KAPITEL 32| Aby

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Aubrey 'Aby' Baker
Stolz und ohne Vorurteil, Staunton
2. Februar

Völlig übermüdet starrte ich an die Decke. Dieser Tag war verrückt. Wir hatten von Seattle fast zwanzig Stunden gebraucht. Und dort hatte ich auch gesehen, was Silver gemeint hatte. Er hatte Albträume.
Aber es waren keine normalen Albträume. Das waren gefährliche Träume. Er hatte... ich konnte es nicht anders sagen... gewimmert. Er hatte Skys Namen gesagt. Rufus war ihm beinahe auf den Schoß geklettert. Während er sich gequält hatte. Es hatte mir sogar wehgetan, ihm nur zuzusehen.
Sky hatte mir nur wenig von Parker erzählt, doch ich wusste das er bei der Armee war und wegen dem was in der Zeit passiert war in seine freiwillige Einsamkeit gezogen war. In meinem Studium hatten wir das Thema Trauma und die Bewältigung damit behandelt. Doch ich kannte ihn nicht gut genug, um mir ein wirkliches Urteil zu bilden. Doch auch die Unruhe, dieses ständige auf der Hut sein, waren Zeichen von PTBS. Auch Tiere hatten manchmal diese Art von Trauma und es war eines der schwersten Dinge zu behandeln.
Als die Tür geöffnet wurde hatte ich angst, dass er einfach umkippen würde, doch er biss die Zähne zusammen und atmete tief durch. Der Kerl, der Parker wirklich ähnlich sah, und uns die Tür öffnete wurde ganz bleich und sah ebenfalls aus, als würde er gleich anfangen zu weinen. Keiner von ihnen sagte ein Wort. Auch die jüngere, weibliche Version von Parker, die sich in den Türrahmen schob sagte nichts, doch sie wirkte nicht so verwirrt. Sie war eher neugierig. Erst die ältere Dame, Miranda wie sie sich vorstellte, auftauchte und sofort in Tränen ausbrach, beendete das Schweigen. Doch wirkliche Worte fand auch sie zunächst nicht.
Miranda warf Parker die Arme um den Hals und ich erkannte sein Zögern. Ich hatte sein Zögern auch gemerkt, als ich ihm den Bart gestutzt hatte. Es war als würde er nicht gerne berührt werden. Wobei ich das verstehen konnte. Vermutlich hatte er sich in den letzten Jahren nicht berühren lassen müssen. Nur Sky war die Ausnahme. Und in seinem Hoheitsgebiet, seiner Hütte, fühlte er sich vertraut. Dort fühlte er sich sicher.
Mich persönlich überraschte seine abweisende Art daher nicht wirklich. Er war mit dem überfordert. Mit den vielen Leuten, mit dem Umarmen, mit der Lautstärke und mit den Gefühlen die auf ihn einschlugen. Und auch wenn ich ihm ansah, dass er es versuchte, hatte er zu kämpfen.
Ungeduldig hatte er mit seinen Augen den Raum abgesucht. Aber wenn ich darüber nachdachte, tat er das immer. Als würde er sich seinen geheimen Fluchtplan immer zurechtlegen. Der Schlafmangel und die vielen Eindrücke waren wohl einfach zu viel. Dann kam hinzu, dass seine Sozialfähigkeiten nicht gerade auf dem höchsten Stand waren. Und ich persönlich nahm ihm das nicht übel.
Mit einem Seufzer setzte ich mich auf. Vielleicht würde mir ein Glas Milch helfen einzuschlafen.
Mit tapsenden Füßen schlich ich aus dem Zimmer, in dem Silver auf einem Klappbett lag und zur Treppe. Noch bevor ich die letzte Stufe erreicht hatte, hörte ich Skys leise Stimme, doch verstand nicht was genau sie sagte. Und auch wenn es eigentlich unhöflich war zu lauschen, schlich ich leise zur offenen Tür ohne mich bekannt zu geben.
"Ich habe nicht darüber nachgedacht, wie es weitergehen soll." Erklärte Parker gerade. Es war das erste Mal das ich ihn so hörte. Die Schroffheit die immer in seiner Stimme lag, war einer Zärtlichkeit gewichen, die mich überraschte.
"Ich habe nur daran gedacht, dass du hier bist." Fügte er hinzu und ich lächelte. Ob sie ihm schon von dem Würmchen erzählt hatte?
"Wirst du zurück nach Seattle gehen?" Fragte er sie leise. Mit einer deutlichen Frage in der Stimme. Ich konnte mir vorstellen, dass Seattle ihm zu groß war.
"Wirst du zurück nach Alaska gehen?" Stellte sie die Gegenfrage und mein Herz machte einen ängstlichen Hüpfer.
Für eine gefühlte Ewigkeit herrschte Stille. Beinahe hätte ich ihn angeschrien die Frage zu beantworten, doch er erlöste mich kurz bevor ich es nicht mehr aushielt. "Nein." Ein einfaches Wort. Leise und doch so laut, dass ich erleichtert zusammensackte. Ich hatte nicht mal gemerkt, dass ich die Luft angehakten hatte.
"Ich wilk nicht zurück nach Alaska. Schon gar nicht alleine. Aber auch wenn ich dich bei mir haben will, ist es gefährlich. Zu gefährlich. Wenn was ist, ist der nächste Arzt viel zu weit weg." Erklärte er und ich lächelte. Doch das war ein guter Grund. Wenn ich an den Angriff von dem Wolf dachte. Das arme Ding war fast am verhungern gewesen, daher nicht sonderlich überraschend, dass die sonst friedlichen Tiere, so nah an sie herangekommen waren.
"Ich denke du solltest eine Weile hier bleiben." Sagte Sky leise. "Deine Familie hat dich vermisst."
Doch in ihrer Stimme lag dieser, mir bekannte, Unterton. Dieses unausgesprochene Aber.
"Deine Mom braucht dich und Annie will dich kennenlernen." Erklärte sie ihm sanft. Warum sagte sie ihm nichts von dem riesigen Elefanten im Raum? Anstatt ihn zu überreden etwas zu tun, sollte sie ihm von sich erzählen. Sie war, verdammt nochmal, schwanger.
"Vielleicht könnte ich ein wenig außerhalb ein kleines Häuschen für mich finden." Sagte er zögerlich, als wüsste er nicht, ob die Idee gut war.
"Ich will ihnen nicht im Weg sein. Alex..." Parker brach ab. "Er liebt dich. Aber ich glaube du hast ihn echt verletzt, als du weggegangen bist." Flüsterte sie leise. "Es ist als würde er Angst vor dir haben." Redete sie leise weiter. "Ich habe ein paar Entscheidungen getroffen, die echt nicht gut waren. Und die meisten hat er ausbaden müssen." Erklärte Parker schlicht. "Und er wirft mir vor, dass Dad den Herzinfarkt wegen mir hatte." Gab er zu. Leise, beinahe so, als hätte er Angst es laut zu sagen. "Und irgendwie denke ich, dass er damit nicht ganz unrecht haben könnte." Seine Stimme bebte. "Du bist nicht Schuld daran. " Widersprach Sky aber sofort. "Dein Dad wäre stolz auf dich. Alleine das du hier bist." Sprach sie weiter und ich hörte den Stolz in ihrer Stimme. "Ich bin Stolz auf dich." Fügte sie also hinzu. "Und ich bin dankbar." Er schnaubte. Und sagte nur: "Wie kannst du nicht merken, dass du so viel besser bist als ich? Dass ich dich nicht verdient habe?"

Freezin' Soul ( Freezin' 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt