend und so nickte mir nur Silver zu.
Ich ging in die Küche kramte in dem Schubfach, nahm die Flyer raus und ging zurück ins Wohnzimmer. Silver blickte sich um, guckte sich die paar Bilder an den Wänden an.
Parker aber stand noch immer neben der Tür. Trotz seiner Größe und seiner Statur wirkte er wie ein kleiner Junge. Es war ein trauriger Anblick. Mir war klar er war nicht wegen mir hier. Und ich wünschte Sky wäre hier, um ihn zu sehen. Denn er sah aus wie sie, die letzten Wochen.
"Ich sollte mit Rufus eine Runde drehen." Sagte er und ich runzelte die Stirn. "Der Schäferhund. Er wartet im Auto." Ich nickte verstehend. Doch bevor ich etwas sagen konnte, hatte, Silver ihm schon den Schlüssel gegeben und er schon die Tür hinter sich geschlossen.
Langsam wandte ich mich zu Silver um. "Er ist völlig fertig. Hat seit gestern nicht mehr geschlafen. Und das alles ist etwas zu viel für ihn, denke ich." Ich nickte wieder. "Ich glaube er dachte nicht, dass er noch so lange warten muss."
Sikver kam mit einem Lächeln auf mich zu. "Aber jetzt kann ich dich ja endlich richtig begrüßen." Erklärte er, legte seine Finger an meine Wange und senkte seine Lippen auf meine. Die Anspannung des Tages fiel von mir ab und ich seufzte wohlig.
Doch dann löste ich mich von ihm. "Ich muss Bailey anrufen." Sagte ich fest. Doch das Fragezeichen auf seinem Gesicht sprach Bände.
"Ich muss mir frei nehmen. Dann können wir morgen früh losfahren. "Bis nach Virginia sind es etwa 20 Stunden. Wir sind zu dritt." Überlegte ich laut. Silver nickte.
"Er sieht echt scheiße aus." Sagte ich und nickte zur Tür, durch die er verschwunden war. "Er sieht aus wie Sky aussah." Und vielleicht war es das oder die Tatsache das er tatsächlich für Sky hergekommen war.

Freezin' Soul ( Freezin' 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt