22. Kapitel

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Luke's P.o.V.

Wie wir da saßen, an dem abgenutzten Küchentisch, konnte man fast denken, wir wären eine normale Familie, die sich beim Mittagessen von ihrem Tag erzählte. Doch die Unterhaltung, die wir führten, war alles andere als ein netter Plausch und wenn man genau hinsah erkannte man, dass an dieser Familie absolut nichts normal war.

„Warum? Sag mir einfach warum du diesen Arsch sehen wolltest! Wir sind die letzten Jahre gut ohne ihn ausgekommen. Wir brauchen ihn nicht!" Meine Worte waren an meine Mutter gerichtet, doch mein mörderischer Blick lag die ganze Zeit auf ihm. Nachdem meine Mutter zwanzig Minuten hinter verschlossener Tür mit meinem ‚Vater' gesprochen hatte, hatte sie mich und Caro hinzu geholt.

„Ich kann euch nicht einfach zurücklassen, ohne vorher einige Sachen geklärt zu haben. Wenn ich gehe, werde ich schon genug Schaden anrichtet. Ich will in dem Wissen sterben, dass es euch gut geht. Das kannst du doch verstehen Luke, oder?", fragte meine Mutter sanft. Ich löste meinen Blick von meinem Erzeuger, um in die besorgten und liebevollen Augen meiner Mutter zu blicken. Zögerlich nickte ich.

„Gut. Er ist euer Vater, das dürft ihr nicht vergessen! Auch wenn er bis jetzt kein guter Vater war."
Sie schenkte ihm einen kurzen Seitenblick, bevor sie fort fuhr. „Luke, ich weiß, dass du es schaffen wirst deine Schwestern zu anständigen Mädchen zu erziehen. Ich weiß auch, dass du alles für sie opfern wirst, aber genau das möchte ich nicht! Ich will nicht, dass du dein Leben vernachlässigst, dass du irgendwann unglücklich bist, weil du manche Chancen nicht ergreifen konntest und das nur wegen mir. Du sollst auch die Chance haben ein einigermaßen geregeltes Leben zu führen. Und das ist nun mal nur möglich, wenn ihr genug Geld habt, ohne, dass du andauernd arbeiten gehen musst."

„Mam, das kann ich ja alles verstehen, aber ich werde keine Hilfe von Ihm annehmen! Das kannst du vergessen. Ich beschütze meine Familie, dass weißt du genau. Und er ist ein Grund, warum ich das tue! Ich schaffe das, mach dir keine Sorgen! Aber ich kann es nicht zulassen, dass er wieder in unsere Leben tritt und alles kaputt macht.", machte ich meinen Standpunk etwas lauter als nötig klar. Ich bin nur froh, dass Mia heute bis drei Uhr im Kindergarten bleibt und somit nichts hiervon mitbekommen muss.

„Tu es für Caro und Mia! Sie werden dich brauchen und du kannst nicht für sie da sein, wenn du andauernd arbeiten musst. Außerdem wirst du irgendwann daran kaputt gehen! Damit ist keinem von euch geholfen." Auch meine Mutter war lauter geworden. Wir starrten uns gegenseitig in die Augen, keiner gewillt aufzugeben, auch wenn ich wusste, dass sie Recht hatte.

„Ich habe sowohl mit euerem Vater, als auch mit eurer Großmutter ausgemacht, dass sie euch nach meinem Tod finanzielle unterstützen werden. Natürlich wird es kein Vermögen werden, aber genug für die Miete inklusive Nebenkosten, Essen und Kleidung. Außerdem wird Marco öfters nach euch sehen, ich habe ihn darum gebeten. Du wirst zu keinem von ihnen Kontakt haben müssen, wenn du das nicht willst." Ich wusste nicht, was ich von ihrem Vorhaben halten sollte. Es kam mir so vor, als wäre ich auf einmal nutzlos. Es hört sich vielleicht dumm an, aber ich war die letzten Jahre der Versorger unserer Familie gewesen, ich hatte mich um alles gekümmert und auf einmal brauchte ich das nicht mehr. Ich sollte mich wahrscheinlich freuen, doch ich konnte nicht.

„Bitte, Luke! Tu es für mich. Ich will doch bloß ein wenig von dem wiedergut machen, dass ihr durch mein Ableben erleiden müsst!" In ihrem Augen sammelten sich Tränen.

Ergeben nickte ich.

Caro hatte die ganze Zeit stumm auf dem Stuhl zu meiner Rechten gesessen, nun stand sie auf um meine Mutter in die Arme zu schließen. Ich wusste, dass das eigentlich meine Aufgabe gewesen wäre, doch ich konnte einfach nicht mehr. Die letzten Tage hatten mich fertig gemacht, auch ich war irgendwann am Ende meiner Kräfte.

Ich blickte auf die Uhr oberhalb der Spüle. Zwanzig vor drei.

„Ich geh Mia abholen." Ohne auf eine Antwort zu warten, machte ich mich auf den Weg nach draußen.

„Würde mir mal jemand erzählen, wer dieser Marco ist?", hörte ich meinen Erzeuger noch fragen, bevor ich die Haustür hinter mir zufallen ließ.

******

„LUKI!" schrie Mia, als sie mich in der Tür zu ihrer Kindergartengruppe stehen sah.
Wie ein Wirbelwind kam sie auf mich zugestürmt, ich ging in die Hocke, breitete meine Arme aus und hob sie hoch, sobald sie ihre kleinen Ärmchen um meinen Hals geschlungen hatte.

All meine Sorgen waren wie weg geblasen. Ich war immer wieder erstaunt, wie sie es schaffte, das ich mich gleich besser fühlte, wenn sie da war. Sie war einfach ein ewiger Sonnenschein, genau wie Caro und meine Mutter früher, doch das Leben hatte ihnen eine Menge von ihrem Optimismus geraubt. Ich hatte davor Angst, dass auch Mia irgendwann dieses Funkeln in ihren Augen verlieren würde.

„Na, meine Süße!" lachte ich. „Komm wir ziehen dir deine Schuhe und deine Jacke an und dann schauen wir was wir heute noch schönes machen, okay?"
Eifrig nickte sie und als ich sie wieder auf dem Boden absetzte lief sie eilig zu Garderobe um sich ihre Sachen anzuziehen.

Lächelnd beobachtete ich, wie sie sich ihre Klettverschlussschuhe und ihre rosa Jacke anzog und anschließend ihren kleinen grauen Rucksack nahm.
„Fertig!", strahlte sie mich an.

Ich nahm sie an die Hand und gemeinsam verließen wir den Kindergarten. Mia erzählte mir aufgeregt alles, was sie heute gemacht hatte. Ich lief bloß stumm neben ihr her und hörte gespannt zu.
Ach, wie schön wäre es nochmal so unbedarft und sorgenfrei zu sein!

„Wo gehen wir ihn, Luki?" fragte Mia, als sie ihren Erlebnisbericht beendet hatte. Nur meinen kleinen Schwestern erlaubte ich es, mich Luki zu nennen.

„Ich muss nochmal kurz zu Melodie in den Laden und ihr sagen, dass ich heute nicht arbeite. Und danach schauen wir mal was wir machen, vielleicht gehen wir ein Eis essen oder auf den Spielplatz, wozu auch immer du Lust hast. " Ich hatte heute einfach keinen Kopf zum Arbeiten, außerdem hatte ich so viele Überstunden, dass ich es mir mal leisten konnte einen Tag frei zu nehmen um mit meiner kleinen Schwester Zeit zu verbringen.

****

Die kleine Glocke oberhalb der Ladentür klingelte, als ich mit Mia an der Hand eintrat.

„Hey, ihr zwei Süßen!", begrüßte uns Melodie auch gleich. Sie stand hinter der Theke und trocknete Gläser ab.
„Hallo, Melondie!", erwiderte Mia zuckersüß. Manchmal hatte sie noch Probleme bestimmte Wörter oder Namen auszusprechen, aber es hatte sich schon ziemlich gebessert. Um ehrlich zu sein, fand ich ihre kleinen Versprecher sogar ziemlich niedlich.

„Hey Melodie, kann ich mal kurz mit dir reden?", fragte ich und trat zu ihr an die Theke.
„Na klar. Ich vermute du willst fragen, ob du heute frei bekommst? Sonst wärst du wohl kaum mit der Kleinen hier aufgetaucht." Fragend zog sie eine Augenbraue in die Höhe. Ich nickte.
„Luki und ich gehen Eis essen!", kam es von meiner über beide Ohren grinsenden Schwester.
„Na, wenn das so ist, kann ich ja gar nicht anders, als ihm frei zu geben.", lächelte Melodie an Mia gewandt, dann wendete sie sich mir zu.
„Keine Sorge das geht klar. Du hast dir ein wenig Freizeit mit deiner Schwester verdient. Heute ist sowieso nicht viel los, die paar Gäste schaffe ich alleine."
„Danke, du bist die Beste!", bedankte ich mich bei ihr. Ich konnte echt froh sein, dass ich so eine nette und verständnisvolle Chefin wie sie hatte.
„Kein Problem. Aber bevor du gehst, da hinten am Tisch sitzt jemand, der anscheinend auf dich wartete." Mit einem Zwinkern deutete sie auf einen kleinen Tisch in der hinteren Ecke des Cafés.

Erstaunt zog ich meine Augenbrauen in die Höhe, als ich an dem Tisch einen gutgebauten Blondschopf mit kristallklaren blauen Augen erkannte.

Liebe stirbt nicht! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt