9. Kapitel

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Zack's P.o.V.

Also diese Frau Ziller hatte ja echt einen an der Klatsche. Ich hatte die ganze Zeit mit mir gehadert, ob ich etwas sagen sollte oder nicht. Doch ich hatte den Mund gehalten, zum einen, weil ich wusste das es nichts gebracht hätte und die Ziller mich dann höchstwahrscheinlich auch noch auf ihr Hassliste geschrieben hätte und zum anderen, weil mir der Gedanke nicht behagte wie sehr es mich störte das Luke von der Giftspritze niedergemacht wurde. Ich meine, ich kannte ihn kaum, wir waren nicht einmal richtig befreundet. Und doch wurde ich eifersüchtig, als er mit den Worten er müsste noch etwas mit Carolin bequatschen, einfach verschwand.

„Wer zur Hölle ist Carolin?" fragte ich und versuchte beiläufig zu klingen, doch dieser Versuch scheiterte. Anscheinend hatten auch Vanessa und Robin die unterschwellige Eifersucht die bei meiner Frage mitschwang herausgehört, den sie warfen sich einen bedeutungsschweren Blick zu bevor sie beide anfingen zu lachen. Ich fand das alles gar nicht witzig. Luke war schwul, also was wollte er auf einmal von dieser Carolin? Oder war er vielleicht bi und diese Tussi war seine Freundin? Aber das konnte gar nicht sein. Schließlich hatte er mich geküsst! Ich schätzte ihn nicht wie jemanden ein, der seinen Partner betrog. Obwohl, für einige zählte Küssen nicht als Fremdgehen. Das komische Gefühl in meinem Bauch, wenn ich daran dachte das Luke vielleicht vergeben war, konnte ich nicht deuten. War es Enttäuschung? Auf jedenfalls machte es mich traurig. Aber warum bloß?

„Keine Sorge Zack. Carolin ist Lukes kleine Schwester! Von der geht keine Gefahr aus!" erklärte mir Vanessa leicht kichernd und zwinkerte mir vielsagend zu. Auf einmal kam ich mir ziemlich dumm vor. Aber die Erleichterung, die mich überkam, als sie das sagte, konnte ich nicht leugnen. Was war los mit mir? Wenn ich es nicht besser wüsste würde ich sagen, dass ich ein klein wenig auf Luke stand, aber ich kannte mich besser. Ein Zack Anderson verliebt sich nicht! Ich bin kein Typ für romantische Spaziergänge im Modenschein oder schrecklich kitschige Küsse im Sonnenuntergang, wie sie immer in diesen Liebesschnulzen gezeigt wurden kurz bevor der Abspann all die ach so tollen Schauspiele auflistete, für die sich sowieso kein Schwein interessierte.

Luke war für mich nur ein Objekt der Begierde. Es war nichts als eine weitere Nummer auf meiner Liste von Eroberungen. Er war wie all die anderen Jungs zuvor, ein gewöhnlicher Junge mit einem hübschen Gesicht und einem sexy Körper.

Umso länger ich mir dies einredete desto mehr glaube ich tatsächlich daran, doch tief in mir drin wusste ich, dass an Luke überhaupt nichts gewöhnlich war. Wie Recht ich damit hatte fand ich allerdings erst später heraus.

.................

Nachdem Robin mir die Schule gezeigt und mir alles erklärt hatte, war die Pause auch schon zu Ende. Vanessa hatte ihre Pause getrennt von uns verbracht, weil sie kein Bock gehabt hatte durch die ganze Schule zu latschen.

Mit Robin an der Seite schlenderte ich gemütlich zu unserem Kunstraum. Dort angekommen entdeckte ich Vanessa mit einem großen, gutgebauten und attraktiven Jungen. Mir fiel auf, dass sie sich, während sie sprach, eine ihrer schwarzen Haarsträhnen um ihren Finger wickelte, sie lachte öfter als nötig und es war unschwer zu erkennen, dass sie flirtete. Ich schielte zu Robin und beobachtete seine Reaktion, als er Vanessa zusammen mit diesem Typen sah. In seinen Augen konnte ich deutlich Eifersucht aufflackern sehen, doch ich erkannte auch etwas anderes, etwas das ich nicht vermutete hätte, etwas das zeigte das Robin nicht der coole Player war der er vorgab zu sein, dieses etwas war Schmerz. Ich kannte Robin schon mein ganzes Leben lang und ich hatte immer gewusst, dass er dieses Machogehabe nur abzog, weil er nicht verletzt werden wollte. Er hatte vielleicht eine harte Schale aber tief drin war er einer der Guten.

Er tat mir furchtbar Leid, wie er versuchte sich nicht anmerken zulassen das es ihn verletzte, wenn er Vanessa mit einem anderen sah. Er hatte sich verliebt. Das war sein großer Fehler gewesen. Genau diese Situation war der Grund weshalb ich mich nicht verliebte. Es tat einfach zu weh, wenn deine Liebe nicht erwidert würde. Einige werden jetzt vielleicht sagen, dass man sich nicht sicher sein kann, dass deine Liebe nicht erwidert wird, dass man etwas wagen muss und die Liebe eines der Größten Geschenke ist... und all diesen Rotz. Nüchtern betrachtet ist die Wahrscheinlichkeit das man sich mit einem herzzerreißenden Liebesgeständnis voll auf die Fresse packt, wesentlich höher, als die dass das alles in endloser Liebe und Glückseligkeit endet. Selbst wenn man auf jemanden trifft, der genauso fühlt wie man selber, man zusammen kommt und für einen Augenblick alles perfekt scheint, bliebe dies nicht für immer so. Wir Menschen sind nicht dafür konzipiert unser ganzes Leben mit ein und demselben Partner zu verbringen. Meine Eltern sind dafür wohl das beste Beispiel. Augenscheinlich führen sie das perfekte Leben, einen wohlerzogenen Sohn, eine Haus von imposanter Größe, beide erfolgreich in ihrem Job und die perfekte Ehe. Diese Fassade haben sie sich aufgebaut damit niemand genauer hinsieht und bemerken könnte dass ihr Leben wohl doch nicht so perfekt ist. Schon seit Monaten Schlafen meine Eltern in getrennten Zimmern, weil meine Mutter meinen Vater wiedermal mit der Sekretärin erwischt hatte, wie sie, sagen wir mal, außergeschäftliche Tätigkeiten ausgeübt haben. Der einzige Grund, warum meine Mutter sich nicht scheiden ließ waren ‚Die Leute'. Was sollen denn die Leute denken? Sowas geht doch nicht, die Leute würden sich das Maul über uns zerreißen. Das Schrecklichste an Allem, fand ich, war dass das alles so verflucht klischeehaft war, das man darüber eine RTL Soap hätte drehen können.

Vielleicht war ich so zynisch, weil meine Eltern sich nie wirklich geliebt hatten, vielleicht aber auch nur, weil ich nicht daran glauben wollte, das etwas so gewaltiges wie die wahre Liebe wirklich existierte.

......................

Pünktlich mit dem Klingeln der Schulglocke gesellte sich Luke zu Robin und mir. Nachdem der Typ von Vanessa sich von ihr verabschiedet hatte, da er ebenfalls zum Unterricht musste, stellte auch Vanessa sich zu uns Dreien.

„Wie ist die Kunstlehrerin so?" versuchte ich ein unbefangenes Thema anzuschneiden.

„Auf jeden Fall gechillter als die Ziller." brummte Luke neben mir, allem Anschein nach immer noch ein wenig sauer.

„Das ist ja auch nicht schwer." erwiderte Robin „Die Liebherr ist eigentlich ganz korrekt. Fährt halt so ne Ökoschiene und macht auf Alternativ."

„Ist das so eine Hippie Schrulle?" doch bevor jemand antworten konnte kam auch schon Frau Liebherr in ihren Jesus Sandalen angewatschelt. Sie trug ein langes Batik, Baumwollkleid und dazu passendem Holzperlen Ohrringe. Damit hatte sich meine Frage wohl erledigt...

Liebe stirbt nicht! Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt