Luke's P.o.V.Es kam mir vor wie ein grausames Déjà-vu. Als würde mir das Schicksal seinen riesigen Mittelfinger ins Gesicht stecken und rufen: „Ätschi-Bätsch! Und schon wieder hockst du im ewig gleichen Wartezimmer, sitz dir den Hintern platt und wartest darauf das einer der Deppen im Kittel dir endlich sagt wie es deiner Mutter geht."
Das Wartezimmer war Rand voll mit Menschen. So voll, das wir nur zwei Sitzplätze ergattern konnte, weshalb Mia auf Caros Schoß vor sich hin döste und Zack mich auf seinem platziert hatte. Mal wieder hatte ich jedwedes Zeitgefühl verloren. Es war als würde die Zeit ihre Bedeutung verlieren sobald sich die Türen des Krankenhauses hinter einem geschlossen hatten. Marco war mit den Ätzten und meiner Mutter durch die weiße Schwingtür Richtung Intensivstation verschwunden, wir durften nicht mit. Sie war wie eine unsichtbare Mauer die nur für ausgewählte Menschen durchdringbar schien. Diese Mauer trennte uns Unwissende von der Erkenntnis, uns Narren von dem Schrecklichen, uns Hoffenden von der grausamen Wahrheit. Sie trennte uns Kinder von unsere Mutter.
Wäre diese Situation nicht so verdammt ernst hätte ich es genossen das Zacks Finger immer wieder beruhigend über meine Hand strich, aber so nahm ich es kaum war. Ebenso wenig vernahm ich das leise Schnarchen aus Mias Mund, das penetrant, kratzige Husten des Mannes mir schräg gegenüber oder die hysterisch quietschende Stimme der Frau neben uns, mit der sie aufgeregt ins Handy schrie.
Wie paralysiert starrte ich die hässliche Plastikblume in der linken Ecke des Raumes an. Mein Kopf schwirrte nur so vor Fragen, aber ich konnte keine greifen. Noch dazu blieb dieses Gefühl in meinem Bauch bestehen, mein Magen fühlte sich schwer wie Blei an und ich hätte mich am liebsten direkt auf die Kunststoff-Topfpflanze erbrochen. Ihrer nicht vorhandenen Schönheit würde es auf keinen Fall einen Abbruch tun.
Marco betrat das Wartezimmer. Er sah aus als wäre er in den letzten Stunden um Jahre gealtert. Er trug nun einen weißen Kittel über seine normalen Straßenklamotten, mit den Händen umklammerte er ein Klemmbrett. Ich fragte mich ob Ärzte einfach aus Prinzip immer eines mit sich herum trugen.
Er nickte uns zu sich. Ich stand auf, auch Caro erhob sich. Sie legte die schlafende Gestalt Mias behutsam auf Zacks Schoß, auf welchem ich bis vor kurzem noch gesessen hatte. Meine Beine fühlten sich merkwürdig taub an, als ich hinter Caro her, aus dem Raum schritt. Sie griff im Gehen nach meine Hand, als könnte ich ihr durch diese simple Berührung genügend Kraft schicken damit alles Unheil an ihr abprallte. Wir traten in den Flur. Ich wusste es als ich in Marcos Augen sah, er hatte keine guten Nachrichten für uns. „Wollen wir vielleicht in mein Büro gehen, da lässt es sich besser reden als hier auf dem Flur."
„Sag es einfach." Meine Stimme war rau und kratzig wie Schmirgelpapier. Er räusperte sich, musterte das Blatt auf seinem Klemmbrett dann atmete tief durch. Es waren bloß Sekunden die vergingen, dennoch wurde ich halb verrückt auf Grund seines gekünstelten heraus Zögerns.
„Sie lebt." Ein kleiner Kieselstein fiel von dem riesigen Felsbrocken der auf mein Herz drückte ab. Diese Zwei Worte erleichterten mich, doch ich spürte dass noch etwas folgen würde. „Aber, sie ist immer noch nicht bei bewusst sein. Es ist noch nicht klar ob sie wieder aufwachen wird." Wusste ich es doch.
„Ich verstehe nicht ganz. Die Ärzte haben gesagt, sie hätte noch zwei Monate! Es sind doch gerade mal drei verdammte Wochen vergangen!" Caro war sichtlich aufgebracht. Sie spielte so oft die starke Erwachsene, dass ich manchmal vergaß, dass sie selbst noch ein halbes Kind war. Ich hatte ihr in letzter Zeit eindeutig zu viel aufgelastet. Sie hatte so viel getan während ich mich mit Zack vergnügt hatte. Ich war ein miserabler Bruder.
„Es hieß, wenn es gut läuft hat sie noch zwei Monate. Wir haben nicht damit gerechnet, dass es so schnell voranschreiten wird. Ich möchte ehrlich zu euch sein, es sieht nicht gut aus. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis ihr Körper kapituliert." Er sprach so sachlich und neutral, dass niemand auf die Idee gekommen wäre er würde über die Frau reden von der er behauptete sie zu lieben.
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Liebe stirbt nicht!
Romance-Wird überarbeitet- Wie viel würdest du aufgeben um deine Familie zu beschützen? Vor dieser Frage steht der siebzehn jährige Luke. Seit seine Mutter an Krebs erkrankte, muss es sich um sie und seine zwei Schwestern kümmern. Für ihn ist klar, dass...