KAPITEL 36| Aby

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Aubrey 'Aby' Baker
Angekommen, Staunton
7.Februar 

Seltsamerweise konnte ich kaum aufhören Sky zu beobachten. Sie und Parker waren wie zwei Kreisel, die immer umeinander kreisten und sich nie zu weit entfernten. Es war als würde sie nur einen Blick brauchen und sofort sehen, was mit ihm nicht stimmte. Und auch er konnte sie lesen, wie ein offenes Buch. Erschreckend und Faszinierend. 
Und obwohl er sie lesen konnte und sie ihn mit nur einem Blick in den Kopf gucken konnte, hatte sie ihm noch immer nicht von dieser klitzekleinen Kleinigkeit erzählt. Das Baby. Oder wie Sky es nannte: das Würmchen. 
Ich verstand das Sky ihm etwas Zeit geben wollte, sie zu akklimatisieren. Wieder in dieser Welt anzukommen, sich einzugewöhnen. Doch irgendwann würde er es sicherlich sehen. Ich kannte Sky gut genug, um zu wissen, dass es hier nicht um Parker ging. Sie hatte Angst. 
Und obwohl ihr ganzes Leben von Angst geprägt war, hatte ich nie gesehen, wie sie sich davon von etwas so großem zurückhalten ließ. Früher hatte sie immer alles geschluckt, weil sie angst hatte, das man ihr das schlecht auslegen könnte. Sie hatte Probleme damit, mit Menschen zu reden. Vor allem mit Fremden. Aber das war nur am Rande ein Problem. Seit sie Parker hatte, war sie anders. Furchtloser. Und das obwohl sie beide im Nirgendwo waren.  Aber trotzdem schwieg sie wegen des Babys. So furchtlos war sie dann doch nicht. 
Es überraschte mich, dass sie es nicht sehen konnte. Nicht sah, dass Parker hier war wegen ihr. Ich glaubte nicht, dass er sie verlassen würde. Das er sie verlassen wollte, auch nicht wegen eines Babys. 
"Ich dachte wir fahren heute nach New Hope? Ich war schon eine Weile nicht mehr da." Sagte Miranda noch beim Frühstück und lächelte ihren Sohn freundlich an. Er hob den Blick, überlegte einen Moment und sah dann zu Sky. Doch die hielt ihren Kopf gesenkt. 
Parker hob die Hand und berührte sanft ihre Wange. Langsam hob sie den Blick und blickte ihn blinzelnd an. In seinen Augen lag so viel Wärme, dass sich mir der Hals zuschnürte. In dem Moment, wo sie seinen Blick erwiderte erkannte ich auch die Zuneigung in ihrem Blick. Sie liebte ihn. Wenn ich noch daran Zweifel hatte, so waren sie spätestens jetzt verpufft. 
Silver legte seine Hand auf mein Knie und drückte es sanft, als wolle er mir zeigen, dass er auch noch hier war. 
"Würdest du mit mir nach New Hope fahren?" Fragte Parker Sky leise und sah ihr tief in die Augen. "Ich will das du dich dort wohlfühlst." Fügte er beinahe flüsternd hinzu. Sky jedoch runzelte die Stirn. "Bist du sicher?" Wollte sie wissen und diesmal runzelte ich die Stirn. Warum fragte sie das? Immerhin hatte er sie gefragt. Und warum sollte er sich nicht sicher sein? Er wollte bei ihr sein und sie wollte bei ihm sein. Oder etwa nicht? Glaubte sie er wolle nicht mit ihr leben? Moment, wollte er vielleicht nicht mit ihr leben?
"Sky,..." Er hob ihr Kinn an und blickte direkt in ihr Gesicht. "Ich will uns ein Zuhause schaffen." Begann er mit fester Stimme. "Ich bin in New Hope aufgewachsen und ich würde dir den Ort gerne zeigen. Aber wenn du nicht dort mit mir leben willst, dann werden wir einen Ort finden. Egal wo. Hauptsache zusammen." Ich schluckte. Ich hatte Parker noch nie solche langen Sätze sagen hören, oder so sanfte oder so schöne, romantische, süße Worte. 
"Du willst, dass wir in New Hope leben? Zusammen?" Fragte Sky perplex. Sie blinzelte ein paar Mal, bevor sich ein schüchternes Lächeln auf ihr Gesicht schob. Er nickte.
"Dachtest du ich lasse dich gehen? Schon wieder?" Fragte er sie mit einem schiefen Grinsen und auch Sky grinste nun breiter. 
"Es wird nicht einfach, ich bin eben etwas verschroben. Aber ich werde tun was ich kann, um der Mann zu sein den du verdienst. Auch wenn ich es vielleicht nie sein werde." Diesmal senkte er den Blick. Er glaubte fest daran, dass Sky zu gut für ihn war. Als ihre Schwester wollte ich ihm da natürlich zustimmen, doch er hatte geschafft was kein anderer geschafft hatte. Was auch ich nicht geschafft hatte. Er hatte sie aus ihrem Schneckenhaus gezerrt und nun weigerte sie sich wieder zurück zu kriechen. Sie war gut, vielleicht zu gut für die Welt. Aber wenn es einen Mann gab, dem ich zutraute sie glücklich zu machen, dann war es Gabriel Parker. 
Er hatte sie gerettet. Er hatte sie aufgenommen und sich um sie und ihre Verletzungen gekümmert. Doch sie hatte auch ihn gerettet. Aus seinem Selbstmitleid und seinem selbst auferlegten Exil. Niemand konnte lange so leben und nicht etwas verschroben werden. 
Diesmal hob Sky ihre Hand, legte sie auf seine Wange und lächelte ihn sanft an. Für eine gefühlte Ewigkeit sahen die beiden sich nur in die Augen und ich fühlte mich wie ein Eindringling in diesem intimen Moment. Wir alle taten das wohl. Und doch konnte keiner von uns wegsehen. Denn wir alle freuten uns. Wir spürten die Liebe, die Freude, das Glück zwischen den beiden. Auch wenn längst noch nicht alles geklärt war. Die beiden hatten noch einen weiten Weg vor sich, doch ich glaubte daran, dass sie es schaffen konnten. 
Für mich war es eine Ehre den beiden dabei zusehen zu können. Sie begleiten zu können und zu sehen, dass obwohl wir nie eine Familie hatten, die Zeiten sich eben änderte. Das nicht alle Familien gleich waren und das die Menschen die jetzt hier gerade zusammen waren meine Familie waren. Denn sie gehörten ab nun an zu Skys Familie. 
Vielleicht waren wir nicht mehr allein. Nicht nur noch Sky und Aby gegen den Rest der Welt. Vielleicht waren wir angekommen. Nicht geografisch. Sondern emotional. Vielleicht war das unser Ziel. Und ich würde Sky dafür nie genug danken können, dass sie meine Schwester war und das wir beide eine Familie waren. Eine Familie die genügend Platz für weitere Menschen bot. Menschen die wir liebten und die uns liebten, egal wie nervig wir waren. 
Sky öffnete den Mund und holte tief und bebend Luft. Dann sagte sie, mit erstickter Stimme, leise: "Gibt es einen passenderen Ort, um ein gemeinsames Leben zu beginnen, als New Hope? Außerdem brauchen wir ein Zuhause. Vor allem wenn der kleine Wurm endlich da ist." 

Freezin' Soul ( Freezin' 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt